Für die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, steht fest: Eine stärker multiprofessionelle Arbeit ist in Zukunft sehr wichtig. Auf ihren ökumenischen Reisen, zuletzt nach Äthiopien und Tansania, hat sie erlebt, wie groß dort das Interesse an einer fundierten theologischen Ausbildung ist.
epd: Wie steht es in Äthiopien und Tansania mit dem theologischen Nachwuchs?
Kristina Kühnbaum-Schmidt: Wir haben in beiden Ländern eine große Aufgeschlossenheit für das Theologiestudium erlebt. In Äthiopien waren wir etwa zu Gast im Theologischen Seminar der dortigen Kirche. Dort werden Pastor:innen, Diakon:innen und Kirchenmusiker:innen gemeinsam ausgebildet - insgesamt rund 3.000 Studierende. Eine beeindruckende Zahl. Auch in den Universitäten und Bibelschulen beider Länder sind die Studienplätze sehr gefragt, wächst die Zahl der Studierenden ebenfalls.
In Tansania werden gerade neue Unterkünfte für Frauen gebaut, weil sich so viele für ein Theologiestudium entscheiden. Die Studierenden tragen mit viel Einsatz selbst zu ihrem Lebensunterhalt bei - durch Arbeit auf dem Campus, bei der Pflege der Anlagen oder durch Arbeit im Garten, wo sie Lebensmittel anbauen. Oft finanzieren Gemeinden einen Teil der Kosten und erwarten im Gegenzug, dass die Absolvent:innen nach ihrer Ausbildung einige Jahre in der entsendenden Gemeinde arbeiten.
Das klingt nach einem fairen System…
Kühnbaum-Schmidt: Für uns sind das sicher keine Modelle, die man einfach übernehmen könnte. Aber sie zeigen sehr eindrücklich: Junge Menschen wünschen sich eine theologische Ausbildung, die ihnen festen Grund gibt. Sie möchten in der Lage sein, aus der Tiefe des Glaubens heraus zu predigen, zu lehren, Hoffnung weiterzugeben und andere im Glauben zu begleiten.
"Eine Ausbildung, die Glauben gründet und befähigt, ihn lebendig weiterzugeben."
Auch hier bei uns höre ich oft einen ähnlichen Wunsch: dass Pastor:innen, Diakon:innen und Gemeindepädagog:innen so vom Glauben sprechen und ihn so leben, dass immer mehr Menschen mit der befreienden Botschaft des Evangeliums in Berührung kommen. Darin liegt für mich der Kern: Eine Ausbildung, die Glauben gründet und befähigt, ihn lebendig weiterzugeben.
Wie kann die Nordkirche den Pfarrberuf attraktiver machen - damit auch wieder mehr Menschen Theologie studieren?
Kühnbaum-Schmidt: Was das Studium selbst noch passgenauer machen kann, ist in erster Linie Aufgabe der Universitäten. Für das Vikariat aber sind wir bereits entscheidende Schritte gegangen: Mit der Reform haben wir das Predigerseminar modularer aufgebaut. So können Inhalte nicht nur durchdacht, sondern zugleich in ihrer praktischen Umsetzung erprobt werden.
Zugleich ist es wichtig, dass wir den Nachwuchs in allen kirchlichen Berufen von Beginn an für inter- und multiprofessionelles Arbeiten gewinnen und dies schon in den Ausbildungsphasen einüben. Da ist schon einiges geschehen, aber es darf gern noch mehr werden. Mein Eindruck ist: Viele Studierende und auch viele Vikarinnen und Vikare wünschen sich genau das. Die Veränderungen, die wir in den vergangenen zwei Jahren beschlossen und im Predigerseminar umgesetzt haben, sind aus meiner Sicht große Schritte nach vorn.
Ich habe großen Respekt vor allen, die daran mitwirken: im Predigerseminar, in der Nachwuchsarbeit der Nordkirche, an den Universitäten oder im direkten Kontakt mit Schülerinnen und Schülern, die wir für das Theologiestudium gewinnen wollen. Sie begleiten Studierende und tragen dazu bei, dass Berufung Gestalt gewinnt. Besonders beeindruckt mich, dass Jil Becker, unsere Pastorin für Nachwuchsförderung, derzeit alle Pastorinnen und Pastoren anruft, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen, wie junge Menschen für das Theologiestudium begeistert werden können. Diese unmittelbare Kommunikation - von Mensch zu Mensch, von Ohr zu Ohr - halte ich für den richtigen Weg.