Im Fall des vorläufig suspendierten Tegernsee Pfarrers hat sich der Kirchenvorstand (KV) eindeutig positioniert. Seit über vier Jahren sehe sich der Theologe "einer regelrechten Welle von Angriffen und Anzeigen" ausgesetzt, heißt es in einem Brief an die Gemeinde, den das Gremium bereits am 24. August beschlossen hat und der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.
Die Anschuldigungen würden von einem ehemaligen KV-Mitglied vorgebracht, das laut epd-Informationen bereits vor rund zwei Jahren "aufgrund von Verfehlungen" einstimmig aus dem Gremium ausgeschlossen worden sei. Der Kirchenvorstand stehe geschlossen hinter dem Pfarrer.
Bereits am Dienstag hatte die bayerische Landeskirche mitgeteilt, dass der Pfarrer aufgrund von "staatlichen Maßnahmen, die derzeit gerichtlich überprüft werden" vorläufig vom Dienst suspendiert ist. Die Suspendierung einer Amtsperson erfolgt automatisch, sobald die Staatsanwaltschaft der Landeskirche - wie auch im Tegernseer Fall - eine "Mitteilung in Strafsachen" übermittelt. Bis zum Abschluss der Ermittlung gelte die Unschuldsvermutung, betonte eine Kirchensprecherin.
Kein ausreichender Tatverdacht für Missbrauch
Bei den Ermittlungen handelte es sich nach Auskunft der zuständigen Staatsanwaltschaft München II zunächst um den Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie des Verdachts des Besitzes jugendpornographischer Inhalte. Beim Missbrauchsvorwurf sei das Verfahren teilweise eingestellt worden, "da nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen kein ausreichender Tatverdacht für eine Anklageerhebung bestand", erklärte eine Sprecherin am Donnerstag auf epd-Anfrage. Mit Blick auf den Vorwurf des Besitzes jugendpornographischer Inhalte habe die Staatsanwaltschaft zuletzt Strafbefehl beim Amtsgericht Miesbach beantragt und eine "Mitteilung in Strafsachen" an die Landeskirche übermittelt.
Auch der Kirchenvorstand nennt in seinem Brief an die Gemeinde Vorwürfe der Jugendpornographie als Grund für die Ermittlungen: Die Staatsanwaltschaft prüfe "zwölf alte Bilder", die der Pfarrer vor etwa 20 Jahren aus dem Internet heruntergeladen habe und die "angeblich jugendpornographisch" seien. Diese Bilder seien laut Kirchenvorstand "damals schon gerichtlich begutachtet und als unbedenklich eingestuft" worden.
Der von der Staatsanwaltschaft zurückgewiesene Missbrauchsvorwurf gegen den Pfarrer resultiere wiederum aus einem "über 20 Jahre zurückliegenden Sorgerechtsstreit mit seiner Ex-Frau", die ihm Übergriffe gegen die gemeinsame Tochter zur Last gelegt habe. Diese Vorwürfe hätten bereits damals zu einem disziplinarrechtlichen Verfahren der Landeskirche geführt, das aber mit einem "klaren Freispruch" geendet habe, wie der Pfarrer und der Kirchenvorstand im Gemeindebrief vom März berichteten. Die Landeskirche teilte allerdings auf epd-Anfrage mit, dass das damalige Kirchenverfahren "in keinem Zusammenhang mit dem laufenden Verfahren" stehe. Dieses beträfe "aktuelle Vorgänge" - offensichtlich der Antrag auf Strafbefehl der Staatsanwaltschaft wegen des Besitzes jugendpornographischer Inhalte.
Im Brief an die Gemeinde äußert sich auch der Pfarrer selbst: "All die massenhaften Vorwürfe gegen mich wurden seit vier Jahren einzeln widerlegt und doch will man anscheinend nicht aufhören." Er nehme das als "Verfolgungseifer" wahr und sei "am Ende meiner Kräfte". Die anderen Hauptamtlichen der evangelischen Gemeinde "Tegernseer Tal", zu der auch die Kirchen in Rottach-Egern, Bad Wiessee und Kreuth gehören, seien ebenfalls betroffen: Sowohl die zweite Pfarrerin wie auch die Pfarramtssekretärin sind laut KV erkrankt und können ihre Arbeit derzeit nicht ausüben. Zuständig für die Gemeindeleitung und alle Fragen sei jetzt das Dekanat Bad Tölz - allerdings ist der Dekan noch bis 15. September im Urlaub.