An seinem 90. Geburtstag will Dieter Hallervorden auf der Bühne stehen. So war es schon beim letzten "Runden", seinem 85. Diesmal steht die Premiere des "Eingebildeten Kranken" am 5. September auf dem Spielplan des Schlossparktheaters Steglitz im Berliner Südwesten. Intendant und Geschäftsführer Hallervorden hat dafür das berühmte Stück von Molière selbst neu übersetzt und bearbeitet.
Erst am Tag nach der Premiere ist an selber Stelle eine "Überraschungsgala" zum 90. Geburtstag geplant. "Prominente Wegbegleiter, Freunde und Kollegen überraschen den Grandseigneur der deutschen Unterhaltung", steht dazu im Programmheft des Steglitzer Theaters. Geplant ist demnach eine Gala "voller Humor, Musik und unvergesslicher Geschichten aus seinem außergewöhnlichen Leben auf Bühne und Leinwand". Moderiert wird der Abend von Nathalie und Johannes, zwei seiner vier Kinder.
Hallervorden, gebürtiger Dessauer und Gründer des Kabaretts "Die Wühlmäuse", hat Generationen von Fernsehzuschauern und Kinogängern amüsiert und beeindruckt. Für manche ist er bis heute das unverwechselbare Gesicht der Blödel-Fernsehserie "Nonstop Nonsens" Ende der 70er Jahre. Er selbst war nie ganz glücklich damit, auf die Ulknudel reduziert zu werden. Doch in Ost wie West war die ARD-Serie äußerst beliebt, die Eingangsmelodie klingt vielen heute noch im Ohr. Ein chaotisch vertrottelter "Didi Meisenkaiser" etwa sorgte in aberwitzigen Kostümierungen für gut 40 Minuten Lachspaß bei seinen Fans.
Einige der Sketche in den 20 Folgen sind legendär - etwa die Kuh Elsa, der "Gespielte Witz", die Flasche Pommes Frites oder das berühmte "Palim, Palim". Sprüche aus der Ulkserie fanden Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch, wie das empörte "Wie bitte? Ins Hotel?" Hallervorden war Erfinder, Hauptdarsteller und Co-Texter der populären Serie.
Ulkserien und politisches Kabarett
Doch der Sohn einer Arzthelferin und eines Ingenieurs war und ist eben auch Charakterdarsteller. Dafür stehen Filme wie die Alzheimer-Tragikomödie "Honig im Kopf" (2014) von Til Schweiger oder "Sein letztes Rennen". In dem Film aus dem Jahr 2013 läuft Hallervorden als ehemaliger Champion Paul Averhoff im Alter von 77 Jahren noch einmal den Berlin-Marathon mit, mit dramatischem Einlauf ins Olympiastadion. Und neben Schauspieler und Komiker ist Hallervorden auch Kabarettist, Sänger ("Du, die Wanne ist voll"), Synchronsprecher, Moderator und nicht zuletzt Theaterleiter.
Hallervordens Lebensweg seit der Geburt 1935 im heutigen Sachsen-Anhalt steht dabei auch für manche Wendung in der deutsch-deutschen Geschichte. Nach der Schule in Dessau zog es ihn zum Studium an die Berliner Humboldt-Universität. Doch wegen der eingeschränkten Meinungsfreiheit in der DDR floh er 1958 nach West-Berlin und setzte sein Studium an der Freien Universität fort. 1960, ein Jahr vor dem Bau der Berliner Mauer, gründete Hallervorden dort das Kabarett "Die Wühlmäuse". Der Bühne am Theodor-Heuss-Platz steht er noch heute als Direktor vor. Politisches Kabarett machte er außerdem im Fernsehen, etwa Ende der 90er und Anfang der 2000er Jahre mit "Hallervordens Spott-Light" im Ersten.
Kritik an Corona-Maßnahmen und Klage gegen Merz
Ende 2008 landete Hallervorden einen weiteren Coup in der Kulturlandschaft mit der Übernahme des Schlossparktheaters in Berlin-Steglitz. Am 1. September 2009 nahm die Spielstätte ihren vollen Spielbetrieb wieder auf. Dort ist Hallervorden Intendant und bis heute auf der Bühne zu erleben, wie eben auch an seinem 90. Geburtstag. Im September 2022 eröffnete Hallervorden auch noch das Mitteldeutsche Theater in der Marienkirche in seiner Geburtsstadt Dessau-Roßlau.
Auch engagierte sich Hallervorden zuweilen selbst politisch. Schon in den 70er Jahren setzte er sich in Nordrhein-Westfalen für die FDP ein und wiederholte dies später in seiner Heimat Sachsen-Anhalt. In jüngster Vergangenheit sorgte eine Klage von ihm und anderen im Zusammenhang mit einer Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum israelischen Angriff auf den Iran für Schlagzeilen. Die Reaktionen waren nicht nur positiv, ebenso wie zuvor schon auf seine Einlassungen zur Gendersprache. Sogar der Begriff "Quartalsirrer" fiel.
Hallervorden selbst dürfte es mit einer gewissen Gelassenheit zur Kenntnis nehmen. Gegenwind hat er immer mal wieder gespürt, nicht zuletzt in der Corona-Pandemie. Viele könnten sich gar nicht vorstellen, "wie mühsam es ist, in dieser Phase zwei Theater am Leben zu halten", klagte er damals. Der Wahlberliner, der in dritter Ehe mit der Stuntfrau Christiane Zander verheiratet ist, hat noch einen Zweitwohnsitz in der Bretagne an der Atlantikküste: in einem Schloss in Trégastel, das er Ende der 80er Jahre erwarb. An seinem 90. Geburtstag aber wird er zu Hause in Berlin auf der Bühne erwartet.