Syrischer Fliesenleger fängt in Hessen neu an

Fahad Alkhatib posiert vor seinem Auto mit Kisten voller Handwerksmaterial
epd-bild/Tim Wegner
Fahad Alkhatib leitet heute eine eigene Firma. Sein größtes Problem ist kein Auftrag – sondern der fehlende Pass.
Staatenlos und selbstständig
Syrischer Fliesenleger fängt in Hessen neu an
Fahad Alkhatib floh 2015 aus Syrien und kam nach Hessen. Heute führt er ein eigenes Handwerksunternehmen. Seine Staatenlosigkeit macht ihm Probleme.

"Raucherpause!", ruft Fahad Alkhatib auf Arabisch seinen vier Mitarbeitern zu. In weißer Malerkluft tritt er von der Baustelle ins Freie. Auf einem kleinen Tisch warten dort Thermoskannen mit Cay-Tee und Kaffee. Alle zwei Stunden gönnen er und seine Mitarbeiter sich eine kurze Pause. Seit sieben Uhr morgens reißen sie auf dieser Baustelle den Teppichboden heraus und streichen das Treppengeländer weiß.

Fahad Alkhatib stammt aus Syrien. Seit seiner Jugend arbeitet er als Fliesenleger und Mosaikkünstler, später hat er in Syrien eine Firma mit 15 Angestellten. Doch im Spätsommer 2015 flieht er wegen des Kriegs gemeinsam mit seiner Frau, den vier Kindern und seiner Mutter nach Deutschland. Sie sind Teil der größten Fluchtbewegung nach Deutschland seit Jahrzehnten. Rund 1,1 Millionen Menschen suchen hier 2015 Schutz.

Nach drei Monaten in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen kommt die Familie Ende 2015 nach Egelsbach im Landkreis Offenbach. Die Alkhatibs finden zunächst bei der Christlichen Flüchtlingshilfe ein Zuhause. "Die Mitarbeiter dort waren sehr freundlich zu uns", erinnert sich der Familienvater. "Sie haben uns gezeigt, wo wir die Bank, Apotheke oder den Supermarkt finden." Alle zwei Wochen gibt es ein Sprachcafé für Deutsche und Araber. Aus diesen Begegnungen entstehen Freundschaften, die noch heute bestehen.

Zwei Monate lang besucht Fahad Alkhatib einen Deutschkurs. Dann sagt er zu seiner Lehrerin: "Das geht so nicht weiter. Ich möchte arbeiten." Er glaubt, im Kontakt mit Kunden lerne er die deutsche Sprache schneller. Nach mehreren kleineren Jobs arbeitet Alkhatib ein Jahr lang bei einer Leihfirma. Nach diesem "schweren Jahr" besteht er die B1-Sprachprüfung und weiß nun, wie Arbeit und Aufträge in Deutschland funktionieren.

Alkhatib strebt nach mehr. 2021 macht er sich mit seiner eigenen Firma selbstständig - gegen den Rat seines Buchhalters, den er seit seiner Anfangszeit in Egelsbach kennt. Heute erhalten seine vier Mitarbeiter und er Aufträge für Trockenbau-, Garten- oder Malerarbeiten in ganz Süddeutschland.

Ein großes Problem hat er allerdings nach zehn Jahren in Deutschland immer noch, und das hängt mit seinen palästinensischen Wurzeln zusammen. "In Deutschland gelte ich als staatenlos", erklärt er. Seinen Aufenthaltstitel muss Alkhatib deshalb alle zwei bis drei Jahre verlängern. Das wiederum wirkt sich auch auf seine Firma aus. "Wenn ich zum Beispiel einen neuen Transporter kaufen möchte, kann ich diesen nicht finanzieren." Die Bank gebe ihm aufgrund seines Status keinen Kredit. Deshalb fahre er gebrauchte Fahrzeuge, die häufig in die Werkstatt müssten. Auch teure Maschinen könne er sich ohne Kredit kaum leisten.

Im Dezember 2024 kommt es in seiner Heimat Syrien zum Regimewechsel. Die Diktatur von Baschar al-Assad ist vorüber. Zurück nach Syrien ziehen möchte Alkhatib nicht: "Ich habe mir in meinem Leben schon dreimal eine neue Zukunft aufgebaut. Das möchte ich nicht noch einmal machen." Einen Besuch in der Heimat habe er aber trotzdem vor.

Der Weg von Fahad Alkhatib in die Selbstständigkeit war steinig, doch er ist kein Einzelfall. Viele männliche Geflüchtete, die 2015 nach Deutschland kamen, haben inzwischen feste Jobs oder eigene Betriebe aufgebaut. Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom August 2025 zeigt: Die Beschäftigungsquote von ihnen ist höher (76 Prozent) als die der durchschnittlichen männlichen Bevölkerung in Deutschland (72 Prozent). Bei geflüchteten Frauen liegt die Quote mit 35 Prozent deutlich niedriger.