In der unterirdischen B-Ebene der Hauptwache in Frankfurt am Main versammeln sich gegen 13 Uhr Menschen mit Hunden, Katzen und anderen Haustieren. Wildes Beschnuppern und Gebell irritiert manche Passanten, aber ein Helfer in gelber Weste klärt über die große Zahl von Menschen mit ihren Tieren auf. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer des Vereins Soziale Tier-Not-Hilfe Frankfurt bauen in Windeseile Anmelde- und Behandlungstische sowie Koffer mit medizinischem Material auf und legen Futter- und Sachspenden aus.
"Es ist wichtig, dass alles schon steht, wenn die Tierärzte kommen", sagt der Ehrenamtliche Tobi, der für den Aufbau zuständig ist. Der 2008 gegründete Verein bietet in der B-Ebene, dem Knotenpunkt von S- und U-Bahnen und deshalb gut zu erreichen, eine tierärztliche Grundversorgung für Menschen mit wenig Geld an. Gegründet hat den Verein die Frankfurter Tierärztin Maja Firlé.
Sie hatte zuvor begonnen, Hunde wohnungsloser Frankfurter zu versorgen und den großen Bedarf gesehen. Inzwischen kümmern sich Tierärztinnen und Tierärzte jeden ersten Samstag im Monat um Hunde, Katzen und andere Haustiere. Meist versorgen sie rund 50 Tiere. Nicht jeder könne sich die gesundheitliche Grundversorgung seines Tieres leisten, doch auch für finanziell schwächere Menschen wie Obdachlose, Bürgergeld-Empfänger oder ältere Mitbürger seien Tiere Familienmitglieder, begründet der Verein sein Engagement.
Für einige Menschen seien die Tiere "der letzte Sozialpartner, den sie noch haben". "Die Tierarztkosten sind in den vergangenen Jahren durch die Decke gegangen", erklärt der 53-jährige Tobi, der selbst einige Jahre obdachlos war und die Tier-Not-Hilfe brauchte. Jetzt macht der Mann mit Stirnglatze und Vollbart als freiwilliger Helfer mit. "Viele Kunden sind Rentner, Obdachlose, Menschen, die sich super um ihre Tiere kümmern, aber die Tierarztkosten nicht stemmen können", sagt er.
Die Klienten melden sich an, erhalten eine Nummer und werden mit ihren Tieren aufgerufen. Die Tierärzte impfen, geben Mittel gegen Würmer oder schneiden Krallen. An diesem Tag arbeiten drei Ärztinnen mit. Eine Frau lässt ihrem alten Hund mit Arthrose eine Spritze geben, ein anderer Hund erhält eine Salbe gegen eine Hautreizung. Ein Mann lässt zwei Katzen impfen und lobt die Helfer: "Ich bin froh, dass die da sind."
Voraussetzung für die Behandlung ist, dass die Klienten in Frankfurt leben und eine Bescheinigung ihrer Bedürftigkeit vorlegen. Die Tierhalter selbst müssen die Tiere bringen, bis zu zwei werden je Besitzer behandelt. Bürgergeld-Empfänger, Rentnerinnen und Rentner bezahlen zehn Euro je Tier, für Menschen ohne festen Wohnsitz ist die Behandlung kostenlos. Die Tierärztekammer in Deutschland verbiete es generell, kostenlos zu behandeln, erklärt die Soziale Tier-Not-Hilfe Frankfurt. Der Verein bezahle die Tierärzte, die den günstigsten Behandlungspreis in Rechnung stellen.
Für Operationen sucht der Verein Paten zur Finanzierung. Der Verein finanziert sich nach eigenen Angaben ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Während der Behandlungszeiten geht Tobi mit einer Spendenbüchse herum und ist Ansprechpartner für Fragen der Passanten. "Das wusste ich gar nicht, dass es so etwas auch hier in Frankfurt gibt. Ich finde das so eine tolle Idee", sagt eine Fußgängerin. Sie grault Tobis Hund Paul hinter den Ohren und wirft danach einen Fünf-Euro-Schein in die Spendendose. Tobi grinst. Jeder Schein zählt. Er sei stolz darauf, ein Teil des Projekts zu sein, sagt er.