Der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) verzeichnet eine steigende Zahl von herabsetzenden Behandlungen im Alltag. Teilnehmende Beratungsstellen hätten im vergangenen Jahr 3.332 neue Diskriminierungsfälle gemeldet, heißt es im am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Lagebild Antidiskriminierung 2024, 14,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei mehr als 62 Prozent der gemeldeten Fälle sei es um rassistische Diskriminierung gegangen, hieß es weiter. Dies sei ein Anstieg von 12,2 Prozent im Vergleich zu 2023. Die meisten dokumentierten Fälle beträfen mit einem Anteil von jeweils um die 40 Prozent Rassismus gegen Muslime und gegen Schwarze.
Rassismus trete demnach am häufigsten im Arbeitskontext und im Bildungsbereich auf. Auffällig ist laut Bericht die Zunahme rassistischer Diskriminierungen in Verkehrsmitteln (plus 5,7 Prozentpunkte) und im öffentlichen Raum (plus 1,9 Prozentpunkte). Weitere Diskriminierungsbereiche sind etwa Sexismus oder Ableismus. Ableismus leitet sich vom englischen Wort für "fähig" (able) ab und bezeichnet die Diskriminierung behinderter Menschen.
Augrenzen und Lächerlichmachen
Besonders stark haben dem Bericht zufolge Meldungen von Alltagsdiskriminierungen zugenommen. So habe etwa das Ausgrenzen oder Lächerlichmachen mehr als ein Fünftel (21,8 Prozent) aller Fälle im Jahr 2024 ausgemacht. Im Vergleich zu 2023 sei das ein Anstieg von 18,8 Prozentpunkten. In Ämtern und Behörden hätten Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen (plus 5,7 Prozentpunkte) und mit geringem Sozialstatus (plus 3,7 Prozentpunkte) zugenommen.
Eva Maria Andrades, Geschäftsführerin des advd, erklärte: "Diskriminierung kostet Vertrauen, Gesundheit und Teilhabe. Und sie untergräbt die Grundlagen einer offenen und gerechten Gesellschaft." Knapp ein Viertel der Fälle (24,8 Prozent) seien Vorkommnisse gewesen, die bislang nicht durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt seien, etwa sozialer Status, Sprache, Staatsangehörigkeit oder Körpergewicht. Eine Reform des AGG ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben.
Beratungsstellen beklagen zudem zunehmenden Druck auf ihre Antidiskriminierungsarbeit. Anfeindungen nähmen "in nie gekannter Intensität" zu, hieß es. Dabei gehe es um juristische Einschüchterung, Diskreditierung, offene Feindseligkeit und Sachbeschädigungen. Bereits vergangene Woche hatte die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit Claim berichtet, dass antimuslimische Übergriffe um 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen seien. Auch die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) vermeldete einen Anstieg der Vorfälle in ihrem Bereich um 36 Prozent.
Der Antidiskriminierungsverband Deutschland ist nach eigenen Angaben ein Dachverband der Beratungsstellen mit 38 Mitgliedsorganisationen, von denen sich 28 an der Auswertung der Fälle für das Lagebild beteiligten.