Mister Bean spielt mit seinen dunkelbraunen Strickbären, Kinder lieben die berühmten Bären Paddington und Winnie Puuh: "Teddybären haben einen ungeheuren Siegeszug als Sympathieträger hinter sich", sagt die Leiterin des Nürnberger Spielzeugmuseums, Karin Falkenberg. Bären sind aus ihrer Sicht das "Standardkuscheltier" für alle, die nach Nähe und Sicherheit suchen. Dazu komme, dass das Tier international und weltanschaulich neutral sei.
Dem pensionierten Erlanger Pfarrer Hans-Jürgen Luibl ist aufgefallen, dass Teddys aus den Kinderzimmern immer häufiger in die Welt gehen: Er sieht Teddybären an Gedenkorten nach Anschlägen zwischen Blumen und Kerzen, auf Demonstrationen gegen Krieg und an Gräbern. Luibl zeigt auf ein Bild, das er aus einer Zeitung ausgeschnitten hat: In der georgischen Hauptstadt Tiflis sitzt eine Demonstrantin bei einem Protest gegen Rechtsruck und Wahlbetrug mit einer Georgien-Flagge auf der Straße und hat einen überdimensionalen Teddy auf dem Schoß, "der ihr vielleicht Kraft gibt", vermutet der Theologe.
"Kuscheltiere sind emotional wichtige Gegenstände", bestätigt Trauerexpertin und Bestatterin Emily Maichle aus Geislingen an der Steige. Wer einen Teddybären an einem Gedenkort für Verstorbene ablege, "will zeigen, wie sehr man sich mit einer Familie, die etwas verloren hat, verbunden fühlt". Sie wünscht sich, dass es auf Friedhöfen Grabarten gibt, an denen Angehörige ein Kuscheltier und andere Andenken ablegen dürfen. Selbst hat sie schon erlebt, dass Kinder ihr Kuscheltier beim verstorbenen Opa in den Sarg gelegt haben.
Kathrin Kaffenberger ist Pfarrerin in der Kinderklinik der Uniklinik Erlangen und weiß um die besondere Bedeutung eines Teddybären in Krisensituationen: Oft nimmt sie in der Klinik nach einem Unglück Kinder in Empfang, die mit dem Rettungswagen gebracht werden. Wenn die nicht schon einen Bären vom Sanitäter-Team erhalten haben, drückt sie den Kleinen einen Teddy oder ein anderes Kuscheltier in den Arm. "So ein Teddy ist dann ganz wichtig, weil sie sich daran festhalten können", sagt sie.
Mitgebrachte Kuscheltiere, die bei einem Unfall schmutzig und beim Löschen durch die Feuerwehr nass geworden waren, wäscht die Pfarrerin gleich auf der Kinderstation und föhnt sie vor den Augen des kleinen Besitzers trocken. "Damit nach der Katastrophe dann irgendwas noch heil ist."
Die Geschichte des Bären in den Kinderzimmern beginnt 1902 mit Richard Steiff, einem Neffen der deutschen Spielzeugfabrikantin Margarete Steiff. Er erfindet den ersten Plüschbären mit beweglichen Armen und Beinen und will ihn in den USA verkaufen. Dort kommt der aber zunächst gar nicht gut an. Bis er als Verlegenheitsmitbringsel durch mehrere Hände geht und schließlich im Haushalt des Präsidenten Theodore Roosevelt landet, wie es eine moderne Legende erzählt. Die Tochter sei begeistert gewesen und nannte das Spielzeug nach ihrem Vater "Teddy". Was folgt: Der Bär von Steiff wird doch ein Verkaufsschlager. Und der 9. September ist in den USA sogar der Teddy Bear Day.
Pfarrer Luibl, neugierig auf den Bären geworden, schätzt, dass in Deutschland wohl jährlich zehn Millionen Teddybären verkauft werden. Zu einem Gottesdienst zum Thema Teddybär sind jüngst in die Erlanger Markuskirche fast 100 Besucher und ebenso viele Teddys gekommen. "Es waren 90-Jährige mit ihren abgeschabten Bären oder Plüschhasen dabei", erzählt Luibl. Er habe selten einen so gefühlsbetonten Gottesdienst gefeiert. Für den Theologen der Beweis: Teddybären sind kein Kinderkram.