Ist Papst Leo XIV. ein Anti-Trump?

Leo XIV. winkt nach seiner Wahl am 13.05.2025.
Domenico Stinellis/AP/dpa
Papst Leo XIV wird am Sonntag in sein Amt eingeführt. Der letzte Papst mit dem Namen, Papst Leo XIII. (1878-1903), verfasste die erste Sozialenzyklika der katholischen Kirche unter dem Titel "Rerum Novarum".
Der erste Papst aus den USA
Ist Papst Leo XIV. ein Anti-Trump?
Leo XIV. ist der erste US-Amerikaner auf dem Heiligen Stuhl. Sein Heimatland ist politisch tief gespalten: Sowohl US-Demokraten als auch Republikaner sehen in seiner Wahl Unterstützung für ihre politische Linie. Doch das könnte schwierig werden.

In seinen ersten Worten an die Katholiken sandte der US-Amerikaner Robert Francis Prevost als Papst Leo XIV. ein Zeichen der Verständigung und des Friedens in die Welt. "Wir wollen (...) eine Kirche (sein), die stets den Frieden sucht, die stets die Liebe sucht, die sich stets bemüht, insbesondere denen nahe zu sein, die leiden", sagte er kurz nach seiner Wahl zum Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken weltweit. Prevost ist der erste US-Amerikaner auf dem Heiligen Stuhl, zugehörig fühlt er sich aber vor allem seiner peruanischen Wahlheimat. Denn er ist seit zehn Jahren auch peruanischer Staatsbürger und hat einen Großteil seines Lebens in dem lateinamerikanischen Land, zuletzt als Bischof, verbracht.

Mit Frieden und Versöhnung lässt sich in seinem Heimatland derzeit allerdings kaum Politik machen: Es gibt wenig Raum für Kompromisse in der zweiten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, der auf seiner eigenen Plattform "Truth Social" postete, die Wahl Prevosts sei "eine große Ehre" für die Vereinigten Staaten. Nicht nur, dass Trump die Wahl aus nationalistischer Sicht bewertet, in seinem Kabinett sitzen einige katholische Minister, darunter Außenminister Marco Rubio, Gesundheitsminister Robert Kennedy und Vizepräsident JD Vance.

Das Trump-Lager bemühte sich auch um das konservative Segment der katholischen Wähler. Rund ein Fünftel der US-Amerikaner ist katholisch. Die Mehrheit der katholischen Bürgerinnen und Bürger stimmte bei der Präsidentschaftswahl 2024 für den protestantischen Trump.

Dies gelang Trump auch durch die strikte Anti-Abtreibungspolitik. Der Oberste Gerichtshof hatte 2022 das Recht auf Schwangerschaftsabbruch abgeschafft, auch dank der konservativen Mehrheit unter den Richtern, die Trump ernannt hatte. Die Demokratische Partei hat sich hingegen in der Frage des Abtreibungsrechts nach Ansicht vieler Katholiken zu weit von der Kirchenlehre entfernt, kommentierte die konservative Plattform "First Things".

Der frühere US-Präsident Biden steht jedoch für ein sozialliberales katholisches Profil: Für soziale Programme, eine humane Migrationspolitik und eine liberale Haltung bei kulturellen Fragen, auch beim Schwangerschaftsabbruch. Dieses Lager der US-Katholiken, zu dem auch die frühere Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, gehört, verweist auf den Papstnamen Leo. Der letzte Papst mit diesem Namen, Papst Leo XIII. (1878-1903), verfasste die erste Sozialenzyklika der katholischen Kirche unter dem Titel "Rerum Novarum" (Deutsch: Von anderen Dingen).

Papst Leo XIV sensibel für das Thema Armut

Pelosi sagte, diese Schrift sei "ein Segen für die arbeitenden Menschen" gewesen. Leo XIII. war ein Papst mit Blick für soziale Nöte im Zeitalter der Industrialisierung. In dieser Tradition sieht sich auch Leo XIV.. Prevost sei sehr sensibel beim Thema Armut und werde diesen Weg auch weiter fortsetzen, prophezeite etwa sein Amtsnachfolger auf dem Bischofsstuhl in Chiclayo.
Doch auch die republikanische Seite wünscht sich einen Papst, der ihre Politik unterstützt. Dafür führte der rechtsstehende Publizist Charlie Kirk in einem Post auf der Plattform X staatliche Wahldokumente an, denen zufolge Prevost mehrmals bei Vorwahlen der republikanischen Partei abgestimmt habe. Die Trump nahestehende Influencerin Laura Loomer aber warnte, der neue Papst sei "anti-Trump" und wolle "offene Grenzen".

In der Einwanderungspolitik hat Trump grundsätzliche Differenzen mit der katholischen Kirche. Die Trump-Administration hat bereits in den ersten Tagen ihrer Amtszeit drastische Maßnahmen gegen Migranten ausgerollt, die die Kritik von Leos Vorgänger Papst Franziskus nach sich zogen.

 

Hinzu kommt: Migrations- und Diskriminierungserfahrungen stecken in den USA in der katholischen DNA. Laut dem katholischen Portal Crux sind etwa 36 Prozent der US-Katholiken Latinos, Migranten aus Mittel- und Südamerika oder Bürger mit Wurzeln dort. Auch Prevosts Familie hat eine Einwanderungsgeschichte, sein Vater hat italienisch-französische Wurzeln, seine Mutter kreolische.

Der neue Papst werde politisch gesehen wohl viele enttäuschen als Oberhaupt einer Kirche, die außerhalb politischer Parteilichkeiten tätig sei, kommentierte der Informationsdienst "Religion News Service". Dass Papst Leo XIV. für seine Überzeugungen einsteht, zeigte er etwa, als er Vance öffentlich widersprach. Der Vizepräsident hatte mit Blick auf die Migrationspolitik erklärt, es sei ein "christliches Konzept", dass man zuerst seine Familie liebe, dann die Mitbürger und erst dann den Rest der Welt. Prevost erwiderte: "Jesus verlangt nicht von uns, dass wir unsere Liebe für andere Menschen in eine Rangordnung bringen."
Nach Leos Wahl sagte Vance in einem Interview, der Papst werde wohl manchmal Dinge sagen, mit denen er nicht einverstanden sei. Er werde aber für den Papst und die Kirche beten.