Mit einem Appell zu mehr Toleranz ist am Sonntag in Hannover der evangelische Kirchentag zu Ende gegangen. Den Abschluss bildete ein großer Open-Air-Gottesdienst auf dem Platz der Menschenrechte mit Tausenden Teilnehmern. Toleranz bedeute nicht, sich weg zu ducken und einfache Kompromisse einzugehen, sagte die Theologin Hanna Reichel in ihrer Predigt. Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund rief zu Zuversicht und gesellschaftlichen Dialog auf.
Die in Princeton in den USA lehrende Theologieprofessorin Reichel erklärte, die Liebe Gottes ermutige auch dazu, zu widersprechen, wenn etwas falsch sei. Angst sorge für einen engen Blick, mit dem niemand Politik machen sollte. Gottes Liebe jedoch helfe dabei, Zumutungen im Miteinander auszuhalten. Die Menschen seien aufeinander angewiesen, wenn es darum gehe, den gemeinsamen Planeten zu bewahren.
Zehntausende Menschen hatten sich an dem fünftägigen Christentreffen in der niedersächsischen Landeshauptstadt an rund 1.500 Veranstaltungen beteiligt. Neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nahmen der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) teil.
Im Mittelpunkt des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentags standen politische Diskussionen, Gottesdienste, kulturelle Angebote und Workshops. Themen waren aktuelle Herausforderungen wie Antisemitismus, Machtmissbrauch in kirchlichen Strukturen und der Klimawandel. Vor allem Debatten über die gesellschaftliche Rolle der Kirchen prägten den evangelischen Kirchentag in Hannover.
Das Protestantentreffen in Hannover stand unter der biblischen Losung "mutig - stark - beherzt". Der nächste Deutsche Evangelische Kirchentag findet im Mai 2027 in Düsseldorf statt. Der Kirchentag ist dann nach 1973 und 1985 zum dritten Mal in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt zu Gast. Der Deutsche Katholikentag im kommenden Jahr in Würzburg steht unter dem Leitwort "Hab Mut, steh auf!".
Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister erklärte am Vorabend zum Abschluss, der Kirchentag in Hannover habe Bewusstsein dafür geschaffen, die Welt wachsam wahrzunehmen und zu verändern. Der rheinische Präses Thorsten Latzel sagte, vom Kirchentag in Hannover nehme man "ganz viel Leidenschaft" mit. Nach den Worten von Kirchentagspräsidentin Siegesmund zeigte das Protestantentreffen: "Demokratie lebt mitten unter uns - auf dem Kirchentag."