"Wer derzeit über Israel und Palästina spricht, kann nicht mehr absehen vom Leiden der Menschen auf allen Seiten in diesem Konflikt", sagt Regionalbischof Thomas Prieto Peral. Es gehe darum, auch die Menschen auf der "anderen" Seite des Konflikts als gleichwertig wahrzunehmen. Wo Menschen mit scharfer Rhetorik entmenschlicht würden, "müssen wir widersprechen". Jede Abwertung von Menschen der "anderen" Seite "ist in meinen Augen Antisemitismus oder Rassismus", erklärt Prieto Peral, der vor über 20 Jahren die Stiftung Wings of Hope mitbegründet hat, die sich um traumatisierte Menschen in Kriegsregionen kümmert.
Um Wege aus der Gewaltspirale zu finden, müssten Räume für Empathie geöffnet werden: "Erst wenn Menschen in ihrem eigenen Leid ernst genommen werden, können sie auch das Leiden der anderen sehen", betont er. Dafür seien neue Methoden und geschützte Gesprächsräume nötig. Als Beispiel nennt der Regionalbischof das Rossing Center in Jerusalem, das eine Kommunikationsform entwickelt habe, bei der "Dialog bewusst mit seelsorgerlichen Elementen verbunden" werde. So könne zwischen verhärteten Lagern wieder ein Raum für Empathie entstehen.
Prieto Peral hatte bei seiner Reise ab Ostermontag Orte und Einrichtungen in Tel Aviv, Jerusalem, Bethlehem und Sderot nahe Gaza besucht und dabei mit Religionsvertretern, Traumaexperten, Geiselfamilien und Gewaltbetroffenen gesprochen. Es sei ihm ein Anliegen, "die Perspektive von verwundeten Menschen deutlich zu machen", so der Theologe. Die Opfer von Gewalt "auf allen Seiten" bräuchten in der aktuellen Krise mehr Fürsprache.
Humanitäres Völkerrecht in Israel gebrochen
Nach fast zweimonatiger Blockade Israels von Hilfslieferungen in den Gaza-Streifen sind die Lebensmittelvorräte in dem palästinensischen Gebiet laut einer Pressemitteilung der Caritas International nahezu aufgebraucht. Israel müsse die Grenzen sofort öffnen, forderte die Hilfsorganisation in Freiburg. Nur so könne eine noch größere Hungersnot verhindert werden.
Laut dem Hilfswerk spiele sich vor unseren Augen eine nicht hinnehmbare humanitäre Katastrophe ab. "Es ist ein klarer Bruch des humanitären Völkerrechts, dass Menschen in Not der Zugang zu überlebenswichtigen Hilfsgütern vorenthalten wird", erklärt Oliver Müller, Leiter von Caritas International. "Es kann und darf nicht sein, dass Menschen verhungern, während nur wenige Kilometer entfernt Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern stehen."
Die Vorräte seien fast vollkommen erschöpft, betont das Hilfswerk. Auch das Welternährungsprogramm habe seine letzten Vorräte an Suppenküchen ausgegeben. Frische Lebensmittel wie Milch seien nicht mehr verfügbar. Was es noch gebe, sei für die Menschen unerschwinglich. "Unsere Partner berichten uns, dass ein Sack Mehl für 300 bis 500 Dollar gehandelt wird", so Müller.