TV-Tipp: "Tatort - Von Affen und Menschen"

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14. April, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Tatort - Von Affen und Menschen"
So gut wie jeder Krimi endet mit einer klaren Botschaft: Verbrechen zahlen sich nicht aus. "Von Affen und Menschen", der siebte Fall für das Zürcher Duo Grandjean und Ott (Anna Pieri Zuercher, Carol Schuler), vermittelt dieses Fazit besonders nachdrücklich und von Anfang an.

Im Verlauf der Handlung werden mehrere Menschen gemeuchelt, nachdem sie ihrerseits einen Mord begangen haben. Stefan Brunner, Lorenz Langenegger (Buch) und Michael Schaerer (Regie) hätten ihre Geschichte auch "Der Lauf der Dinge" nennen können. Das gleichnamige dreißig Minuten kurze Werk der Schweizer Medienkünstler Peter Fischli und David Weiss über eine zwar sinnfreie, aber ungemein faszinierende Kettenreaktion (1987) ist nur im Hintergrund präsent, prägt diesen "Tatort" jedoch unverkennbar.

Die Handlung beginnt mit einem Mann, der fröhlich tänzelnd die Notaufnahme verlässt. Die gute Laune endet jäh, als er durch ein Geschoss aus einer Nagelpistole niedergestreckt wird. Seinem Mörder ergeht es allerdings nicht viel besser: Kaum heimgekehrt, wird er von der erzürnten Ehefrau erschossen; sechs Schüsse in den Rücken lassen keinen Zweifel daran, dass sich mit der Tat sehr viel aufgestaute Wut entladen hat. Die Gattenmörderin sucht ihre Zwillingsschwester auf, zu der sie seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr hatte, und endet als vermeintliches Suizidopfer in der Badewanne: Aline Kaiser (Sarah Viktoria Frick) hat als Anlageberaterin viele Menschen um ihr Erspartes gebracht, muss mit einer fünfjährigen Haftstrafe rechnen und nutzt die Gelegenheit des unerwarteten Besuchs für einen Rollentausch. Dass nach Nicole gefahndet wird, kann sie natürlich nicht ahnen, aber auch ohne diesen misslichen Umstand hätte ihre vermeintliche Freiheit nicht lange gewährt: Der brave Beamte Max Loosli (Michael von Burg) ist eins ihrer Betrugsopfer, sinnt auf Rache und entführt sie in die verschneite Wildnis. 

Die Konstruktion dieser Geschichte ist eine große Freude, zumal das Drehbuch erst spät offenbart, dass die scheinbaren Zufallstaten durch ein entscheidendes Element miteinander verbunden sind. Außerdem gibt es noch ein weiteres Mordopfer, das jedoch nicht in die Zuständigkeit der Abteilung Leib und Leben fällt, weil die Tötung von Tieren zur großen Empörung Otts, die für Menschenaffen die gleiche Behandlung wie für Menschen fordert, rechtlich als Sachbeschädigung behandelt wird: Im Zürcher Zoo ist ein Schimpanse erstochen worden. Da es in guten Krimis keine Zufälle gibt, hängt diese Tat nicht nur mit den Morden zusammen, sie war sogar der Auslöser der Kettenreaktion.

Im Hintergrund spielen außerdem die Ambitionen von Staatsanwältin Wegenast (Rachel Braunschweig) eine wichtige Rolle: Der in den konservativen Kreisen bestens vernetzten Juristin winkt eine Berufung ans Bundesgericht; am Ende muss sie sich entscheiden, ob ihr Parteiräson und Karriere tatsächlich wichtiger sind als die Gerechtigkeit. Grandjean wiederum steht vor der Frage, ob es moralisch vertretbar ist, ein unverhofftes kleines Vermögen, das niemand vermisst, zu behalten.

Originell ist zudem die Idee, die Geschichte zur Zeit des Vollmonds anzusiedeln, weshalb die beiden Kommissarinnen ständig unausgeschlafen sind. Nur bedingt nötig sind dagegen die allzu ausführlichen Ausflüge ins Privatleben, selbst wenn auch diese Erzählstränge am Ende geschickt mit dem Handlungsgerüst verknüpft sind: Grandjeans Lebensgefährte Milan (Igor Kovač) kommt mit seinem Restaurant auf keinen grünen Zweig, Otts methadonabhängiger Freund und Mitbewohner Charlie (Peter Jecklin) scheitert am kalten Entzug. 

Angesichts der ungewöhnlichen und potenziell gleichermaßen fesselnden wie witzigen Geschichte ist die Inszenierung allerdings viel zu zurückhaltend: Der Umsetzung fehlt jeglicher Biss, der Humor hätte gern viel schwärzer sein dürfen. Nervenkitzel kommt selbst dann nicht auf, als Ott, die sich freigenommen hat, um wegen der Schimpansentötung zu ermitteln, in großer Gefahr schwebt, während sie in der völlig verwüsteten Wohnung des zuständigen Tierpflegers nach einer Erklärung sucht. Seltsamerweise sorgt in Szenen wie diesen nicht mal die Musik (Mirjam Skal) für Spannung. Misslungen sind auch die Momente, in denen einige der handelnden Personen Dialoge proben; das wirkt in Filmen fast immer peinlich.

Sehr schön sind dagegen die kleinen Einfälle am Rande, wenn sich die beiden oft uneinigen Kantonspolizistinnen erschöpft ein Krankenhausbett teilen oder wenn Ott im Zoo ein Nickerchen macht und hinter ihr ein tauchender Elefant zu sehen ist.