Frauen arbeiten mehr als Männer für weniger Geld

Mann und Frau zeigen 50 Prozent Zeichen
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Von einer gleichberechtigten Arbeitsaufteilung sind die Deutschen weit entfernt.
Statistisches Bundesamt bestätigt
Frauen arbeiten mehr als Männer für weniger Geld
Frauen haben im Jahr 2022 jede Woche im Durchschnitt neun Stunden mehr unbezahlte Arbeit geleistet als Männer. Das Statistische Bundesamt stellte am Mittwoch in Berlin die Zeitverwendungserhebung 2022 vor, wonach Frauen knapp 30 Stunden die Woche unbezahlt arbeiten, Männer knapp 21 Stunden.

An der unterschiedlichen Verteilung der Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern hat sich in den vergangenen zehn Jahren wenig geändert. Das bestätigt das Statistische Bundesamt mit seiner aktuellen Zeitverwendungserhebung 2022, die es am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Die Präsidentin des Amts, Ruth Brand, bilanzierte: Die Lücke bei der unbezahlten Arbeit werde kleiner, "sie ist aber nach wie vor beträchtlich." Anteilig leisten Frauen 43,8 Prozent mehr unbezahlte Arbeit als Männer, vor zehn Jahren waren es 52 Prozent.

Frauen haben damit der Erhebung zufolge im Jahr 2022 jede Woche im Durchschnitt neun Stunden mehr unbezahlte Arbeit geleistet als Männer, das sind 30 von insgesamt 45,5 Stunden bezahlter und unbezahlter Arbeit, während Männer im Durchschnitt auf 21 unbezahlte von insgesamt 44 Wochenstunden kommen. Im Wesentlichen ist dies Sorgearbeit, also Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und die Haushaltsführung.

Nach den Worten von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ist die Mehrarbeit der Frauen "deutlich zu viel". Einen Tag vor dem Equal Care Day, der alle vier Jahre am 29. Februar begangen wird, um auf die ungleiche Verteilung aufmerksam zu machen, erklärte die Ministerin, der faire Ausgleich bei unbezahlter Sorgearbeit sei ihr ein wichtiges Anliegen. Die Ungleichheit bedeute für Frauen meist ein geringeres Gehalt, weniger berufliche Chancen und eine prekäre Alterssicherung.

Eltern arbeiten insgesamt pro Woche elf Stunden mehr als Erwachsene ohne Kinder. Unverändert übernehmen weit überwiegend die Mütter die Care-Arbeit, insbesondere für kleine Kinder. Sie sind bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes im Durchschnitt nur 13 Wochenstunden erwerbstätig. Das ändert sich, wenn die Kinder älter werden: Mütter mit Kindern von sechs bis 17 Jahre gehen im Durchschnitt 21,5 Stunden pro Woche einer bezahlten Arbeit nach und damit nur eine Stunde weniger als Frauen ohne Kinder.

Hier hat sich seit der vorigen Erhebung 2012/2013 etwas getan: Vor zehn Jahren lag der Unterschied bei 3,5 Stunden. Bei den Männern im erwerbsfähigen Alter ist hingegen allein aus den Zahlen keine Entwicklung abzulesen: Väter arbeiten weiterhin - unabhängig vom Alter der Kinder - im Durchschnitt 32 bezahlte Wochenstunden - und damit sogar 4,5 Stunden länger als Männer ohne Kinder. Die wissenschaftliche Direktorin des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch, bilanzierte, insgesamt bleibe "die Geschlechterungleichheit sehr stabil."

Für die Analyse haben rund 10.000 Haushalte mit 20.000 Personen von zehn Jahren an aufwärts vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 an drei Tagen ein Zeit-Tagebuch geführt. Die aktuelle Erhebung ist die vierte seit Beginn der 1990er Jahre im Abstand von jeweils zehn Jahren. Sie hat die Verteilung unbezahlter und bezahlter Arbeit zum Schwerpunkt.

Die Menschen werden aber nicht nur gefragt, wie sie ihre Zeit tatsächlich verwenden, sondern auch danach, wie sie sie empfinden und was sie sich wünschen. Erstmals wurde nach Einsamkeit gefragt, und es gab jede sechste Person über zehn Jahre an, sich oft einsam zu fühlen. Am häufigsten ist Einsamkeit unter 18- bis 29-Jährigen: Jede und jeder Vierte fühlt sich oft einsam. Naheliegend ist aus Sicht der Forscher, dieses Ergebnis im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu sehen.

In diesem Zusammenhang dürfte auch stehen, dass der Zeitaufwand für die bezahlte Arbeit, inklusive der Wegezeiten, abgenommen hat im Vergleich zur Erhebung vor zehn Jahren, und zwar um durchschnittlich 18 Minuten pro Tag. Es könnten sich darin bereits die Auswirkungen auf die Berufsarbeit in Folge der Pandemie spiegeln, etwa durch mehr Homeoffice, erklärte die Bundesamt-Chefin Brand. Ob dies eine langfristige Entwicklung sei, werde man aber erst bei der nächsten Zeitverwendungserhebung in voraussichtlich zehn Jahren sagen können.