TV-Tipp: "Die Toten von Salzburg - Süßes Gift"

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21. Februar, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Toten von Salzburg - Süßes Gift"
Es ist ein bisschen makaber, aber manchmal hilft das Schicksal nach. "Süßes Gift" ist die erste Episode der Reihe "Die Toten von Salzburg", in der die frühere Hauptfigur Peter Palfinger nicht mal mehr namentlich eine Rolle spielt.

Im letzten Film, "Schattenspiel" (2023), war der Major noch in Kur; damit hatten sich ZDF und ORF nach der Anklage gegen Florian Teichtmeister wegen des Besitzes pornografischer Darstellungen von Minderjährigen einigermaßen elegant aus der Affäre gezogen. Der zehnte Krimi tut dagegen so, als habe der frühere Vorgesetzte von Inspektorin Irene Russmeyer nie existiert. Für deren Darstellerin Fanny Krausz ist die Demission Teichtmeisters natürlich ein unerwarteter Karriereschub: Plötzlich ist sie die Hauptdarstellerin an der Seite von Michael Fitz. 

Auch der Reihe tut das gut: Der querschnittgelähmte Salzburger Major saß nach einem Gleitschirmunfall im Rollstuhl, und da sein bayerisches Pendant, Kriminalhauptkommissar Hubert Mur, ein notorischer Grantler ist, waren die ständigen Streitereien der beiden zwar lustig, hatten aber oft einen grimmigen Unterton. Mit der Beförderung Russmeyers zur leitenden Ermittlerin kommt ein anderer Tonfall in die Filme; die Dialoge sind nun leichter, verschmitzter. Das gilt auch für die Szenen mit dem Hofrat: In den ersten  Filmen war Alfons Seywald (Erwin Steinhauer) mitunter fast eine Witzfigur. Seit er sich zu seiner Homosexualität bekannt und geheiratet hat, wirkt er wie verwandelt.

Der leitende Beamte trägt zwar nach wie vor seinen Standesdünkel vor sich her, kann jetzt aber sogar loben. Diese Entwicklung unterscheidet "Die Toten von Salzburg" deutlich von anderen vergleichbaren Reihen, in denen sich möglicherweise die Umstände, aber nur selten die Figuren ändern. 

Da "Süßes Gift" zudem eine originelle Geschichte erzählt, ist das kleine Jubiläum ein rundum geglückter Film, zumal die Inszenierung (Erhard Riedlsperger, wie bislang bei allen Filmen) und die Bildgestaltung (Kai Longolius) gleichfalls sehenswert sind. Schon die erste Einstellung, als die Kamera dem Wagen einer Zimmerfrau auf Fußhöhe folgt, gibt einen Vorgeschmack auf die gern ungewöhnlichen Blickwinkel. Die Handlung beginnt mit einem leidenschaftlichen Stelldichein in einem Hotelzimmer, gefolgt von einem abrupten Exitus: Die als Betthupferl gedachten Mozartkugeln waren vergiftet.

Das Opfer war der Chauffeur des bayerischen Energieministers Wittmann (Johannes Zirner), der sich selbstredend als eigentliches Ziel des heimtückischen Anschlags betrachtet, denn das Zimmer war seins; von der Affäre seines Fahrers mit der Pressesprecherin (Julia Koch) der Salzburger Landtagspräsidentin Zirner (Susanne Czepl) hatte er keine Ahnung. 

Peter Koller, Autor der ausnahmslos guten "Amsterdam-Krimis" (ARD), nutzt den mutmaßlichen Mord aus Versehen bei seinem ersten Drehbuch für die Reihe jedoch als Anlass für eine Geschichte ganz anderer Art, denn neben Wittmann und Zirner gibt es noch einen Dritten im Bunde: Der frühere Ölmanager Gustav Nussbaumer (Karl Fischer), ein Schulfreund Seywalds, will eine Biogasanlage in großem Stil errichten. Schon jetzt sorgt sein Prototyp für positive Presse.

Energie aus Kompost, komplett ohne CO2-Ausstoß: eine tolle Sache; umso seltsamer, dass eine Umweltaktivistin (Anna Maria Sturm) trotzdem Vorbehalte gegen das Projekt hat. Tatsächlich stößt Russmeyer auf eine Ungereimtheit, die das Unternehmen mindestens zwielichtig erscheinen lässt. 

Die Lichtarbeit ist stellenweise geradezu luxuriös, die Musik (Dominik Giesriegl) ist ebenfalls sehr gut, die Mitwirkenden sind ausnahmslos eine große Freude. Johannes Zirner verkörpert seinen Politiker, einen innigen Bewunderer Ludwigs II., gerade so behutsam als Parodie, dass der Mann nicht zur Karikatur wird. Dennoch ist es Kollers Drehbuch, das allen Beteiligten viel Spielmaterial liefert.

Selbst ein morgendliches Geplänkel des Ehepaars Mur hat seine Bewandnis für die Handlung, weil sich die Herkunft der Frühstückseier später als ein erster Fingerzeig Richtung Lösung entpuppt. Sinnvoll und schlüssig integrierte Ausflüge in die Bayerische Staatsoper oder das Salzburger Marionettentheater (inklusive SEK-Einsatz!) sorgen für überraschende Abwechslungen. Mal was Anderes ist auch die Idee, die Rückblenden zunächst in ein helles Sepia tauchen, den Bildern am Schluss zur Auflösung jedoch einen bösartigen Rotstich zu geben; und Mur, der zwischenzeitlich eine für allerlei Heiterkeit sorgende Begegnung mit einer Farbbombe hat, hatte von Anfang an den richtigen Riecher, wenn auch nicht für das anrüchige Treiben der Biogasunternehmers.