TV-Tipp: "Heribert"

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17. Januar, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Heribert"
Das diese Koproduktion des SWR mit dem ORF Spaß macht, hat viel mit Caro Cult zu tun: Sie spielt eine "Topmodel"-Teilnehmerin  und Influencerin, deren Stern zu sinken beginnt, und versieht die Komödie mit einer ansteckenden Energie, die jeden Schrittmacher überflüssig macht. 

Ein schurkischer Dämon will die Welt unterjochen: Das klingt nicht nach einem Stoff, den ARD oder ZDF um 20.15 Uhr ausstrahlen würden. Tatsächlich haben Andreas und Elisabeth Schmied ihre kurzweilige Horrorparodie "Mandy und die Mächte des Bösen" für Amazon gedreht, die Serie ist im November 2023 auf Prime Video gestartet.

Dort wäre womöglich auch "Heribert" besser aufgehoben, denn der Film des österreichischen Ehepaars ist derart überdreht, dass sich der ältere Teil des ARD-Stammpublikums womöglich überfordert fühlt. Als größere Hürde könnten sich jedoch die Dialoge erweisen: Die jugendlichen Figuren bedienen sich eines Fachjargons, dem kaum zu folgen ist, wenn man sich bislang allenfalls beiläufig mit digitalen Themen wie etwa der Künstlichen Intelligenz befasst hat.

 

Dass die Koproduktion des SWR mit dem ORF dennoch Spaß macht, hat viel mit Caro Cult zu tun: Sie spielt eine "Topmodel"-Teilnehmerin  und Influencerin, deren Stern zu sinken beginnt, und versieht die Komödie mit einer ansteckenden Energie, die jeden Schrittmacher überflüssig macht. 

Die Handlung beginnt mit Lunas Ankunft in Linz und einer schlechten Nachricht: Weil sie zunehmend weniger Follower hat, ist sie von der Liste eines Prestigeprojekts gestrichen worden. Zufällig stößt sie auf einen Software-Entwickler, dem ebenfalls die Felle davon schwimmen: Heribert (Benedikt Kalcher) ist zwar genial, kann sich aber nicht verkaufen; zu allem Überfluss hat ihm ein fieser Nebenbuhler eine äußerst vielversprechende Idee geklaut. Die Präsentation seiner jüngsten Kreation gerät zum Desaster, als er sich erst verhaspelt und dann komplett ausrastet; das Video vom Wutanfall wird umgehend zum Hit im Internet.

Der junge Mann ist unsterblich in die Kollegin Franzi (Safira Robens) verliebt, aber viel zu schüchtern, um ihr seine Gefühle zu gestehen, und viel zu blöd, um mitzukriegen, wie sie ihn anhimmelt; außerdem ist er überzeugt, dass sie ausgerechnet mit dem unsympathischen Software-Dieb Rutger (Rafael Gareisen) zusammen ist. Aus all’ dem stricken Andreas (Buch und Regie) und Elisabeth Schmied (Buch) eine Geschichte, die sich rund um Heriberts mehrstufigen Plan rankt, mit dem er sich an Rutger rächen, mit seiner App "Safe Face" einen Wettbewerb um eine Start-up-Förderung gewinnen und Franzi zurückzuerobern will.

Luna ist mit Feuer und Flamme als Coach dabei, zumal ihr das Projekt viele neue Follower bescheren und zum Comeback verhelfen könnte; aber natürlich kommt erst mal alles ganz anders. Mitunter tragen die jungen Mitwirkenden etwas zu dick auf, aber der Tonfall der sogenannten Millennials ist perfekt getroffen. Das Drehbuch hat den Sprachgebrauch mit seinen vielen englischen Einsprengseln ("Sorry, dass ich interrupte") nur ein bisschen auf die Spitze getrieben; trotzdem werden nicht alle alles verstehen.

Für die Computersprache gilt das ohnehin. Fachbegriffe wie "Prime Unicorn" lassen die Schmieds durch einen YouTuber erläutern, der seinerseits wie eine Parodie wirkt. Eine weitere Verständnishürde ist der Dialekt, dem auch die aus Deutschland stammende Influencerin oft nicht folgen kann. Sie weiß sich bei Idiomen wie "auszuzelt" immerhin mit einer Übersetzungs-App zu helfen ("abgewrackt, ausgelutscht, obsolet"), aber mitunter wären Untertitel oder zumindest eingeblendete Erläuterungen nicht schlecht; wer kennt hierzulande schon die Bedeutung des Adjektivs "leiwand" (großartig)? 

Entsprechend mutig ist es von der ARD, "Heribert" um 20.15 Uhr zu zeigen; Produktionen, die sich eher an Jüngere richten, verbannt das "Erste" gern in den späteren Abend, weil man diese Zielgruppe ohnehin in erster Linie als Kundschaft der Mediathek betrachtet. Dennoch soll dieser erstaunlich schlicht betitelte und vom ORF im Rahmen der Reihe "Stadtkomödie" ausgestrahlte Film wohl auch ein älteres Publikum ansprechen, wie neben den eher nervigen als originellen YouTube-Erklärstücken unter anderem die Mitwirkung von Muriel Baumeister als Heriberts Mutter zeigt. Luna-Fan Renate, heute Wirtin, war einst Österreichs erster weiblicher Braumeister; ein Augenzwinkern wie ein Keulenhieb.

Ungleich witziger sind die Benedikt Kalchers Slapstick-Momente: Heribert neigt ein wenig zur Tollpatschigkeit. Auch die Apps sind überzeugend: "Safe Face" sorgt dafür, dass man während einer Videokonferenz in der Nase bohren kann, ohne dass die anderen das mitbekommen, und Weltverbesserin Franzi hat eine Software entwickelt, die sogenannte Deep Fakes auf Anhieb durchschaut. Die romantischen Szenen mit dem potenziellen Liebespaar sind ebenfalls sehr hübsch gespielt.