Aufarbeitung zweier Missbrauchsfälle

Dietmar Arends
© epd-bild/Hermann Bredehorst
Es sei damals nicht genügend der Frage nachgegangen worden, ob im Umfeld der Beschuldigten möglicherweise Personen Kenntnis von Vorfällen sexualisierter Gewalt gehabt hätten und nicht eingeschritten seien, sagte der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Dietmar Arends. (Archivbild)
Lippische Landeskirche
Aufarbeitung zweier Missbrauchsfälle
Die Lippische Landeskirche reagiert mit Aufklärung und Aufarbeitung auf Meldungen von Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt. Ein unabhängiger Beirat soll die Vorkommnisse, die teilweise bis in die 1970er Jahre zurückreichen, untersuchen. Der Landessuperintendent bittet Betroffene um Entschuldigung.

Die Lippische Landeskirche hat eine rückhaltlose Aufklärung von zwei Verdachtsfällen sexualisierte Gewalt angekündigt. "Wir als Lippische Landeskirche möchten bei den Betroffenen aufrichtig um Entschuldigung für das damalige Vorgehen und die seinerzeit unterlassene Aufklärung bitten", erklärte der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Dietmar Arends, am Mittwoch in Detmold. In beiden Fällen sei die frühere Aufarbeitung in früheren Jahrzehnten nicht ausreichend gewesen und notwendige Konsequenzen seien nicht hinreichend gezogen worden.

Es sei damals nicht genügend der Frage nachgegangen worden, ob im Umfeld der Beschuldigten möglicherweise Personen Kenntnis von Vorfällen sexualisierter Gewalt gehabt hätten und nicht eingeschritten seien, kritisierte Arends. Auch sei nicht versucht worden, das Gespräch mit möglichen Betroffenen zu suchen. "Diese Unterlassungen waren schlicht inakzeptabel", sagte der Landessuperintendent. Allein wegen dieser Versäumnisse sei es wichtig, die Fälle nun umfassend aufzuarbeiten und dies mit größter Sorgfalt zu tun.

Betroffene in der Jugend- und Konfirmandenarbeit

In dem einen Fall geht es um einen bereits gestorbenen Referenten für Jugendarbeit in der damaligen Zentrale für evangelische Jugendarbeit der Lippischen Landeskirche, wie die Landeskirche mitteilte. Hier stehe der Vorwurf sexualisierter Gewalt gegenüber Mädchen und jungen Frauen in der Zeit von 1976 bis 1992 im Raum. Da der Mitarbeiter nach Bekanntwerden der Vorwürfe diese nicht habe entkräften können, habe sich die Landeskirche im Jahr 1992 von dem Mitarbeiter getrennt.

Der zweite Fall betrifft den Angaben zufolge den Bereich der Konfirmandenarbeit in einer Kirchengemeinde in Bad Salzuflen in den 1980er und 1990er Jahren. Bereits während des Tatzeitraums sowie nochmals Anfang der 2000er-Jahre soll sich die Betroffene mit ihrer Familie an die Kirche gewendet haben. Dass damals trotz konkreter Verdachtsmomente und eindeutiger Hinweise nicht oder nicht ausreichend gehandelt worden sei, bedauere er zutiefst, erklärte Arends. Auch habe es keine Versuche gegeben, spätere Arbeitgeber des Mannes vorzuwarnen, beklagte der Landessuperintendent. "Ich versichere, dass wir diesen Fall nunmehr umfassend und mit höchster Sorgfalt behandeln werden", erklärte er.

Zeugen sollen sich melden

Die Landeskirche kündigte die Einrichtung eines Beirats an. Zudem sollen von der Landeskirche unabhängige Personen mit der weiteren Aufarbeitung der beiden Fälle beauftragt werden. Die Landeskirche rief zudem weitere Betroffene und Zeugen auf, sich zu melden. "Ich bedauere zutiefst, wenn Menschen - und daran hegen wir keinerlei Zweifel - seinerzeit innerhalb unserer Institution Schaden zugefügt wurde und sie dadurch schmerzhafte Erfahrungen erlitten haben", erklärte Arends.

Über diese Fälle sei die Landeskirche über die Meldestelle bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe sowie die Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) informiert worden, hieß es. Die Landeskirche sowie die Kirchengemeinde Bad Salzuflen stehen den Angaben zufolge seit dem vergangenen Jahr mit den Betroffenen in Kontakt. Es sei der Wunsch der Betroffenen, diese Vorgänge öffentlich zu machen, damit sich weitere Betroffene oder Zeugen melden könnten.

Unabhängig von diesen beiden Fällen hat die Lippische Landeskirche für die Studie zu sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie (ForuM-Studie) mehrere Vorkommnisse aus den vergangenen Jahrzehnten gemeldet. Die Landeskirche werde sich nach der Veröffentlichung mit den Ergebnissen der Studie befassen und notwendige Schritte veranlassen. Die Studie wird, von der EKD unterstützt, von einem unabhängigen Forschungsverbund erstellt, und soll am 25. Januar der Öffentlichkeit vorgestellt werden.