TV-Tipp: "Ein starkes Team: Kurierfahrt in den Tod"

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20. Mai, ZDF, 20:15 Uhr
TV-Tipp: "Ein starkes Team: Kurierfahrt in den Tod"
Natürlich wissen Krimifans, dass dies ein Fall für die Wiedervorlage ist: Bei der Beerdigung seiner Mutter ist einem Raubmörder die Flucht geglückt. Das ist zwar keine Angelegenheit für die Kripo, aber die Abteilung Fahnung ist überlastet. Kaum haben sich Otto Garber und Linett Wachow (Florian Martens, Stefanie Stappenbeck) der Sache angenommen, müssen sie auch schon wieder ihrem eigentlichen Metier nachgehen.

Eine Kurierfahrerin ist erschlagen worden. Die junge Frau ist aus Syrien geflohen, ebenso wie ihre Schwester, die allerdings erst seit einigen Wochen in Deutschland ist. Die beiden sehen sich ähnlich; auch das wird später noch mal eine Rolle spielen. 

"Kurierfahrt in den Tod" ist der 92. Film aus der vor fast dreißig Jahren gestarteten ZDF-Reihe "Ein starkes Team". Jürgen Pomorin hat den Klassiker unter seinem Autorenpseudonym Leo P. Ard (bis 2012 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Birgit Grosz) geprägt wie kein anderer. Dass ihm immer wieder neue Geschichten einfallen, ist sein Job; aber dass sein Drehbuch nach über vierzig Episoden keinerlei Anzeichen für Krimiroutine aufweist, ist mehr als bloß bemerkenswert.

Die Qualität des Films liegt neben der clever konzipierten Story in der personellen Konstellation. Das ist in diesem Fall besonders wichtig: Etwa in der Mitte des Films greift Pomorin den Prolog wieder auf. Nun rückt dieser Handlungsstrang, der bis dahin gar kein Thema mehr war, gleichrangig in den Vordergrund. Trotzdem bleiben die Figuren aus dem Kurierdienstmilieu weiterhin präsent; jetzt zahlt sich aus, dass sie deutlich mehr Tiefe bekommen haben, als in einem Reihenkrimi zu erwarten wäre. 

Natürlich nutzt der Autor die Gelegenheit, um auf die ausbeuterischen Verhältnisse in diesem Bereich hinzuweisen. Normalerweise geschieht derlei wenig elegant im Rahmen eines Kurzvortrags, den irgendjemand hält, aber auch dafür hat Pomorin eine elegante Lösung gefunden: Teammitglied Klöckner (Matthi Faust) wird kurzerhand selbst Kurierfahrer (oder auch "Rider"), um in Gesprächen mit der Belegschaft Hintergrundinformationen über die Firma "Ikarus" zu bekommen. Er erfährt, dass der Chef (Hyun Wanner) ein Tyrann und Geizhals ist; Mordopfer Bahira hatte wegen der miesen Arbeitsbedingungen regelmäßig Krach mit ihm. Seine Assistentin Nele (Christina Athenstädt) versorgt Klöckner zudem mit zusätzlichen brisanten Details; der Mann hätte durchaus Grund gehabt, seine Mitarbeiterin für immer zum Schweigen zu bringen. 

Eine weitere originelle Idee sorgt dafür, dass auch Bahiras privates Umfeld eine Rolle spielt, schließlich handelt es sich nicht nur im TV-Krimi bei den meisten Morden um Beziehungstaten: Die Syrerin hat kurz vor ihrer Ermordung mit ihrem Freund (Vincent zur Linden) Schluss gemacht. Ihre neue Liebe, Mark (Anton Rubtsov), entpuppt sich als Verwandter von Lothar Reddemann (Arnfried Lerche). Die heiteren Exkurse mit dem Teamchef gehören ebenso zu den unverzichtbaren Merkmalen der Reihe wie die Frotzeleien zwischen Garber und Klöckner oder die Auftritte von Revierfaktotum Sputnik (Jaecki Schwarz), der sich diesmal ebenfalls als "Lieferservice" versucht.

Reddemanns Neffe hat allerdings mehr beizusteuern als nur interessante Fakten über den familiären Hintergrund seines Onkels und wird zudem seinerseits ermittlerisch aktiv. Die Dinge entwickeln sich gegen Ende ohnehin recht dramatisch, denn plötzlich schwebt auch Bahiras Schwester Aleyna (Sogol Faghani) in Lebensgefahr. Da Pomorin zuvor geschickt dafür gesorgt hat, dass die junge Frau mehr als bloß ein attraktiver Blickfang ist, kann sie zum fesselnden Finale auf entsprechendes Mitgefühl zählen. 

Die Regie hat selbstredend gleichfalls maßgeblichen Anteil an der Qualität des Films, schließlich ist schon der Auftakt spannend umgesetzt. Auch Johannes Grieser ist regelmäßig für "Ein starkes Team" tätig, allerdings längst nicht so oft wie Pomorin. Er hat dem Film gemeinsam mit Kameramann Markus Selikovsky einen hochwertigen Look gegeben. Entscheidender ist jedoch die Arbeit mit dem Ensemble. Gerade die wenig bekannten Mitwirkenden sind selbst in den kleineren Nebenrollen sehr präsent und gut geführt. Klöckner erhält seine Informationen nicht nur von Nele. Die gute Kameradschaft zwischen den Angestellten des Lieferdienstes wird zwar mehrfach betont, muss aber natürlich darstellerisch mit Leben gefüllt werden, zumal sich auf der zweiten Ebene mit Tobias Oertel als kaltblütigem Verbrecher und Michael Pink als seinem Komplizen schauspielerische Schwergewichte tummeln.