Debatte über Waffenrecht entbrannt

Mann hält Pistole
© epd-bild/Salome Roessler
Allein in Hamburg gibt es 8145 Waffenbesitzer und 41.471 registrierte Waffen und Waffenteile, laut Recherchen des NDR (Hamburg Journal). Wie kann verhindert werden, dass Waffen in falsche Hände geraten? (Das Symbolbild zeigt eine vom Zoll konfiszierte Waffe)
Nach Amoklauf in Hamburg
Debatte über Waffenrecht entbrannt
Der Amokschütze von Hamburg benutzte eine Pistole, die auch nach der geplanten Reform des Waffenrechts erlaubt wäre. Nun werden weitere Verschärfungen diskutiert. Doch es werden immer mehr Waffen. Allein in Hamburg gibt es über 40.000 registrierte Waffen. Bischöfin Fehrs bittet für die Opfer des Amoklaufs.

Nach dem Amoklauf in Hamburg ist eine Debatte über das Waffenrecht entbrannt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte den "Tagesthemen" der ARD am Freitag, die Tat zeige, "wie notwendig Änderungen" im Gesetz seien. Der von ihr bereits vorgelegte Entwurf zur Verschärfung des Waffengesetzes müsse diskutiert und auf Lücken geprüft werden.
Derzeit ist vorgesehen, "kriegswaffenähnliche halbautomatische Waffen" zu verbieten. Der Täter von Hamburg benutzte eine halbautomatische Pistole, die nicht darunter fällt.

Der Innenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Marcel Emmerich, forderte eine zügige Reform. Ein Verbot von halbautomatischen Pistolen für Privatleute müsse geprüft werden, sagte der Politiker dem Hörfunksender "NDR Info" (Samstag). Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND, Samstag), es sei "mehr als fragwürdig", warum derzeit nur Unter-25-Jährige ein amtsärztliches oder psychologisches Gutachten vorlegen müssen.

Nach den Plänen Faesers sollen neue Waffenhalter künftig auf eigene Kosten ein ärztliches oder psychologisches Zeugnis über die eigene Eignung vorlegen. Das gilt bislang nur für besonders junge Käufer unter 25 Jahren. Änderungen im Waffenrecht hatte die Bundesinnenministerin bereits im März 2022 angekündigt.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, sagte dem RND, es müsse geklärt werden, warum die Kontrollen des Hamburger Täters offenbar keine Anzeichen für eine Gefahr lieferten und nicht zu einem Entzug der Waffenbesitzerlaubnis führten. Bei der anstehenden Reform des Waffenrechts müssten die Handlungsmöglichkeiten der Behörden ebenso geprüft werden wie der Datenaustausch zwischen ihnen.

Ähnlich äußerte sich FDP-Vizefraktionschef Konstantin Kuhle, er betonte: "Ohne präzise Aufarbeitung der Hintergründe verbieten sich Forderungen nach gesetzgeberischen Konsequenzen." Im Nachgang zu der Tat in Hamburg müsse nun aufgeklärt werden, "warum die Waffenbehörde von einer Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnis abgesehen hat", sagte der Innenexperte den Zeitungen "Funke Mediengruppe". Psychisch kranke Personen dürften keine Schusswaffen besitzen. "Es ist gut und richtig, dass das Waffenrecht dies schon heute unmissverständlich regelt", sagte Kuhle.

Der Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Angesichts eines solchen Verbrechens müssen wir selbstverständlich schauen, ob es noch Lücken in der Gesetzgebung gibt." Da Deutschland bereits eines der strengsten Waffengesetze der Welt hat, müsse aber auch geprüft werden, ob es Defizite im Vollzug gibt. Entscheidend sei, dass das Schutzniveau tatsächlich gehoben wird. "Für eine Placebo-Politik, die nur Jäger, Sammler und Sportschützen gängelt, stehen wir nicht zur Verfügung", sagte Frei.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, forderte die Bundesregierung zu einer unverzüglichen Verschärfung des Waffenrechts sowie deutlichen Reduzierung von Waffen auf. Die private Aufbewahrung von Sportwaffen müsse ebenfalls unter die Lupe genommen werden, sagte Kopelke dem RND. Dafür müssten Vereine Vorschläge machen und das Bundesinnenministerium den rechtlichen Rahmen klären.

Am Donnerstagabend hatte ein Mann in einem Gebetshaus der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Groß Borstel auf Mitglieder der Glaubensgemeinschaft geschossen. Dabei waren acht Menschen gestorben, darunter auch der mutmaßliche Täter.

Während eines Gottesdienstes im Lübecker Dom am Sonntag hielt die evangelische Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs Fürbitte für die Opfer des Amoklaufs. "Tief erschüttert stehen wir vor den Ereignissen am vergangenen Donnerstag in Hamburg. Trauer und Schmerz, Klage und Entsetzen - all das bewegt uns zutiefst", sagte die Bischöfin. Fehrs sprach von einem "lebenzerstörenden Hass", der sich am Donnerstagabend Bahn gebrochen habe.

Ebenfalls in ihre Fürbitte schloss die Bischöfin jene Menschen ein, die nach dem Anschlag geholfen und getröstet haben: Polizei und Feuerwehr, Kriseninterventionsteams und Notfallseelsorger. "Sie haben Leid geteilt und Lasten getragen. Hilf ihnen auszuhalten, was sie erlebt haben, schenke auch ihnen den Trost, den sie in diesen Zeiten brauchen", sagte Fehrs.