TV-Tipp: "Die Drei von der Müllabfuhr: Zu gut für die Tonne"

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14. Oktober, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Drei von der Müllabfuhr: Zu gut für die Tonne"
Als dieser Film im Herbst 2021 gedreht worden ist, konnten die Beteiligten natürlich nicht ahnen, dass Deutschland nur ein Jahr später vor der wohl größten Wirtschaftskrise seiner Geschichte stehen würde.

Angesichts von Inflation und explodierenden Energiepreisen hätte Drehbuchautor Gernot Gricksch einen Satz wie "In diesem Land muss niemand hungern" womöglich nicht geschrieben. Seine eigene Meinung hat er damit ohnehin nicht zum Ausdruck gebracht. "Zu gut für die Tonne", der siebte Film aus der stets sehenswerten Reihe mit Uwe Ochsenknecht, erzählt von Menschen, die von der Hand in den Mund leben: Es geht um das sogenannte Containern, also um die Entwendung von noch genießbaren Lebensmitteln aus den Abfallbehältern der Supermärkte. Der Berliner Müllmann Werner Träsch wird mit dem Thema konfrontiert, als er einem maskierten "Dieb" gegen einen gewalttätigen Sicherheitsmann beisteht. Dessen unsympathischer Chef (Patrick von Blume) nutzt die Chance, seine Firma ins Gespräch zu bringen, und stiftet seinen Angestellten dazu an, Träsch wegen Körperverletzung anzuzeigen. Als sich rausstellt, dass es sich bei dem Dieb um den Neffen von Freundin Gabi (Adelheid Kleineidam) handelt, hat der Müllmann ein Problem: Tim (Lukas Leibe) gehört zu einer Gruppe, die weggeworfene Ware aus den Containern holt und an Bedürftige verteilt. Er könnte Werner entlasten, doch eine Vorstrafe würde seine Laufbahn auf Lehrer beenden, noch bevor sie begonnen hat. 

Sind Drehbücher derart themenorientiert, stehen Autorinnen und Autoren stets vor der Herausforderung, nicht nur ihr Anliegen, sondern auch die entsprechenden Hintergrundinformationen harmonisch in die Handlung zu integrieren. Meist lassen sie dafür Experten auftreten, die ein entsprechendes Kurzreferat halten. In diesem Fall sind das die Mitglieder von Tims Gruppe, von denen Träsch erfährt, dass pro Jahr in Deutschland 15 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden; selbstredend wird die Lehrstunde mit passender Kapitalismuskritik verknüpft. Die Berliner Tafel kooperiert zwar mit diversen Supermärkten, aber es würde sich nicht lohnen, auch die kleinen Geschäfte abzuklappern. Also gründet "Späti"-Betreiberin Gabi eine entsprechende eigene Initiative.

Im Grunde reicht das an gesellschaftlicher Relevanz, aber Gricksch hat noch ein weiteres Anliegen: Ein neuer Mitarbeiter bei der Stadtreinigung erklärt bei seiner Vorstellung, er sei ein "Transmann", also als Mann im Körper einer Frau zur Welt gekommen; deshalb habe er sein Geschlecht gewechselt. Prompt reagieren die Müllmänner verunsichert. Peter (Ole Eisfeld) wird zwar nicht gemobbt, aber geschnitten; und auf keinen Fall wollen die Kollegen gemeinsam mit ihm duschen. Für Träsch ist die Sache mit der Transsexualität zwar auch nicht recht nachvollziehbar, aber da Peter ein sympathischer Zeitgenosse ist, hat er kein Verständnis für die Reaktion: "Jeder ist doch so, wie er ist." Eine weitere Botschaft wird weniger appellativ vorgetragen, zumal es im konkreten Fall ohnehin zu spät ist: Der Freund und Kollege Ralle (Jörn Hentschel) hat Prostatakrebs in fortgeschrittenem Stadium. Trotzdem kann sich Träsch die Bemerkung nicht verkneifen: Mit Vorsorge wär’ das nicht passiert. 

Es spricht für die Qualität des Drehbuchs, dass "Zu gut für die Tonne" angesichts der diversen Themen nicht überfrachtet wirkt. Das hat auch viel mit der Umsetzung durch Hagen Bogdanski zu tun: Trotz des inhaltlichen Anspruchs behält der Film eine gewisse Leichtigkeit. Bogdanski war in den letzten dreißig Jahren bei Dutzenden Produktionen für die Bildgestaltung verantwortlich und erledigt das mittlerweile in Personalunion als Regisseur; in dieser Funktion hat er "Die Drei von der Müllabfuhr" zur dritten Episode übernommen und seither alle Filme inszeniert. Das eingespielte Ensemble ist ohnehin sehenswert, zumal ein ausgesetzter kleiner Hund für Trubel und Heiterkeit sorgt, weil er allerlei Chaos anrichtet. Das Tier hat schließlich einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass sich am Ende auf wundersame Weise alles zum Guten fügt: Sicherheitsmann Mark (Karl Schaper) ist kein schlechter Kerl, steht aber unter Stress, weil seine Mutter nach einem Unfall im Rosstuhl sitzt und nicht mehr vor die Tür will. Ein weiterer Episodengast ist Lina (Sofie Eifertinger), die mit dem Klischee aufräumt, jeder und jede könne eine Arbeit finden, wenn man nur wolle: Die junge Frau ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern. An ihrem Beispiel führen Gricksch und Bodanski vor Augen, wie der Alltag aussieht, wenn man auf "Hartz IV" angewiesen ist.