TV-Tipp: "München Mord: Schwarze Rosen"

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27. August, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "München Mord: Schwarze Rosen"
Oft sind es die Brüche, die eine Biografie erst richtig interessant machen; und davon erzählt das Autorenehepaar Friedrich Ani und Ina Jung in dieser 15. "München Mord"-Episode.

Im Mittelpunkt steht dennoch ein Verbrechen: Ein Mann hat einen Nachtclub überfallen. Dabei hat er zwar kaum Beute gemacht, doch als ihm die Besitzerin die Waffe wegnehmen wollte, hat sich ein Schuss gelöst. Bis auf den versehentlichen Todesfall passt das Muster perfekt zur Masche von Lutz Werneck (Eckhard Preuß), der wegen diverser ähnlicher Delikte einschlägig vorbestraft ist. Er hat allerdings ein Alibi, seine Observierung ist frustrierend ergebnislos; die Ermittlungen kommen nicht voran. Das ändert sich, als die Sache persönlich wird.

Es sind vor allem drei Qualitätsmerkmale, die die einst von Alexander Adolph und Eva Wehrum geschaffene Reihe seit ihrem Start (2014) zu einem Unikat im deutschen Fernsehen machen: die Verwurzelung der Geschichten in München, der zuverlässig ungewöhnliche erzählerische Ansatz sowie selbstverständlich das von Alexander Held, Bernadette Heerwagen und Marcus Mittermeier unverwechselbar verkörperte Ermittlungstrio. Weil die Beamtenlaufbahn der drei aus unterschiedlichsten Gründen über Umwege verlaufen ist, haben sie ein gewisses Verständnis für Menschen, die ebenfalls aus der Bahn geworfen worden sind. Ludwig Schaller (Held) hat ohnehin ein großes Herz für alle, die mühselig und beladen sind. Diesmal fühlt er sich zu einer Frau hingezogen, deren elegante Erscheinung so gar nicht zum Bild einer Flaschensammlerin passen will. Tatsächlich ist Anita Jandl (Jenny Schily) Spross einer vermögenden Münchener Familie, doch das erfolgreiche Möbelhaus haben weder sie noch ihr Bruder Moritz (Florian Brückner) übernommen. Sie wollte einst Chanson-Sängerin werden, er war Web-Designer und fristet sein Dasein nun als Verkäufer in einer winzigen Losbude. Auch das passt ins Bild: "Schwarze Rosen" spielt unter Menschen, die ihr ganzes Leben vergeblich vom großen Los träumen.

Aus Publikumssicht stellt sich dennoch die Frage, was das alles mit dem Raubmord zu tun hat, und darin liegt ein weiterer Reiz dieses Films, denn Ani und Jung führen die beiden Ebenen in ihrem siebten Drehbuch für die Reihe erst gegen Ende auf überraschende Weise zusammen. Dass die Ermittlungen für Flierl (Heerwagen) und Neuhauser (Mittermeier) ebenfalls kein Fall wie viele andere sind, hat gleichfalls Gründe: Sie wird niedergeschlagen, als sie einen Verdächtigen verfolgt, und landet mit Gehirnerschütterung im Krankenhaus; er verguckt sich in die attraktive Mitbewohnerin (Sarah Tonig) der Nachtclubkellnerin (Sinja Dieks), die den Tod ihrer Chefin hilflos mit ansehen musste. 

Die gelassene Umsetzung – selbst eine Verfolgungs-"Jagd" wirkt vergleichsweise entspannt – besorgte Jan Fehse, der Film ist sein fünfter Beitrag für "München Mord". Die Arbeiten des früheren Kameramanns, darunter auch einige Episoden für die vorzügliche ZDF-Reihe "Spreewaldkrimi", sind stets sehenswert; zuletzt hat er unter anderem die Tragikomödie "Geliefert" (2021, ARD) mit Bjarne Mädel als gestresster Paketbote gedreht. Zwar zeichnet sich auch "Schwarze Rosen" durch Lokalkolorit aus, doch der Film lebt im Unterschied zu vielen sonstigen Münchner G’schichten nicht vom verblasstem Glamour der Schickeria-Jahre: Die Handlung trägt sich größtenteils in Gegenden zu, die fernab von den typischen Tourismusrouten liegen; sehenswürdig ist hier auf den ersten Blick rein gar nichts. Auf den zweiten fallen die Menschen dafür umso mehr ins Auge. Fehse hat die von gegenseitiger Sympathie geprägten Gespräche zwischen Schaller und der grundsätzlich düster gekleideten verhinderten Sängerin wie einen Schmetterlingstanz inszeniert; für den Kommissar ist sie die "schwarze Rose von Giesing". Ausstattungsschmankerl sind auch die gastronomischen Betriebe. Das gilt neben dem schreiend bunten Nachtclub insbesondere für das nach seinem Wirt benannte "Glorias", eine barocke Schlagerkneipe, in der sich tagein, tagaus allerlei menschliches Strandgut sammelt. Hier erlebt der Film seinen künstlerischen Höhepunkt, als Schaller Anita zu Ehren Sacha Distels Klassiker "Die Frau mit dem einsamen Herzen" zum Besten gibt.