TV-Tipp: "Der Fluss ist sein Grab. Ein Krimi aus Passau"

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7. April, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Fluss ist sein Grab. Ein Krimi aus Passau"
Kommissarin Bader, ihre Adoptivtochter Mia und Privatdetektiv Zankl bewegen sich weiter im Drogen- und Unterwelt-Milieu der Drei-Flüsse-Stadt. Eine wichtige, aber schwer durchschaubare Rolle spielt der Bruder eines berüchtigten Clan-Chefs.

Mit der Suche nach einem vermeintlichen Serienmörder hat sich der vor einer Woche ausgestrahlte dritte "Passau-Krimi" in den üblichen Reihenalltag einsortiert. Die ständige Angst aus dem Auftakt, als eine Berliner Kommissarin Frederike Bader (Marie Leuenberger) und ihre Adoptivtochter Mia (Nadja Sabersky) im Rahmen des Zeugenschutzprogramms vor dem arabischen Bahdari-Clan nach Niederbayern fliehen mussten, spielte keine Rolle mehr.

Erst am Ende kehrte sie zurück, weil ein Vater mit libanesischen Wurzeln den Privatdetektiv Zankl (Michael Ostrowski) bat, das Schicksal seines verschwundenen Sohnes aufzuklären; jenes Mannes also, den die Familie auf Frederike Bader angesetzt und den Zankl getötet hatte. Die Leiche haben die beiden gemeinsam im Fluss entsorgt. Der Vater heißt ebenfalls Bahdari; er ist der Bruder des Clanchefs.

Das allein wäre bereits Voraussetzung für eine packende Krimigeschichte, aber Vershinin, der bislang alle Drehbücher für die Reihe geschrieben hat, setzt noch eins drauf, denn "Zu jung zu sterben" endete mit einem doppelten Cliffhanger: Konditorin Hertel (Bettina Mittendorfer), die sich rührend um Mia gekümmert hatte, ist von einem Junkie überfallen und schwer verletzt worden. Mia, die Journalistin werden will, wittert eine Story und recherchiert auf eigene Faust im Passauer Drogenmilieu.

Auf diese Weise besteht "Der Fluss ist sein Grab" aus gleich zwei fesselnden Handlungsebenen, zumal Frederike von beiden betroffen ist: Zankl und sie fragen sich, ob der Libanese bloß so tut, als habe er keine Ahnung, mit welcher Aufgabe sein Sohn nach Passau geschickt worden ist, oder ob er ein perfides Spiel mit ihnen treibt. Dass Adil Bahtari (Husam Chadat) überhaupt in die Dreiflüssestadt gekommen ist, hängt mit einem Zufallsfund zusammen: Ein ehrlicher Angler hat die kostbare und dank einer Gravur eindeutig zuzuordnende Uhr von Bahtari junior entdeckt und den Hersteller kontaktiert. Der Prolog mit seinen faszinierenden Unterwasseraufnahmen und einer Perspektive, die den Wechsel der Jahreszeiten illustriert, ist ein echtes bildgestalterisches Kleinod.

Während die Spannung des Handlungsstrangs mit dem Vater zunächst eher hintergründiger Natur ist, weil das Drehbuch offen lässt, ob Bahdari nicht vielleicht doch gemeinsame Sache mit seinem verbrecherischen Bruder macht, ist die zweite Ebene Thriller pur. Eigentlich war Frederike schon drauf und dran, die Zelte in Passau abzubrechen, aber Mia hat keine Lust, sich schon wieder zu entwurzeln und anderswo erneut bei Null anzufangen. Angesichts der möglichen Bedrohung haben die beiden Frauen verabredet, dass sie beide ständig erreichbar sind und sich regelmäßig melden, aber als sich die zukünftige Reporterin an die Fersen eines Dealers heftet, der sie prompt in ein Crystal-Meth-Labor führt, kann sie natürlich nicht mehr ans Telefon.

Für den Film ist es ein echter Gewinn, dass Nadja Saberskys Mia wieder zur gleichberechtigten zentralen Figur neben Zankl und ihrer Mutter wird. Die wiederum steckt schließlich in einem echten Dilemma, denn sowohl die Adoptivtochter wie auch der Privatdetektiv brauchen ihre Hilfe. Bahtari ist Schneider, macht einen harmlosen Eindruck und hat offenbar tatsächlich keine Ahnung, wer Frederike in Wirklichkeit ist. Aber im Libanon war der Mann Polizist, und verständlicherweise mag er es gar nicht, wenn man ihn für dumm verkauft, was schließlich auch Zankl in eine brenzlige Lage bringt.

Die Umsetzung des Drehbuchs besorgte wie schon bei "Zu jung zu sterben" Andreas Herzog. Der erste der beiden neuen Filme war zwar keine Zeitverschwendung, erreichte aber längst nicht die Intensität des Auftakts aus dem Herbst 2020. Der zweite wirkt dank des konstant hohen Spannungsniveaus wesentlich kompakter, zumal Vershinin diesmal auch auf die heiteren Elemente verzichtet hat, selbst wenn Zankl nach wie vor eine potenziell komische Figur ist.

Der Privatdetektiv ist überzeugt, dass Bahtari seine Suche nach ein paar Tagen aufgeben werde, und spielt daher mit allerlei halbseidenen Manövern auf Zeit. Xenia Tilling, die zuletzt als flatterige Kommissarin Hermine Grill einige witzige Akzente gesetzt hat, wirkt diesmal gar nicht mit.

Thriller-Höhepunkt ist Mias Besuch in der Höhle des Löwen, wo sie schließlich Zeugin eines Mordes wird. Gleichzeitig scheint auch Zankl in Lebensgefahr zu schweben, weil Bahdari seine Absicht durchschaut und plötzlich eine Pistole in der Hand hat: Der Prophet lehre zwar, dass man seinem Übeltäter vergeben soll, aber dem Mörder seines Sohnes könne er unmöglich vergeben.