TV-Tipp: "Steirertod"

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13. November, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Steirertod"
"Alles nicht so ernst gemeint", signalisiert die Musik, steht damit allerdings in krassem Gegensatz zu den Bildern, als ein Junge auf einem Golfplatz einen Arm entdeckt. Der Rest der Leiche findet sich bald darauf ebenfalls: eine Frau, Anfang zwanzig, mit auffallend großen Brustimplantaten, vergewaltigt und erwürgt.

Sandra Mohr (Miriam Stein) vom Grazer LKA geht von aus, dass sie Prostituierte war. Einige Monate zuvor hat es einen ganz ähnlichen Fall gegeben, im Archiv findet sich gar ein dritter Mord, Opfertyp und Begleitumstände lassen auf einen Serientäter schließen. Mohrs Vorgesetzter, Sascha Bergmann (Hary Prinz), hält die Schlussfolgerung jedoch für voreilig.

Der Chefinspektor ist allerdings nicht recht bei der Sache, hat er sich doch auf den Posten des Landespolizeidirektors beworben. Den Job macht nun ausgerechnet eine frühere Liebschaft: Nicole Sturm (Bettina Mittendorfer) war zu Ausbildungszeiten sogar mit Bergmann verlobt; bis er eine andere schwängerte. Das sind selbstredend nicht die besten Voraussetzungen für eine gedeihliche Zusammenarbeit, weshalb bei den ersten Begegnungen in der Tat der eine oder andere Giftpfeil durch Sturms Büro fliegt, was diesem Steirerkrimi dem todernsten Fall zum Trotz eine heitere Note gibt; bis Regisseur Wolfgang Murnberger und Ehefrau Maria, die auch das fünfte Steirer-Drehbuch gemeinsam geschrieben haben, für einen Schock sorgen, der jede Heiterkeit vertreibt. Fortan wandelt sich „Steirertod“, diesmal nur nach Figuren von Romanautorin Claudia Rossacher entstanden, zu einem Thriller, der einige Male für echte Hochspannung sorgt.

Der ORF zeigt die Filme aus Steiermark im Rahmen seiner „Landkrimis“. Die Reihe läuft ansonsten im ZDF, manchmal auch nur auf 3sat. Bei den Steirerkrimis hat jedoch das „Erste“ zugegriffen, und weil die ARD-Tochter Degeto als Koproduzentin maßgeblichen Einfluss nimmt, pflegen die österreichischen Mitwirkenden einen Dialekt, dem man auch im deutschen Norden folgen kann; das ist bei den anderen Episoden nicht immer der Fall. Handwerklich bewegen sich die Filme ohnehin stets auf hohem Niveau. Die im Unterschied zu den meist düsteren „Landkrimis“ als Reihe innerhalb der Reihe konzipierten Filme mit Stein und Prinz zeichneten sich zudem durch eine besondere Note aus: Mohr hat eine Beziehung zu Bergmanns Sohn (Johannes Nussbaum), von dem sie auch ein Kind erwartet. Kurz vor ihrem Abschied in den Mutterschutz arbeitet sie im Innendienst, kann es aber natürlich lassen, auf eigene Faust zu ermitteln.

Murnberger ist hierzulande vor allem durch Komödien wie „Die Spätzünder“ bekannt geworden, aber in „Steirertod“ zieht er auch mit Hilfe der Musik (Roman Kariolou), die die Spannung zum Finale auf die Spitze treibt, alle möglichen Thrillerregister. Unter normalen Umständen hätte die Zusammenarbeit Bergmanns mit einer neuen Kollegin (Anna Unterberger) viel komisches Potenzial gehabt: Der Chefinspektor ist ein notorischer Schürzenjäger. Gerade bei diesem komplizierten Fall hat er allerdings gar keine Lust auf eine junge Frau, die frisch von der Polizeischule kommt; selbst wenn sie dort Jahrgangsbeste war. Tatsächlich unterläuft der Ermittlerin ein Anfängerfehler, der dem Täter zur Flucht verhilft. Davon abgesehen zeigt sich jedoch bald, dass Mohrs Nachfolgerin Anni Sulmtaler einen ähnlich scharfsinnigen Blick fürs Detail hat wie ihre Vorgängerin, was sie prompt in große Gefahr bringt, als sie wie zuvor schon Mohr vermutet, dass die Birkensamen aus den Haaren eines der Opfer ein Hinweis auf den Tatort sind.

Das Finale, als Anni das Versteck des Mörders und dort sein gefesseltes jüngstes Opfer findet, ist die Krönung dieses packenden und auch darstellerisch sehenswerten Krimis. Lara Mandoki, im „Erzgebirgskrimi“ des ZDF die freche Blonde an der Seite des Hauptdarstellers, ist nicht nur wegen ihrer ungarischen Wurzeln und einem entsprechenden Akzent eine gute Besetzung als Objekt der Killerbegierde. Wolfgang Rauh wiederum verkörpert den Prostituiertenmörder unangenehm glaubwürdig als gefühllosen Täter, der sich unerkannt in einer Polizistenkneipe unter die Beamten mischt und so stets auf dem neuesten Stand der Ermittlungen ist. Hary Prinz darf seinen Chefinspektor mal von einer anderen Seite zeigen, und Anna Unterberger ist ohnehin eine Bereichung für jeden Film. Die Südtirolerin war in den ersten Episoden der ZDF-Reihe „Die Toten von Salzburg“ als Ärztin und Geliebte des Ermittlers beteiligt und hat 2018 eine ihrer besten Rollen als Freundin des Titelhelden im ARD-Film „Gundermann“ gespielt.