TV-Tipp: "Der Irland-Krimi: Das Verschwinden"

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TV-Tipp: "Der Irland-Krimi: Das Verschwinden"
25. März, ARD, 20.15 Uhr
Die ersten "Irland-Krimi" hat die ARD im Herbst 2019 ausgestrahlt. Die Zuschauer von damals werden sich vermutlich noch gut an die Hauptfigur erinnern, zumal Désirée Nosbusch als gebrochene deutschstämmige Kriminalpsychologin Cathrin Blake sehr eindrucksvoll war.

Wie auch bei anderen Donnerstagskrimis im "Ersten" hat das Drehbuchduo Christian Schiller und Marianne Wendt damals zwei Geschichten miteinander verknüpft. Eine war in sich abgeschlossen, die andere zieht sich seither durch sämtliche Episoden: Cathrins Ex-Chef Kelly (Declan Conlon) will endlich den Drogenboss William Joyce (Dave Duffy) zur Strecke bringen; als Kronzeuge soll ein Kollege fungieren, der dem Gangster als Maulwurf diente. Wer das nicht mehr vor Augen hat, wird sich vorkommen wie jemand, der erst zur dritten Folge in eine Serie einsteigt, denn die Vorgeschichte wird nicht mal in Nebensätzen nachgereicht. Sie ist ohnehin bei weitem nicht so fesselnd wie zentrale Handlung: In der Nacht des Samhain-Festes, dem irisch-keltischen Halloween-Vorläufer, wird ein Teenager entführt. Der verwitwete Vater (Jonathan Delaney Tynan) ist außer sich vor Sorge. Er ist überzeugt, dass sich Holly (Abby Fitz) in der Gewalt eines Nachbarn befindet, und Cathrin muss sich auf eine riskante Scharade einlassen.

Für die Umsetzung der Drehbücher, die wieder von Schiller und Wendt stammen, war das gleiche Team verantwortlich wie bei den Dreharbeiten 2018, weshalb auch der Stil der gleiche ist: Regisseur Züli Aladag und Kameramann Roland Stuprich haben mit grauen, betont unbunten Bilder für eine düstere Atmosphäre gesorgt, die durch die ausgezeichnete Musik von Sebastian Fillenberg untermalt wird. Die Filme orientieren sich also erneut an der Machart klassischer BBC-Dramen; das muss man mögen. Die schnörkellose Inszenierung sowie die an Höhepunkten zunächst recht rare Handlung haben zudem zur Folge, dass "Das Verschwinden" reichlich spannungsarm ist. Vielleicht hat Aladag die Entführungsszene auch deshalb gleich dreimal verwendet: zunächst als Prolog, dann ein zweites Mal, als Holly in der Rückblende mit einer Freundin ein Konzert besucht und sich anschließend vom Sänger der Band nach Hause bringen lässt, und schließlich zum Schluss, um zu zeigen, was in dieser Nacht wirklich geschehen ist. Seltsam auch, dass die Polizei weder mit Hollys Freundin spricht noch nach Zeugen der Entführung sucht. Natürlich stellt sich raus, dass Holly schon lange nicht mehr Daddys kleine Tochter ist. Ein kleiner Knüller ist immerhin die verblüffende Erkenntnis, dass das Drehbuchduo kurz nach Beginn der Rückblende eine raffinierte falsche Fährte gelegt hat.

Trotzdem kann die dritte Episode ähnlich wie schon die zweite nicht das Versprechen des Auftaktfilms einlösen. Die irischen Schauspieler sind zwar erneut gut ausgewählt und sehr markant, aber die deutschen Mitwirkenden haben mit Ausnahme von Nosbusch wenig bis gar nichts zu tun: Mercedes Müller ist als uniformierte Polizistin unterfordert, und Rafael Gareisen muss als Cathrins Sohn zornig und koksend mit seiner Vergangenheit hadern, ist ansonsten aber überhaupt nicht in die Handlung integriert. Im Grunde bleibt auch Nosbuschs schauspielerischer Aktionsradius über weite Strecken auf eine bekümmerte Miene reduziert. Das lässt sich zumindest erklären, schließlich weiß Cathrin, die den Kummer über den Verlust ihres Mannes in Alkohol ertränkt hat, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren.

Größeres Manko ist allerdings die Ebene mit dem Kronzeugen, die auch aus einem anderen Film stammen könnte, weil sie völlig zusammenhanglos nebenher läuft. Irgendwann kommt’s zwar zu einem großen Geballer, weil die Killer des Drogenbosses den Ex-Polizisten beseitigen wollen, aber seltsamerweise ziehen sie wieder ab, ohne ihr Werk zu vollenden. Schade auch, dass der Samhain-Brauch nicht weiter vertieft wird; der Festtag, an dem sich das Tor zur Welt der Toten öffnet, ist dem mexikanischen Día de los Muertos weitaus näher als dem amerikanischen Halloween. Die Aufnahmen der abweisend kargen Landschaft passen allerdings ausgezeichnet zu den gelegentlichen mystischen Einsprengseln. Sehenswert ist auch der Vater-Darsteller Jonathan Delaney Tynan. Die Leistungen der anderen einheimischer Darsteller sind dagegen zum Teil genauso überschaubar wie die Komplexität ihrer Figuren. Die Qualität der akustischen Ebene ist ohnehin wie bei vielen Auslandskrimis durchwachsen, weil nicht alle Synchronschauspieler die Qualität von Tynan-Sprecher Philipp Moog haben.