Minister Müller und Unicef fordern mehr Hilfe für Kinder in Syrien

 syrischer Junge verkauft Blumen auf der Straße in Beirut
©Hussein Malla/AP/dp
Laut Unicef sind fast 90 Prozent der syrischen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen. Ein aus seiner Heimatstadt Hassakeh vertriebener syrischer Junge verkauft Blumen auf der Straße in Beirut und hält eine Spielzeugwaffe.
Minister Müller und Unicef fordern mehr Hilfe für Kinder in Syrien
Vor der Syrienkonferenz hat Bundesentwicklungsminister Müller mehr finanzielle Unterstützung für die syrische Bevölkerung gefordert. Zehn Jahre nach Kriegsbeginn in Syrien sei die Lage der Menschen dramatischer denn je, warnt auch Unicef.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat die Geberländer zu mehr Engagement für die notleidenden syrischen Kinder und Flüchtlinge aufgefordert. "Nach zehn Jahren Krieg steht Syrien vor einer Hungerkatastrophe", warnte er am Mittwoch auf einer gemeinsamen digitalen Pressekonferenz des Bundesentwicklungsministeriums und des UN-Kinderhilfswerks Unicef. Derzeit fehle ein Betrag von 5,4 Milliarden Dollar (rund 4,54 Milliarden Euro), um das Überleben der Menschen in Syrien und den Nachbarländern zu sichern.

 

Der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider, erklärte, nach fast einem Jahrzehnt Gewalt sei die Lage der Kinder in Syrien heute schlimmer als je zuvor. Laut Unicef sind fast 90 Prozent der syrischen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen. Am 15. März jährt sich der Aufstand in Syrien zum zehnten Mal, der den Beginn des Konfliktes markierte.

Entwicklungsminister Müller rief die Weltgemeinschaft auf, "internationale Solidarität zu leisten, die Kinder und Flüchtlinge nicht sterben zu lassen". Insgesamt 9,8 Milliarden Dollar (rund 8,24 Milliarden Euro) seien nach Berechnungen der Vereinten Nationen notwendig, um das Überleben der syrischen Bevölkerung und der Flüchtlinge im Land selbst sowie in den Nachbarstaaten sicherzustellen. Davon seien bislang nur 4,4 Milliarden Dollar gedeckt. Die fehlende Summe bereitzustellen sei das mindeste, was die internationale Staatengemeinschaft beitragen müsse, forderte Müller: "Ansonsten sagen wir 'Ja' zu Sterben und Verhungern." Wenn das Geld nicht da sei, würden Essensrationen gekürzt sowie Impf- und Schulprogramme ausgesetzt.

Syrien, Idlib: Der 7-jährige Abdel Karim Hassan (M) und der 5-jährige Abdel Aziz Juanid schützen sich in einem ausgeschlachteten Kühlschrank vor dem Regen, auf einer von Familie Junaid betriebenen Deponie für Artillerie- und Munitionsreste.

Schneider sagte, die Verarmung der syrischen Bevölkerung nehme dramatisch zu. Besonders schlimm sei die Lage der Zivilbevölkerung im Nordwesten Syriens. Viele Kinder müssten dort inzwischen arbeiten, um ihr Überleben zu sichern. Der Unicef-Regionaldirektor Mittlerer Osten und Nordafrika, Ted Chaiban, erklärte, nach aktuellen Schätzungen litten bereits eine halbe Million syrischer Kinder an chronischer Mangelernährung. Rund 12.000 Kinder seien seit Kriegsbeginn getötet oder verletzt worden.

Der Konflikt habe zudem zu einer der schlimmsten Bildungskatastrophen in der jüngeren Geschichte geführt, erklärte Chaiban. Fast 2,5 Millionen Kinder in Syrien und 750.000 geflüchtete Mädchen und Jungen in den Nachbarländern könnten derzeit keine Schule besuchen.

Auch deutsche Hilfsorganisationen riefen anlässlich des zehnten Jahrestages des Krieges zu mehr Unterstützung für die Kinder in Syrien auf. Das Land brauche "endlich einen international abgesicherten Frieden und eine Verfassung, die die Zivilbevölkerung am Wiederaufbau des Landes und an der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen beteiligt", forderte die Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe Katrin Weidemann. Der Generalsekretär von Malteser International, Clemens Graf von Mirbach-Harff, sagte, fast eine Generation des Landes sei unter schrecklichen Bedingungen im Krieg herangewachsen. Die Hilfen müssten noch mehr auf diese Generation gerichtet werden, denn sie sei die Zukunft des Landes. Das kirchliche Hilfswerk Misereor in Aachen forderte einen Strategiewechsel gegenüber dem Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.