Der Kirchenlieder-Macher Fritz Baltruweit

Pastor Fritz Baltruweit macht auch im Ruhestand Musik
©epd-bild/Stefan Arend
Großer Auftritt: Fritz Baltruweit bei der Eröffnung des Kirchentags 2017 in Berlin. Seine Songs sind inzwischen moderne Klassiker.
Der Kirchenlieder-Macher Fritz Baltruweit
Pastor Fritz Baltruweit will trotz Ruhestand die Gitarre nicht weglegen
Seine Songs sind inzwischen moderne Klassiker in Gottesdiensten oder bei Kirchentagen. Jetzt geht der Liedermacher Fritz Baltruweit als Pastor in den Ruhestand. Auf der Bühne will er aber weiter stehen.

Seine Songs haben eine ganze Generation von Kirchentagsbesuchern geprägt. Die Melodien von Fritz Baltruweit (65) sind in Gottesdiensten und Messen inzwischen moderne Klassiker, geadelt durch die Aufnahme ins offizielle Gesangbuch. "Das ist schon ein tolles Gefühl, wenn ich ein Lied anstimme, und alle kennen das", sagt der evangelische Pastor aus Hildesheim. Als solcher wurde er jetzt in den Ruhestand verabschiedet - die Gitarre aber will er noch lange nicht an den Nagel hängen.

Fritz Baltruweit erzählt aus seinem Alltag als Urlaubsseelsorger

Mehr als 1000 Lieder hat Baltruweit bisher geschrieben und etwa die Hälfte davon auch selbst getextet. Längst haben sie die Konfessionsgrenzen überschritten. Sein bekanntestes Lied "Gott gab uns Atem, damit wir leben" wurde auch ins katholische "Gotteslob" aufgenommen.

In der Tradition von Wader und Mey

Für einen anderen seiner Hits griff er auf einen Text des jüdischen Religionsphilosophen Shalom Ben-Chorin (1913-1999) zurück: "Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt". Ben-Chorin staunte einst darüber, dass ihm bei Vorträgen und Kirchentagen in Deutschland aus tausend Kehlen sein eigenes Gedicht entgegenschallte, das zum "Volkslied" geworden sei. Das Lied erklang auch bei der Trauerfeier für den Schriftsteller in Jerusalem.

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Baltruweit sieht sich als Liedermacher in der Tradition von Hannes Wader oder Reinhard Mey. Das Singen lernte der Sohn eines Diakons und frühere Pfadfinder im Knabenchor Hannover. Schon als Jugendlicher schrieb er in den 70er Jahren die ersten Songs zur Gitarre, die damals noch gar nicht kirchlich waren. Irgendwann lud ihn eine Musikgruppe namens "Kirchenwecker" zum Mitmachen ein. Dass Pastoren sich im Talar eine Gitarre um den Hals hängten, war damals revolutionär. Seit 1977 ist er mit seiner "Studiogruppe Baltruweit" auf Kirchentagen und weiteren Großveranstaltungen und in Konzerten unterwegs.

Gänsehaut beim Kirchentag

Im Hauptberuf hat er 36 Jahre als Pastor gearbeitet, die Hälfte davon an der kirchenmusikalischen Fortbildungsstätte Michaeliskloster in Hildesheim. Davor war er unter anderem Studienleiter im Kloster Loccum bei Nienburg und kirchlicher Programmleiter bei der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover.

Mit einem Festgottesdienst in der Michaeliskirche in Hildesheim wurden am 28.8.2004 Fritz Baltruweit und Christina Tergau-Harms als Referenten und Jochen Arnold, als Direktor des Zentrums für Gottesdienst und Kirchenmusik, durch Landesbischöfin Margot Käßmann (v.li.n.re) in ihre Ämter eingeführt.

Klassisch ausgebildete Kirchenmusiker blickten anfangs etwas abschätzig auf den komponierenden Pastor aus Niedersachsen. Doch das hat sich gelegt. "Dadurch, dass ich im Gesangbuch vertreten bin, gibt es eine gewisse Ehrfurcht." Inzwischen spielen die Kirchenmusiker Baltruweits eingängige Songs auch auf der Orgel.

Mit einem Gefühl von Gänsehaut denkt Baltruweit noch immer an den Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin zurück, als 200.000 Menschen seine Lieder mitsummten: "Beim Kirchentag kann man Klangerfahrungen machen, die man sonst nicht hat." Genauso bewegend findet er es, unerkannt im Gottesdienst in einer Kirchenbank zu sitzen, während die Menschen um ihn herum ein Lied aus seiner Feder anstimmen.

Es geht ums Mitsingen

Mehr als 50 Platten und CDs sowie vier Liederbücher sind das Ergebnis seines musikalischen Schaffens. Kommerziellen Erfolg hat Baltruweit damit nie gehabt und auch nicht angestrebt. Als Pastor wirtschaftlich abgesichert, verzichtet er bei seinen Konzerten auf Gagen. "Ich mache das, damit die Leute mitsingen." Nur seine drei Begleitmusiker, allesamt freiberufliche Profis, erhalten ein Honorar. "Ich möchte durch das, was ich mache, die Menschen zu den wesentlichen Wurzeln ihres Lebens bringen", betont Baltruweit. "Auf ganz andere Weise, als eine Wortpredigt es kann."

Für die nächste Zeit hat er schon zahlreiche Projekte geplant. Zunächst einen großen Weihnachtsgottesdienst mit Bischof Ralf Meister im Zoo Hannover - sofern die Corona-Lage es zulässt. Dann zwei Rundfunkgottesdienste mit dem Deutschlandfunk. Und eine neue CD will er auch herausbringen. "Ich freue mich schon darauf, in Ruhe wieder etwas Neues schreiben zu können."