TV-Tipp: "Inga Linström: Verliebt in meinen Chef"

Altmodischer Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Inga Linström: Verliebt in meinen Chef"
9.6., ZDF, 20.15 Uhr
Die romantische Komödie wird zwar nicht lange in Erinnerung bleiben, ist aber auch keine Zeitverschwendung. Der Film erzählt zwei Liebesgeschichten, die eins gemeinsam haben: Eine Frau empfindet tiefe Zuneigung für einen Mann in nächster Nähe, traut sich jedoch nicht, ihm ihre Gefühle zu gestehen.

Heldin des Hauptstrangs ist Anna Lund (Ellenie Salvo Gonzalez), Assistentin eines Stockholmer Auktionators. Ihr Chef Sven (Markus Brandl) ist seit einiger Zeit Witwer. Anna hat ihm nicht nur über die Trauer hinweggeholfen, sie ist auch mehr als bloß die gute Seele des Betriebs. Sven weiß das zu schätzen, betrachtet sie jedoch nur als gute Freundin. Aus Angst, das gute Verhältnis zu belasten, will Anna weder sich selbst geschweige denn ihm ihre Liebe gestehen, zumal sie überzeugt ist, eh nicht sein Typ zu sein. Die zweite Ebene erzählt von Annas Vater, Carl (Helmut Zierl), und seinem Verhältnis Beziehung zur Nachbarin: Künstlerin Lotta (Fanny Stavjanik) ist in seinen Augen ein bisschen chaotisch, weshalb er immer wieder zu erzieherischen Maßnahmen greift. Trotzdem ist sie ihm durchaus zugetan.

Sehenswert sind diese beiden Allerweltsgeschichten, weil Matthias Kiefersauer (Buch und Regie) die überschaubare Handlung um viele Ideen ergänzt. Die beste ist eine Anleihe bei "Cyrano de Bergerac": Um nicht länger leiden zu müssen, will Anna ihren Chef mit einer Freundin verkuppeln. Die etwas oberflächliche Sophie (Merle Collet) wäre auch nicht abgeneigt, aber dummerweise hat sie völlig andere Interessen als Sven, der für Rachmaninow schwärmt und gern ins Theater geht. Also macht sich Anna zur Regisseurin der Beziehung und bereitet Sophie detailliert aufs erste Date vor. Treffendes Pendant zur Verfilmung mit Gérard Depardieu ist eine Szene, in der das verkuppelte Paar ein Videotelefonat führt, bei dem Anna ihre Freundin regelrecht inszeniert.

Es gibt eine ganze Reihe solcher sympathischer Einfälle, die Kiefersauer zudem angemessen kurzweilig umgesetzt hat. Sehr schön ist zum Beispiel ein Date Svens, bei dem die offenbar sehr willige Dame (Kathrin Osterode) exakt jene körpersprachlichen Signale aussendet, die Anna zuvor prophezeit hat; und natürlich kommen Sven diese Gesten nun völlig übertrieben und gar nicht mehr verführerisch vor. Sichtlich Spaß an seiner Rolle hatte auch Helmut Zierl als stocksteifer Umstandskrämer und Korinthenkacker, der der rothaarigen Lotta – Lebensmotto: "Die Einen haben recht, die Anderen haben Spaß" – dauernd Vorträge hält. Warum sie diese Nervensäge trotzdem "sausüß" findet, bleibt zunächst ein Rätsel; bis Carl unwissentlich einen ganzen Teller Haschplätzchen vertilgt und sich vorübergehend in einen zwar etwas albernen, aber von allen Prinzipien befreiten und durchaus sympathischen Zeitgenossen verwandelt.

Seine Hauptdarstellerin hätte der Regisseur allerdings etwas bremsen können. Ellenie Salvo Gonzalez ist durch ihre Hauptrolle in der RTL-Comedyserie "Sekretärinnen" (2013) bekannt geworden, und so ähnlich legt sie auch Anna an: mit ganz viel Zähnezeigen und von links nach rechts kullernden großen braunen Augen. Mit der Darstellerin von Annas attraktiver Schwester Katharina hat "Verliebt in meinen Chef" hingegen eine echte Entdeckung zu bieten: Anna Puck bewirbt sich mit ihrer zwar unaufdringlichen, aber dennoch unübersehbaren Präsenz nachdrücklich für eine "Herzkino"-Hauptrolle, die sie dann als Sprungbrett für eine Karriere nutzen wird.

Zum guten Gesamteindruck gehören neben den flotten Dialogen nicht zuletzt auch die Schauplätze: Anna lebt auf einem schmucken Hausboot, Carl und Lotta wohnen in traumhaft gelegenen Häusern auf dem Land. Im Gegensatz zu diesen Details, die für die Geschichte nicht wichtig sind, hat eine andere Kleinigkeit entscheidenden Anteil am Happy End. Das gerät vorübergehend in Gefahr, als Anna ihren Job kündigt, aber es hat natürlich seinen Grund, warum Svens Sohn gleich zu Beginn auffällt, dass Anna ihr "i" beim Schreiben mit einem sehr individuellen Tüpfelchen zu versehen pflegt.