TV-Tipp: "Die Drei von der Müllabfuhr: Mission Zukunft" (ARD)

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TV-Tipp: "Die Drei von der Müllabfuhr: Mission Zukunft" (ARD)
29.5., ARD, 20.15 Uhr
Die ersten Filme über die Drei von der Berliner Müllabfuhr waren vor allem eine Hommage an diese Könige der Stadtstraße, die sich um die Kehrseite der Zivilisation kümmern; außerdem spielte das Privatleben von "Käpt’n" Werner Träsch eine wichtige Rolle.

Neben dem ungewöhnlichen Hintergrund lebten die Geschichten vor allem von Hauptdarsteller Uwe Ochsenknecht, der den Chef des Trios vom Mülljöh mit großem Herzen und entsprechend sympathisch verkörpert hat. Da die Figuren nun eingeführt sind, können sich die Geschichten mit anderen Dingen befassen, die nur indirekt mit der Müllentsorgung zu tun haben. In dieser Hinsicht folgt "Mission Zukunft" dem gleichen Schema wie die Freitagsreihen "Die Eifelpraxis", "Praxis mit Meerblick" oder "Die Inselärztin": Dort kümmern sich die medizinischen Heldinnen auch stets um das Seelenleben ihrer Patienten.

Diese Rolle spielt in der dritten Episode (Buch: Toks Körner, Christian Krüger, Sebastian Bleyl) ein 16-jähriger Schüler, der auf den ersten Blick dem typischen Klischee des pubertierenden Teenagers entspricht: aufsässig, respektlos, großmäulig, arbeitsscheu. Das erste Aufeinandertreffen von Dennis (Ben Litwinschuh) mit Träsch und seinen Kumpanen endet schmerzhaft: Bei einer Schulhof-Demo im Rahmen von "Fridays for Future" zündet der Junge einen Müllcontainer an und wirft Werner einen Böller zwischen die Füße. Als sich der Käpt’n mit einer Ohrfeige revanchiert, die umgehend im Internet landet, verdonnert die Rektorin die beiden Streithähne zu einer besonderen Strafe: Dennis soll ein einwöchiges Praktikum bei der Müllabfuhr machen; natürlich auf dem "Bock" von Werner. Dessen Chef (Rainer Strecker) hält das für eine ausgezeichnete Gelegenheit, um den nach der Ohrfeige lädierten Ruf der Müllentsorger wieder aufzupolieren, und ruft die titelgebende "Mission Zukunft" aus; Träsch und seine Kollegen Ralle (Jörn Hentschel) und Tarik (Aram Arami hat Daniel Rodic ersetzt) sollen mit Dennis entsprechende Image-Videos drehen.

Wie es weitergeht, kann man sich denken: Der Junge zeigt sich zunächst von seinen schlechtesten Seiten, ist aber im Gegensatz zu den drei Müllmännern internetaffin. Als er nach und nach auftaut, stellt sich raus, dass ihn der Tod seines Vaters aus der Bahn geworfen hat. Seine Mutter (Claudia Mehnert) ist mit der Erziehung überfordert, zumal Dennis die Schule abbrechen will. Zu allem Überfluss ist er auch noch verliebt. Die hübsche Selma (Lara Aylin Winkler) ist im Gegensatz zu ihm sehr zielstrebig, fürchtet aber um ihren Abschluss, weil sie ihrem verwitweten Vater (Bülent Sharif) in der Backstube helfen muss. Außerdem erzählt das Autorentrio auf der horizontalen Ebene die Liebesgeschichte von Werner weiter: Der scheinbar unverwüstliche Müllmann hat den schon länger zurückliegenden Tod seiner Frau immer noch nicht überwunden, weshalb Freundin Gabi (Adelheid Kleineidam) die Beziehung beendet.

Die Geschichte mag nicht den Anspruch eines Mittwochdramas im "Ersten" erfüllen, aber die humanistische Haltung der Protagonisten und ihr Engagement ohne Eigennutz ist aller Ehren wert. Nur notorische Nörgler werden sich an einigen unrealistischen Details stören: Die tiefenentspannten Müllkutscher können problemlos ausgiebig von ihrer Tour abweichen, ohne Ärger zu bekommen, und dass sich ein Praktikant bei voller Fahrt ungesichert auf dem schmalen Rost am Heck des Müllautos aufhalten darf, würde vermutlich jeden Versicherungsschutz erlöschen lassen; aber spätestens gegen Ende nimmt die Geschichte ohnehin Züge eines Märchens an.

Handwerklich bewegt sich der Film zudem auf hohem Niveau, selbst wenn wie in vielen Freitagsproduktionen der ARD-Tochter Degeto zu viele gefühlvolle Poposongs für Emotionen sorgen sollen; dabei ist die ebenfalls sehr sanfte Filmmusik (Biber Gullatz, Lukas Kiedaisch) auch sehr schön. Sehenswert ist "Mission Zukunft" jedoch vor allem wegen der ausnahmslos guten darstellerischen Leistungen. Bei einem Profi wie Ochsenknecht ist das nicht weiter überraschend, aber gerade die beiden jungen Mitwirkenden sind von Hagen Bogdanski (Regie und Kamera) ausgezeichnet geführt worden. Ben Litwinschuh ist schon vor einigen Jahren sehr positiv in dem Debütdrama "Im Spinnwebhaus" (2015) aufgefallen; der Film erzählte mit eindrucksvollen Schwarzweißbildern die Geschichte dreier verwahrloster Kinder. Garantiert am Beginn einer vielversprechenden Karriere steht außerdem Lara Aylin Winkler, die schon zuletzt in der Neo-Serie "Deutscher" starke Akzente gesetzt hat.