Die verschobene Konfirmation

Jungen bei der Konfirmation
© epd-bild/Jens Schulze
Aufgrund des Corona-Virus‘ müssen viele Konfis auf die Einsegnung warten (Symbolbild).
Die verschobene Konfirmation
Nach Ostern beginnt vielerorts eigentlich die Hochsaison für Konfirmationen. Doch dieses Jahr mussten sie wegen des Corona-Virus‘ verschoben werden. Das Absagen des Festes und die Neuorganisation bedeuten für die Familien und Kirchengemeinden zusätzliche Arbeit. Und auch so mancher Konfi ist traurig und enttäuscht über die derzeitige Situation und ihre Konsequenzen.

Der 10. Mai hätte für den 14-jährigen Mathis Pez eigentlich ein großer Tag werden sollen: Stolz erhobenen Hauptes wäre er zusammen mit seinen Mitkonfirmandinnen und Mitkonfirmanden in die kleine Kirche im hessischen Buchenau eingezogen. Alle, für die in der vollen Kirche kein Platz mehr gewesen wäre, hätten sich auf einer Leinwand im Gemeindehaus die Übertragung aus der Kirche angesehen. "Die Konfirmation hat in unserer Gemeinde einen sehr großen Stellenwert, da kommen viele Menschen aus dem Ort zusammen", erzählt Mathis Mutter, Michaela Pez, die selbst ehrenamtlich Mitglied im Kirchenvorstand der Gemeinde ist.

Doch wegen des Ausbruchs des Corona-Virus‘ musste die Konfirmation auf September verschoben werden – unter Vorbehalt, denn noch könne man ja nicht wissen, ob die Situation dann eine Konfirmation zulasse. "Wir überlegen im Kirchenvorstand jetzt schon hin- und her, wie das mit unseren 17 Konfirmandinnen und Konfirmanden funktionieren kann", sagt Michaela Pez.

Ihr Sohn Mathis hat Verständnis dafür, dass der Gottesdienst und die Feier abgesagt werden mussten. "Aber ich bin schon auch ein Bisschen traurig, weil ich gern jetzt konfirmiert worden wäre", erzählt er. Eine Konfirmation im September findet er hingegen nur sinnvoll, wenn man bis dahin wieder wie gewohnt Gottesdienste und Feste feiern kann: "Ich möchte diesen besonderen Tag feierlich mit vielen Leuten aus meiner Familie, Verwandtschaft und der Gemeinde begehen und wenn das nicht geht, dann warte ich lieber noch bis zum nächsten Jahr."  

Mathis Pez

Einen Konfirmationsgottesdienst mit Mundschutz, Mindestabstand und nur wenigen Menschen kann sich Tatjana Frenzel als Mutter für ihren Sohn Johannes nicht vorstellen. Und auch als Pfarrerin fällt es ihr schwer. "Ich persönlich würde ihn dann lieber verschieben", gesteht sie ehrlich. Der zwölfjährige Johannes sieht die Situation ähnlich: "Natürlich wäre es schöner, wenn ich noch dieses Jahr konfirmiert werden könnte, aber ich möchte halt auch schon gern meine ganze Familie dabei haben und niemanden ausschließen müssen." Denn das wäre aus seiner Sicht kein gebührender Abschluss für eine Konfirmandenzeit, die er selbst als "prägend" beschreibt.

Dieses Hin- und Hergerissen sein zwischen der Sehnsucht, noch in diesem Jahr Konfirmation zu feiern, damit selbst das Taufversprechen zu bestätigen und religiös "volljährig" zu werden auf der einen Seite und dem Wunsch, das alles in Anwesenheit der gesamten Verwandtschaft und Gemeinde zu tun auf der anderen Seite kennt Tatjana Frenzel nur zu gut. Sie hat eine 50-Prozent-Pfarrstelle im hessischen Wolzhausen und begleitet insgesamt 24 Konfirmandinnen und Konfirmanden in drei Orten auf ihrem Weg zur Konfirmation. Unter den Jugendlichen ist auch ihr Sohn Johannes, der es sich ausdrücklich gewünscht hat, von ihr Gottes Segen zur Konfirmation zu empfangen. Durch ihn ist sie sozusagen noch näher dran an den Wünschen ihrer Konfis.

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Doch drei neue Konfirmationstermine zu finden, ist gar nicht so leicht, wie man sich das vielleicht vorstellt. "Den ersten Ersatztermin für eine Konfirmation musste ich schon wieder verschieben", berichtet Frenzel. Denn die erste verschobene Konfirmation der Konfirmandengruppe um ihren Sohn Johannes hätte bereits am 30. August stattfinden sollen. "Dann wurde jedoch das Verbot für Großveranstaltungen verlängert und ich musste alles wieder absagen", erzählt sie. Die anderen zwei Termine im September für die anderen beiden Gemeinden stehen noch, aber auch unter Vorbehalt. Einen dritten Termin zu finden, bereitet Frenzel Schwierigkeiten. "Der September ist schon voll, im Oktober sind Herbstferien und im November beginnt dann die dunkle Zeit", so Frenzel.

Um einen Ausweichtermin zu finden, mit dem alle gut leben können, bespricht sich die Pfarrerin in einer Telefonkonferenz mit den Eltern der Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sie empfiehlt ihnen, einen Ausweichtermin ins Frühjahr 2021, ist aber auch offen gegenüber anderen Wünschen. Ihr ist es wichtig, die Eltern und Jugendlichen mitzunehmen und in die Entscheidung miteinzubeziehen. "Ich bin in diesem Fall in der glücklichen Situation, dass ich nächstes Jahr keinen regulären Konfi-Jahrgang habe und dementsprechend terminlich viel flexibler agieren kann", erklärt Frenzel.  

Tatjana und Johannes Frenzel

Da sowohl Familie Frenzel als auch Familie Pez bereits Ende März erfahren haben, dass die Konfirmation im Mai nicht stattfinden wird, hatten sie genug Zeit, um die Absage zu organisieren. "Eigentlich sind wir ziemlich günstig davongekommen", sagt Michaela Pez. Das reservierte Gemeindehaus und den Caterer habe sie auf den Ausweichtermin im September schieben können, der glücklicherweise auch noch frei war. "Die Kirchengemeinden in der Region haben sich wegen der Konfirmationstermine im Vorfeld abgesprochen, weil es hier nicht so viele Möglichkeiten zum Feiern gibt und die Eltern dann keine zusätzlichen Probleme mit der Location bekommen sollten", so Pez. Auch der bereits gekaufte Konfirmationsanzug für Mathis ließ sich gegen einen Gutschein tauschen. "In dem Alter wachsen die Jungs ja so schnell, da hätte der Anzug vermutlich nicht mehr gepasst und so können wir jetzt kurz vorher wieder was Passendes aussuchen", erklärt Michaela Pez. Einzig die bereits verteilten Einladungskarten seien nun obsolet. "Aber das ist jetzt halt so, da fangen wir nicht nochmal an und verteilen neue", wirft Mathis ganz pragmatisch ein.

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Tatjana und Johannes Frenzel hatten sogar noch ein Fünkchen mehr Glück: Der Konfirmationsanzug ist noch nicht gekauft und das Unternehmen, bei dem sie ihre Einladungskarten haben drucken lassen, ist von sich aus auf sie zugekommen und hat ihnen angeboten, kostenlos neue Einladungen zu drucken, sobald der neue Termin feststeht. Und auch die Hotels der Verwandten, die aus ganz Deutschland zu Johannes‘ Konfirmation anreisen wollten, konnten alle noch rechtzeitig storniert werden. "Ich weiß ja als Mutter selbst, was man alles für so ein Fest organisiert und deshalb war es mir als Pfarrerin auch ganz wichtig, die Eltern so früh wie möglich zu informieren, damit niemand einen großen finanziellen Schaden davonträgt", so Frenzel.

Bis zur Konfirmation hat Mathis Pez keinen regulären Konfi-Unterricht mehr. Weil er mit den meisten seiner Mitkonfirmandinnen und Mitkonfirmanden befreundet sei, halte er den Kontakt zu ihnen. Beim Pfarrer sehe das hingegen anders aus, von dem hätte er schon länger nichts gehört. "Im Augenblick ist die Pfarrstelle vakant und ein Kollege aus dem Ruhestand hat die Gruppe betreut. Deswegen läuft da manches etwas anders", ergänzt Michaela Pez entschuldigend. Im Prinzip steht für Mathis auf dem Weg zur Konfirmation nur noch die Vorbereitung des Vorstellungsgottesdienstes im September an. Und eine kleine "Prüfung" vor dem Pfarrer und zwei Mitgliedern des Kirchenvorstands, in der zwei bis drei Konfirmandinnen oder Konfirmanden zehn bis 15 Minuten lang zu wichtigen Texten wie dem Vater-Unser, dem Glaubensbekenntnis oder den Zehn Geboten befragt werden.

Kein Abschluss in Köln

Pfarrerin Tatjana Frenzel hat in den vergangenen Wochen versucht, Kontakt zu ihren Konfirmandinnen und Konfirmanden zu halten, obwohl kein Konfirmanden-Unterricht stattfinden konnte. Über den Messenger-Dienst Signal hat sie ihren Konfis zum Beispiel selbstgedrehte Videos und zuversichtliche Gedanken-Impulse zukommen lassen. "Aber da kam nichts drauf zurück." Außerdem hat sie allen mitgeteilt, dass sie an den Sonntagen, an denen eigentlich die Konfirmationen stattgefunden hätten, die Konfirmandinnen und Konfirmanden extra in den Fürbitten erwähnt. Auch darauf kam keine Reaktion.

Da die Konfirmation früher oder später nachgeholt wird, schmerzt Mathis Pez etwas ganz Anderes besonders: Seine Konfirmandengruppe hatte den Konfi-Cup der EKHN gewonnen und wäre eigentlich an Pfingsten zum EKD-weiten Finale nach Köln gefahren. "Der Plan für das Wochenende war super: Wir hätten uns im RheinEnergieSTADION das DFB-Pokalfinale der Frauen angesehen, hätten selbst auf dem Vereinsgeländer des 1. FC Köln gegen die Mannschaften aus ganz Deutschland gespielt und dann noch Zeit in Köln gehabt", schwärmt Mathis. Doch daraus wird nun nichts, ein Nachholtermin ist eher unwahrscheinlich. "Unsere Konfi-Gruppe hat schon beim EKHN-Konfi-Cup so einen tollen Zusammenhalt gespürt und ich bin jetzt echt enttäuscht und finde es ziemlich schade, dass wir diesen Abschluss unserer Konfi-Zeit jetzt nicht haben werden."