Kirchenältester mit 16 Jahren

Henry McKellar
© epd-bild/Leonie Mielke
Henry McKellar ist mit 16 Jahren einer der jüngsten Kirchenältesten in Baden: Der Schüler sieht sein kirchliches Ehrenamt als eine Form von politischen Engagement. Wenn er sich was von der Kirche wünschen könnte, wäre es mehr „Diversität bei der Besetzung von Führungsposten.“
Kirchenältester mit 16 Jahren
Elftklässler entscheidet mit über Finanzen und Personal in der Gemeinde
Henry McKellar ist mit 16 Jahren einer der "jüngsten Kirchenältesten" in Baden. Dabei stammt der Heidelberger eher aus einer religionsskeptischen Familie. Er sieht sein kirchliches Ehrenamt vor allem als politisches Engagement.

Etwas schüchtern, aber clever und voller Ideen wirkt Henry McKellar aus Heidelberg. Der 16-Jährige ist Kirchenältester in der Evangelischen Landeskirche in Baden. Etwas ungewöhnlich ist das schon, denn der durchschnittliche badische Kirchenälteste ist 53 Jahre alt.

Für McKellar ist es aber kein Problem, dass seine zehn Kollegen in der Rohrbacher Melanchthongemeinde alle 30 plus sind. "Das kollegiale Du war am Anfang etwas komisch, eine Kirchenälteste kannte ich beispielsweise aus der Schule als Lehrerin", erzählt er. Aber insgesamt fühle er sich in der Runde wohl und ernstgenommen. Kirchenälteste entscheiden gemeinsam mit den Pfarrern über den Haushalt, die Gebäude und die Besetzung von beispielsweise Kita-Stellen in der Gemeinde. In der badischen Landeskirche gibt es etwa 4.500, die im vergangenen Dezember neu gewählt worden sind.

Vorgezeichnet war Weg des Elftklässlers in ein Leitungsgremium einer Kirchengemeinde nicht. Sein Vater rede nicht über Religion. "Und mein Bruder ist strenger Atheist, der betritt nie eine Kirche", erzählt der hochgewachsene McKellar. Zur Kirche kam er vor allem über den Religionsunterricht. "Ich bin historisch sehr interessiert, das hat mich hineingezogen." Später entschied er sich für eine Taufe und für die Konfirmation. Von seiner Mutter, die nach einem Austritt wieder in die Kirche eingetreten ist, und seiner Patentante, ebenfalls Kirchenälteste, hörte er dann, dass für die Kirchenwahl auch sehr junge Kandidaten gesucht werden. McKellar fand, dass klang interessant und stellte sich zur Wahl.

Bei der Kirchenwahl im vergangenen Dezember konnten sich erstmals auch 16- und 17-Jährige aufstellen lassen. Die Kirche will so junge Menschen an sich binden. Laut dem Projektleiter der Kirchenwahlen, Bernd Lange, nutzten 43 Jugendliche diese Möglichkeit, 39 seien mit hoher Stimmzahl gewählt worden.

In vielen Bereichen engagiert

Für McKellar ist das neue Ehrenamt aber weniger eine Glaubenssache: "Ich sehe es als eine Form von politischem Engagement, da kann ich was bewegen, etwa in der Jugendarbeit", sagt er. Sein erstes Engagement ist es aber nicht. Er hat schon als Jugendleiter im Pfadfinderbund Nordbaden Erfahrungen gesammelt und besucht Demos von Fridays for Future und der Seebrücke, die sich gegen die Flüchtlingspolitik im Mittelmeer richtet. Darüber hinaus spielt er Baseball sowie Gitarre und ist gerne handwerklich tätig. "Manchmal kollidiert das alles mit der Schule", sagt McKellar. Aber das belastet ihn nicht. Nach dem Abitur würde er gerne Maschinenbauingenieur werden.

Als Kirchenältester ist McKellar noch dabei, sich zu orientieren, sagt er. Einmal monatlich trifft sich der für 4.300 Mitglieder zuständige Kreis. Eine der drängenden Aufgaben sei es, ein weiteres Haus für Gottesdienste zu finden. "Derzeit gibt es nur eines, das ist für einige ein ziemlich langer Weg und sorgt für Unzufriedenheit", sagt McKellar. Außerdem solle es mehr Zusammenarbeit mit den Katholiken und Lutheranern geben. Von der evangelischen Kirche insgesamt wünscht sich McKellar, dass sie sich für Gleichberechtigung einsetzt. "Beispielsweise wäre mehr Diversität bei der Besetzung von Führungspositionen gut", sagt der junge Kirchenälteste.