TV-Tipp: "Friesland - Aus dem Ruder"

Alter Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Friesland - Aus dem Ruder"
29.2., ZDF, 20.15 Uhr
Gut möglich, dass es Menschen gibt, die "Friesland" in erster Linie wegen Sophie Dal anschauen; immerhin ist die attraktive Berlinerin weit mehr als bloß der Blickfang der ZDF-Krimireihe. Die Dal-Fans können sich die zehnte Episode getrost sparen: Polizistin Süher verabschiedet sich gleich zu Beginn in eine Fortbildung.

Kollege Henk Cassens (Maxim Mehmet) muss den aktuellen Fall trotzdem nicht alleine lösen, denn die nicht minder attraktive Apothekerin Insa (Theresa Underberg) darf ihrer Passion diesmal mit dem Segen von Kriminalhauptkommissar Brockhorst (Felix Vörtler) nachgehen und endlich ganz offiziell kriminalisieren. Trotzdem können sich im Grunde auch alle anderen Zuschauer die Folge "Aus dem Ruder" sparen; und das liegt gewiss nicht allein an der Abwesenheit der Hauptdarstellerin.

Die Geschichte beginnt mit einem scheinbaren Sportunfall: Beim Training für die jährliche Frauenregatta kippt Claudia Bock, Verwaltungsangestellte der Polizei, aus dem Boot. Henk holt sie zwar aus dem Wasser, doch jede Hilfe kommt zu spät. Claudia stand gemeinsam mit Kollegin Julia (Kristin Suckow) von der Wasserschutzpolizei für die große Hoffnung Brockhorsts, endlich das siegreiche Boot aus Wilhelmshaven zu schlagen; außerdem war sie seine Angelpartnerin. Der von Felix Vörtler gern als cholerischer Phlegmatiker verkörperte Kripochef ist also gleich mehrfach motiviert, den Fall aufzuklären, denn seiner Ansicht nach ist die Frau nach ermordet worden. Die verhinderte Rechtsmedizinerin Insa findet raus, dass Claudia Amphetamine geschluckt hat, aber sicher nicht freiwillig: Sie hatte einen Herzfehler, weshalb die Doping-Dosis einem Todesurteil gleich kam. Weil der Mörder mutmaßlich ebenfalls zum Ruderverein gehört, erklärt Brockhorst die Apothekerin kurzerhand zu Claudias Nachfolgerin, damit sie im Clubhaus Augen und Ohren offen halten kann.

Das klingt nach einer Krimigeschichte, die das Stammpublikum des ZDF getrost mit seinen kleinen Enkelkindern anschauen kann: nicht weiter aufregend, zwischendurch auch mal komisch, aber garantiert harmlos. Tatsächlich würde der Reiz für die Enkel vermutlich allenfalls darin bestehen, länger aufbleiben zu dürfen. "Friesland" ist ohnehin ein Reihe von höchst heterogener Qualität: Einige Folgen waren durchaus kurzweilig, andere zogen sich; und dazu zählt auch "Aus dem Ruder". Sehenswert, wenn überhaupt, sind allenfalls einige wenige Szenen, in denen das Drehbuch (Magdalena Grazewicz, Thomas Gerhold) dank amüsanter Dialoge mal für Heiterkeit sorgt. Der Anschlag auf die Ruderin ist zwar clever eingefädelt, doch davon abgesehen ist die Geschichte ziemlich frei von Höhepunkten.

Die Qualität eines Films ist ohnehin immer auch eine Frage der Vorlage, weshalb ein Vergleich mit den früheren Arbeiten von Regisseurin Martina Plura fast unfair ist. Ihr Debüt war die sehenswerte Komödie "Vorstadtrocker“ (2015). Es folgte "13 Uhr mittags" (2018), ein im Western-Stil erzählter Thriller mit Jörg Schüttauf als mutloser Dorfsheriff; das Drehbuch stammte immerhin von Holger Karsten Schmidt (unter dem Pseudonym Klaus Burck). Fürs ZDF hat Plura anschließend die verkappte Sitcom "Tanken – Mehr als Super" (Neo) gedreht, deren Gags jedoch eher plump als witzig waren.

"Aus dem Ruder" ist nun ein weiterer Rückschritt: Der Krimi plätschert unaufgeregt und tempoarm vor sich hin und ist streckenweise schlicht langweilig. Auch die Darstellerführung ist Plura bei ihren früheren Filmen ungleich besser gelungen. Hier machen die Schauspieler viel zu oft typische Comedy-Gesichter, weshalb zum Beispiel Theresa Underberg gern ihre großen braunen Augen kullern lässt. Immerhin hat Holger Stockhaus als Bestatter, der mit der Online-Bewertung seines Instituts hadert, einige schöne Szenen, vor allem mit Katrin Röver als Schwester des Opfers, aber bei den anderen Darstellern wirken die Gags viel zu oft so bemüht wie bei einem Dialog zwischen Brockhorst und Cassens: "Denken Sie das Gleiche wie ich?" "Noch ein Tag, dann ist Wochenende?" Die schönste und einzig wirklich originelle Idee des Films ist die als Ruderboot gestaltete Urne für das Mordopfer.