TV-Tipp: "Krauses Umzug" (ARD)

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TV-Tipp: "Krauses Umzug" (ARD)
14.2., ARD, 20.15 Uhr
Mit schöner und für viele Freunde des entschleunigten Fernsehens auch liebgewonnener Regelmäßigkeit erzählt Bernd Böhlich seit 13 Jahren immer wieder neue Geschichten über den ehemaligen Polizeihauptmeister Horst Krause. Die Inszenierungen folgen stets dem Motto von Balou, dem gutgelaunten Bären aus dem Dschungelbuch.

"Probier’s mal mit Gemütlichkeit"; und warum auch nicht, schließlich befinden sich die Protagonisten der Reihe in einer Lebensphase, die sogar jenseits des Durchschnittsalters ihrer Zuschauer liegt. Der Gasthof der Geschwister und das brandenburgische Dörfchen Schönhorst wirken ohnehin, als sei es von der Moderne vergessen worden. "Krauses Umzug", das siebte "Abenteuer" mit dem dicken Krause (Horst Krause) und seinen Schwestern, mutet allerdings, vorsichtig formuliert, noch bodenständiger an als die früheren Filme.

Die Handlung beginnt mit einem Abschied. Beim letzten Mal ("Krauses Hoffnung", 2019), haben Hotti, Elsa (Carmen-Maja Antoni) und Meta (Angelika Böttiger) die alte Heimat der Familie in Pommern besucht. Elsa leidet zwar unter beginnender Demenz, aber an ihre Kindheit konnte sie sich noch gut erinnern; und an einen damaligen Verehrer, mit dem sie nun zu ihren Wurzeln zurückkehrt. Da die zwischenzeitlich mit ihrem Rudi (Tilo Prückner) nach Köln gezogene Meta nur wegen Elsas Krankheit heimgekommen ist, könnte sie nun wieder ihrem Fernweh frönen, aber Rudi will seinen Schwager nicht allein lassen, denn der hat ein Problem: Die vergleichsweise junge Köchin Paula (Pauline Knof) fühlt sich samt kleinem Sohn im Schoß der Familie zwar sehr wohl, aber ihr fehlt ganz offenkundig ein Mann; ohne sie müsste Krause den Gasthof schließen. Er setzt zwar große Hoffnungen in Bürgermeister Stübner (Boris Aljinovic), der in der Tat nach Kräften um Paula wirbt und zuverlässig alle zwei Tage "gerade mal zufällig" vorbeikommt, aber selbst das sichere Einkommen des etwas steifen Beamten ist kein Argument für Paula. Rudis rettende Idee: Der Gasthof veranstaltet eine Ü-40-Party, von der man in Schönhorst noch in hundert Jahren reden wird; beim Tanz wird sich schon der richtige Mann für Paula finden. Gesagt, getan, der Saal ist voll, und dass der Strom ausfällt, ist auch kein Problem, denn Kerzenschein sorgt für viel Romantik, und als sich Fanny (Manon Straché) ans Klavier setzt, lässt sich Krause überreden und packt sein Blasinstrument aus; das Duo sorgt für mitreißenden Rock’n’Roll. Mit Wohlgefallen beobachtet die Familie, wie es zwischen Paula und dem Lehrer (Steffen Groth) ihres Sohnes knistert.

Böhlich, der die Hauptfigur vor über zwanzig Jahren für den "Polizeiruf" aus Potsdam erfunden hat, inszeniert "Krauses Umzug" mit gewohnt viel Bedacht und großer Zuneigung zu seinen Figuren. Selbst die herzerwärmende Natürlichkeit der Schauspieler kann jedoch nicht kaschieren, dass die Geschichte diesmal doch recht dünn ist. Viele Dialoge klingen zudem, als hätte der Autor und Regisseur in letzter Zeit ständig Sonntagsfilme im ZDF gesehen: Es wimmelt nur so von Lebensweisheiten wie "Hör’ auf dein Herz", "Wenn du gehen willst, musst du gehen", "In der Liebe gibt’s keine Grenzen", "Liebe ist Schicksal"; die Figuren bestreiten ganze Gespräche mit solchen Schlagertiteln. Krause und seine Schwester Meta sind zwar einfache Leute, aber so schlicht nun auch wieder nicht. Gerade Angelika Böttiger, die die meisten dieser Sätze zu sagen hat, trägt die Banalitäten allerdings mit großer Würde vor.

"Krauses Umzug" ist ohnehin wie die anderen Brandenburger Geschichten ein Schauspielerfilm, zumal die Umsetzung diesmal gerade in der ersten Filmhälfte recht sparsam wirkt und größtenteils aus Gesprächsszenen besteht; dank der vielen Innenaufnahmen trägt die Tragikomödie Züge eines klassischen Fernsehspiels. Wie bei einem Fußballspiel mit zwei grundverschiedenen Halbzeiten scheint Böhlich die zunächst vermisste Dynamik dann in der zweiten Hälfte nachholen zu wollen. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse, zumindest für die Verhältnisse der "Krause"-Saga, und weil Brandenburg im Herzen Europas liegt, fährt Krause mal eben nach Pommern und Meta, der die Decke auf den Kopf fällt, kurzerhand ohne Rudi nach Budapest, was dem Film einige schöne Nachtaufnahmen der  Stadt an der Donau beschert.

Sehr sympathisch ist auch die Erinnerung an Andreas Schmidt, der bis zu seinem Tod 2017 den schrägen Schlunzke verkörpert und diese Rolle auf seine unverwechselbare Art geprägt hat. "Du fehlst", sagt Krause am Grab seines Freundes, und das gilt auch für das Ensemble: Die Schrullen der Hauptfiguren sind nach sieben Filmen sattsam bekannt. Paula hat zwar den Altersschnitt gesenkt, aber der Gruppe fehlt ein Querdenker wie Schlunzke, und wenn Krause über das moderne Leben lamentiert – "Überall geht’s zu wie bei Hempels unterm Sofa" –, erinnert er allzu sehr an Paul Krüger, den anderen alten Grantler, der mittlerweile ebenfalls Titelheld einer eigenen ARD-Reihe ist (zuletzt "Kryger bleibt Krüger"). Die Erinnerung an den Freund wird immerhin gleich zweifach in Ehren gehalten: Ein treuherzig dreinblickender Rauhaardackel, dem Krause das erste Mal am Grab Schlunzkes begegnet, darf dessen Namen tragen; und mit dem zwar sehr großzügigen, aber auch sehr heruntergekommenen Haus des Freundes hat der ehemalige Polizist ganz besondere Pläne.