TV-Tipp: "Das letzte Problem" (Arte)

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TV-Tipp: "Das letzte Problem" (Arte)
31.1., Arte, 20.15 Uhr
Ein von der Außenwelt abgeschlossenes Hotel irgendwo in den Vorarlberger Bergen, ein von innen verschlossenes Zimmer, eine Leiche: In seinem ersten Drehbuch entwirft Schriftsteller Daniel Kehlmann ("Die Vermessung der Welt") ein klassisches Agatha-Christie-Muster. Auch der leicht skurril wirkende Ermittler, Kommissar Horak (Karl Markovics), könnte eine Hauptfigur der großen britischen Krimiautorin sein.

Der Wiener BKA-Beamte ist ein bisschen selbstverliebt, was sich vor allem in seinen Dialogen mit dem fantasielosen und als Kriminalist eher untalentierten Assistenten Freitag (Stefan Pohl) zeigt. Diesmal scheint jedoch selbst Horak an seine Grenzen zu stoßen, zumal kurz drauf ein weiterer Gast erstochen wird. Weil draußen ein Schneesturm tobt, muss sich der Mörder (oder die Mörderin) noch im Hotel aufhalten.

Der Schauplatz erinnert ein wenig an Stanley Kubricks Klassiker "Shining", aber "Das letzte Problem" ist weder gruselig noch ein Mystery-Thriller; selbst wenn Kehlmann und Markovics, der auch Regie geführt hat, ihr Spiel mit dem Publikum treiben. Das wiederum machen sie derart geschickt, dass es in der Tat eine Weile dauert, bis man ihnen auf die Schliche kommt. Weil sich der Film allerdings voll und ganz auf die Hauptfigur konzentriert, kommen die zum Teil durchaus namhaft besetzten Nebenfiguren (Sunnyi Melles, Marc Hosemann, Max Moor) kaum über einige klischeehafte Andeutungen hinaus. Das ist zwar schade, aber dafür bereitet es ein umso größeres Vergnügen, Markovics dabei zuzuschauen, wie er seinen Horak aufplustert. Der Kommissar, eigentlich ebenfalls Urlaubsgast, ist selbstredend überzeugt, den Fall bis zum Ende des Sturms zu lösen; selbst wenn es sich allem Anschein nach um sogenannte perfekte, also unaufklärbare Morde handelt, zumal der Täter offenbar ohne Motiv gehandelt hat. Aber der Mörder kann Horak nicht entkommen: Im hüfthohen Schnee würde ein Fußmarsch bis zum nächsten Dorf sechs Stunden dauern. Weil Internet und Telefon tot sind, ist Horak ganz auf sich allein gestellt, aber so mag er’s offensichtlich ohnehin am liebsten.

Der Film ist als Koproduktion von ORF und Arte im Rahmen der österreichischen Reihe "Landkrimi" entstanden. Die Geschichten unterscheiden sich vom herkömmlichen Krimi gern durch eigenwillige Figuren und besondere Schauplätze, zumal sie stets in der Provinz spielen. Mit Ausnahme der Steirerkrimis, die der ORF mit der ARD koproduziert, hat das ZDF die Ausstrahlungsrechte gekauft, musste jedoch erkennen, dass sich die Filme nicht eins zu eins ausstrahlen lassen: weil bei der Produktion keine Rücksicht darauf genommen wurde, dass deutsche Zuschauer den Dialektdialogen nicht immer folgen können. Das gilt auch für "Das letzte Problem", tut dem Vergnügen jedoch keinen Abbruch, selbst wenn die Umsetzung sehr nach Fernsehspiel aussieht: Abgesehen von gelegentlichen Zwischenschnitten mit einer Gesamtansicht des sturmumtosten Hotels besteht der Film ausschließlich aus Innenaufnahmen.

Die Bildgestaltung (Leena Koope) ist zudem eher konventionell, aber immerhin gibt es regelmäßig überraschende Perspektiven: Wenn das erste Mordopfer noch zu Lebzeiten vor einem Aquarium über das große Sichtspektrum von Goldfischen sinniert, wechselt der Film in die Fischperspektive. Und dass die um einen kernigen Spruch nie verlegene Hoteldirektorin (Maria Fliri) die Forderungen der Hotelgäste nach einem Preisnachlass an sich abtropfen lassen wird, verdeutlicht schon der Blickwinkel: Aus Sicht der Direktorin wirken die Gäste im Besucherstuhl klein und kümmerlich. So ähnlich sieht Horak auch Inspektorin Landner (Julia Koch), die dem Wetter getrotzt und sich bis zum Hotel durchgekämpft hat. Der Kommissar betrachtet zwar schon allein die Anwesenheit der jungen Kollegin als Kränkung, aber sie hat interessante Neuigkeiten: Kurz vor dem Ausfall des Telefons hat jemand vom Hotel aus im Revier angerufen und den Mord gemeldet; da war das erste Opfer allerdings noch putzmunter.

 "Das letzte Problem" lebt vor allem von der Frage, wie der Mörder oder die Mörderin – Horak hat alsbald die Direktorin als "teuflisch genialen Gegner" im Verdacht – die Taten begangen haben mag; die Geschichte funktioniert letztlich wie ein Krimidinner, bei dem die Gäste knifflige Nüsse knacken müssen. Die technische Lösung des Rätsels ist zwar etwas enttäuschend, die Überführung des Täters dagegen durchaus überraschend, selbst wenn sie sich spätestens zu Beginn des letzten Akts erahnen lässt.