TV-Tipp: "Ein verhängnisvoller Plan" (ZDF)

Alter Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Ein verhängnisvoller Plan" (ZDF)
14.10., ZDF, 20.15 Uhr
Das Drehbuch dieses beinahe zurückhaltend und dennoch packend inszenierten Thrillers ist von einer derartigen Raffinesse, dass selbst passionierte Krimifans immer wieder überrascht sein werden. Schon der Auftakt ist clever. Eine Fernsehreporterin plaudert mit einem illustren Paar: Sie ist vermögende Erbin, die eine politische Karriere gemacht hat, er Kommissar bei der Mordkommission, der in einem sozialen Brennpunkt aufgewachsen ist.

Während die TV-Frau nach dem Erfolgsgeheimnis ihrer Ehe fragt, fällt sein Blick auf den Boden, wo eine erdrosselte halbnackte junge Frau liegt. Anschließend reicht der Film nach, was kurz zuvor passiert ist. Das Opfer, Vesna Benning (Katharina Nesytowa), war Journalistin und offenbar einem echten Knüller auf der Spur: Vor zehn Jahren hat Jan Brenner (Benjamin Sadler) den mehrfachen "Hochhausmörder" überführen können, was seiner Karriere einen enormen Schub gegeben hat. Der Verdächtige hat die Morde gestanden und sich anschließend aufgehängt. Vesna hat Hinweise, dass Brenner trotzdem den Falschen verhaftet hat. Die beiden beginnen ein Verhältnis; und dann ist die provokante Vesna nach einer leidenschaftlichen Nacht plötzlich tot: erwürgt mit Brenners Krawatte.

Der Kommissar weiß natürlich, wie man eine Leiche verschwinden lässt, und geht dabei mit konzentrierter Gelassenheit vor: Er vergräbt den Leichnam im Wald, entsorgt die Kleidung, verbrennt die restlichen Hinweise; aber zu seiner grenzenlosen Verblüffung liegt die gesäuberte Leiche am nächsten Tag in der Nähe von Vesnas Wohnung auf einer Wiese.

Regisseur Ed Herzog hat sein Berufsleben in den letzten Jahren mit humorvollen Heimatkrimis verbracht und unter anderem sämtliche "Eberhoferkrimis" mit Sebastian Bezzel gedreht. "Ein verhängnisvoller Plan" ist ein völlig anderer Film, der anfangs auf geschickte Weise für Sympathie mit dem Teufel sorgt. Natürlich ist es nicht in Ordnung, dass Brenner seine Frau (Jördis Triebel) betrügt, von der offenkundigen Ermordung seiner Geliebten ganz zu schweigen. Herzogs Regiestil und das vielschichtige Spiel von Benjamin Sadler haben jedoch zur Folge, dass der Kommissar zur Identifikationsfigur wird. Da der Film den Mord nicht zeigt, könnte Vesnas Tod auch eine Art Sexunfall gewesen sein. Brenners Bemühungen, die Leiche loszuwerden, sorgen zudem für eine gewisse sportive Spannung, zumal Kameramann Sebastian Edschmid die nächtliche Aktion angemessen fesselnd gefilmt hat.

Als nicht nur der vermeintlich todsicher entsorgte Körper, sondern auch Vesnas Kleidungsstücke wieder auftauchen, muss Brenner quasi in eigener Sacher ermitteln. Fehler darf er sich schon deshalb nicht erlauben, weil er drauf und dran ist, zum Leiter der Berliner Mordkommission ernannt zu werden. Das wiederum erklärt, warum er nur wenig Interesse daran hatte, dass der Fall des Hochhausmörders wieder aufgerollt wird. Und dann zieht sich die Schlinge doch noch zu, als ein anonymer Anrufer ihn zu einem Treffen bestellt und ihm ein Video vorführt, das den Mord an Vesna zeigt. Das Drehbuch stammt von Katharina Hajos und Constanze Fischer, was auf den ersten Blick überrascht, denn die beiden Autorinnen haben zuletzt vor allem für "Schnell ermittelt" gearbeitet; die ORF-Serie gehört zwar auch ins Krimigenre, lebt aber nicht zuletzt von Schmäh und Wiener Lokalkolorit. Mit "Augenzeugin" (2008) hat das Duo allerdings vor Jahren schon mal einen Psychothriller geschrieben, der wie ein Stoff von Alfred Hitchcock wirkte. Damals gab es neben der Titelfigur auch eine undurchsichtige männliche Hauptrolle - verkörpert von Benjamin Sadler.

"Ein verhängnisvoller Plan" bezieht seinen Reiz zu einem großen Teil aus der Tatsache, dass die Hauptfigur sowohl als Subjekt wie auch als Objekt der Ereignisse ein Rätsel bleibt; zwischenzeitlich könnte Brenner sogar selbst der Hochhausmörder sein. Sadler ist dank seiner filmischen Vorgeschichte als romantischer Held ohnehin eine ausgezeichnete Besetzung für solche Figuren, wie er zuletzt als Serienmörder in einem vorzüglichen "Tatort" aus Dresden ("Das Nest") sowie in dem ähnlich raffiniert wie Herzogs Film konzipierten ZDF-Thriller "Jenseits der Angst" gezeigt hat. Je stärker Brenner in die Enge getrieben wird, desto größer wird die Sympathie für den mutmaßlichen Mörder; und dann sorgen Buch und Regie gegen Ende, nachdem dem verhafteten Kommissar die Flucht gelungen ist, für einen erneuten Twist.

Herzog hat bei seiner Umsetzung des vorzüglichen Drehbuchs die gleiche scheinbare Entspanntheit walten lassen, mit der Brenner seine Spuren löscht; für hintergründige Spannung sorgt in erster Linie die sich stetig steigernde Musik. Selbst potenzielle Horroreffekte, als Vesna den Kommissar wie eine Wiedergängerin heimsucht, sind nicht als Thriller inszeniert. Trotzdem sorgen diverse Momente für einige Wirkungstreffer, zumindest bei der Hauptfigur: Erst entdeckt Brenner am Handgelenk seiner Tochter ein Armband, das Vesna gehört hat, später werden seiner Chefin (Leslie Malton) Fotos zugespielt, die ihn beim Sex mit der Journalistin zeigen. Spätestens jetzt wird ihm klar, dass jemand eine alte Rechnung begleichen will; die entsprechende Besetzung ist ein weiterer der vielen kleinen und großen Knüller, mit denen der Film immer wieder verblüfft.