TV-Tipp: "Zwischen zwei Herzen" (ARD)

Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Zwischen zwei Herzen" (ARD)
29.6., ARD, 20.15 Uhr: "Zwischen zwei Herzen"
Dank Adam und Eva ist "Mann trifft Frau" die älteste Geschichte der Menschheit; und vermutlich auch das häufigste Filmthema. Freitags im "Ersten" und sonntags im ZDF kommt an zweiter Stelle die Konstellation "Eine Frau zwischen zwei Männern"; der Titel des Dramas "Zwischen zwei Herzen" beschreibt also gleich eine ganze Subkategorie des Genres. Autorin Alexandra Maxeiner, die unter anderem an der ZDF-Serie "Das Pubertier" beteiligt war, erzählt die Geschichte jedoch nicht als Beziehungskomödie. Es gibt zwar anfangs einige heitere Momente, doch die Handlung ist durchaus ernst zu nehmen.

Zentrale Figur der Geschichte ist Katrin (Anna Schudt), Ärztin, Mutter zweier Kinder in der Pubertät und augenscheinlich glücklich in ihrer Beziehung mit Ehemann Mark (Felix Klare); auch wenn die beiden immer wieder mal aneinandergeraten, weil Katrin gern alles unter Kontrolle hat. Mark ist davon ebenso genervt wie sie von seiner regelmäßigen Aufforderung, sie solle sich mal locker machen. Als sie das eines Tages tatsächlich tut, stürzt sie prompt in eine Lebenskrise: Weil bei einem Kongress ein Vortrag ausgefallen ist, folgt sie Marks Aufforderung zu mehr Spontaneität und besucht eine kleine Insel. Als ein Orkan losbricht, muss sie die Nacht in einem alten Hotel verbringen. Dort trifft sie auf einen etwas rätselhaften Fremden (Mark Waschke), der ihr fortan nicht mehr aus dem Kopf geht. Die Begegnung wäre dennoch nicht mehr als eine Episode geblieben, zumal die beiden weder Namen noch Nummern ausgetauscht haben, wenn es nicht bei den Vorbereitungen für die Hochzeit von Katrins bester Freundin Sanne (Kathrin Angerer) zum unerwarteten Wiedersehen gekommen wäre: Der Fremde heißt Peter, ist Restaurator und der Mann einer früheren Kommilitonin Sannes; und jetzt werden die Gefühle zu einer echten Beziehungsbedrohung.

Der Reiz des Films liegt gerade im Verzicht darauf, die Geschichte als Komödie zu gestalten, selbst wenn die Musik zunächst etwas anderes signalisiert. "Zwischen zwei Herzen" ist im Auftrag der Degeto entstanden. Für die ARD-Tochter hat Regisseur Markus Herling zuletzt zwei Freitagsfilme gedreht, in denen er ebenfalls stark auf Zwischentöne gesetzt hat: "Oma ist verknallt" (2018) ist dem klamottigen Titel zum Trotz eine anrührende Geschichte über einen Sohn, der seiner Mutter auf ungewöhnliche Weise zu neuem Lebensmut verhilft; "Opa wird Papa" (2018) erzählt die Geschichte eines Mannes, der mit 62 in zweiter Ehe noch mal Vater wird, und ist eine schöne Mischung aus Heiterkeit und Tiefgang. Dieser Ansatz prägt auch "Zwischen zwei Herzen", weil es Herling dank der ausgezeichneten Dialoge wunderbar gelingt, in den Gesprächen zwischen Katrin und Peter eine zweite Ebene zu inszenieren.

Das klappt natürlich nur mit entsprechenden Darstellern. Die ARD wirbt ein bisschen damit, dass hier gleich drei "Tatort"-Protagonisten in gänzlich anderen Umfeld zu sehen seien, aber der entscheidende Punkt ist die Kombination des Trios zum Ensemble. An Anna Schudt, ganz famos als Gaby Köster in der Tragikomödie "Ein Schnupfen hätte auch gereicht" (2017), werden sich womöglich die Geister scheiden, weil sie im Grunde zwei Figuren spielen muss. Als Besetzung der kontrollierten Katrin ist sie mit ihrem distanzierten Spiel die perfekte Wahl. Das amüsante Geplänkel auf der Insel, als Peter die Frau wegen ihres geliehenen Sommerkleids aus den Siebzigern als "Miss Moneypenny" (die Sekretärin von "M" in den James-Bond-Filmen) anspricht und sie ganz ernsthaft ein witziges Gespräch zwischen Geheimagenten führen, funktioniert ebenfalls. Gleiches gilt für die Vermittlung der Subtexte, wenn sie über die Dekoration für das Hochzeitsfest sprechen, aber eigentlich etwas ganz Anderes meinen. Allerdings müsste es zwischen den beiden mehr als bloß knistern, weil sie sich fast magisch zueinander hingezogen fühlen, und ausgerechnet jetzt springt der Funke nicht über.

Umso überzeugender ist Felix Klare in seiner Rolle als düpierter Dritter. Mit viel Feingefühl lässt ihn Herling auf einem schmalen Grat balancieren: Mark ahnt, dass sich Katrin emotional von ihm entfernt, lässt ihr aber den nötigen Freiraum, damit sie eine Entscheidung treffen kann. Auch dieser Dialog läuft jedoch auf einer Subebene ab. Klare und Schudt sind ohnehin ein glaubhaftes Paar. Die Rollenverteilung mutet zwar klischeehaft an, entspricht aber der Realität in vielen Familien: Weil Mark beim Umgang mit den Kinder auf Standpauken verzichten will, betrachtet sich Katrin als einzige Erziehungsberechtigte und verhält sich daher wie eine Spaßbremse. Umso überraschender ist auch für sie selbst das große Verlangen, die in vielen Beziehungsjahren eingefahrenen Pfade zu verlassen. Sie selbst formuliert das so, als Sanne angesichts der Hochzeit kalte Füße bekommt und Katrin, die ihr gut zureden soll, die Ehe mit einer sicheren und zuverlässigen Autobahn vergleicht; bis man entdeckt, dass es auch noch einen anderen Weg gibt. Vor einigen Jahren, als die Degeto bei ihren filmischen Stoffen richtig mutig war, hätte die Geschichte vielleicht anders geendet als jetzt; aber immerhin ist der Schluss überraschend eingefädelt. Davon abgesehen erfreut "Zwischen zwei Herzen" durch viele kleine Drehbuchideen, die für die Handlung nicht wichtig, aber sehr sympathisch sind.