"Sea-Watch 3" darf wieder in See stechen

Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), fährt mit einem Boot zum Schiff Sea-Watch 3, das im Hafen von Licata liegt. Es hatte Mitte Mai Migranten vor der libyschen Küste aufgenommen und nach Italien gebrac
©Annette Reuther/EKD/dpa picture alliance
Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), fährt mit einem Boot zum Schiff Sea-Watch 3, das im Hafen von Licata liegt. Es hatte Mitte Mai Migranten vor der libyschen Küste aufgenommen und nach Italien gebracht. Dort wurde es beschlagnahmt, am 01.06.2019 jedoch wieder freigegeben.
"Sea-Watch 3" darf wieder in See stechen
Das Mitte Mai in Italien beschlagnahmte zivile Rettungsschiff "Sea-Watch 3" darf wieder auslaufen. Doch Italien ermittelt weiter gegen den Kapitän der Seenotretter. Bei einem Besuch stärkte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm der Mannschaft den Rücken.

Das Schiff war am 20. Mai von den italienischen Behörden auf Sizilien beschlagnahmt worden. Der italienische Innenminister Matteo Salvini warf dem Kapitän das illegale Einschleusen von Menschen vor.

Nach der Freigabe durch die italienischen Behörden will die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch ihr zeitweise festgesetztes Schiff so schnell wie möglich wieder im Mittelmeer einsetzen. Ein Auslaufen sei für die beginnende Woche fest eingeplant, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nach einem Besuch der Crew auf Sizilien. Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), zuvor seien noch ein paar logistische Dinge zu klären. Die italienischen Behörden hatten die "Sea-Watch 3" am 1. Juni freigegeben, nachdem das Schiff nach der Rettung von Migranten beschlagnahmt worden war.

"Es ist absolut inakzeptabel, dass die zivile Seenotrettung kriminalisiert wird", sagte Bedford-Strohm. Telefonisch schilderte er, dass er mit Verweis auf Sicherheitsbestimmungen nicht auf das Schiff gelassen worden sei.

EKD-Ratsvorsitzender Bedford-Strohm mit der Crew der "Sea-Watch 3" im Hafen von Licata.

Nach seiner Ankunft auf Sizilien hätten ihn Meldungen erreicht, dass sich vor Lampedusa erneut ein Boot gekentert sei und sich Menschen in Seenot befinden. "Seenotrettung im Mittelmeer ist in diesen Tagen dringender denn je. Als Kirchen in Europa appellieren wir daher nicht nur an Italien, die zivilen Retter in ihrer Arbeit nicht zu behindern", sagte Bedford-Strohm. Sea-Watch wird unter anderem von der EKD unterstützt.

Seenotrettung sei selbstverständlich auch eine staatliche Aufgabe, sagte Bedford-Strohm. Daher sei es nicht hinzunehmen, dass die EU-Mission Sophia eingestellt wurde. "An ihre Stelle muss eine neue Mission treten", forderte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten.

Ermittlungen laufen noch

Die "Sea-Watch 3" hatte Mitte Mai 65 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet. Tagelang mussten die Geretteten und die Crew ausharren, bis sie in Lampedusa an Land gehen konnten. Das Schiff wurde beschlagnahmt, gegen Kapitän Arturo Centore wird wegen des illegalen Einschleusens von Menschen ermittelt. "Die Ermittlungen sind noch nicht eingestellt", sagte Sprecher Neugebauer: "Aber wir gehen davon aus, dass das passieren wird."

Den Besuch Bedford-Strohms nannte Neugebauer ein wichtiges Zeichen: "Gerade Institutionen wie die Kirchen müssen klar machen, dass die Seenotrettung wichtig ist."

Heinrich Bedford-Strohm, hat die EU-Staaten aufgefordert, für diesen Sommer eine "politische Notlösung" für die Seenotrettung im Mittelmeer zu organisieren. Es brauche zusätzlich eine vorübergehende Verteilung von Bootsflüchtlingen auf Städte und Kommunen in Europa, die "sichere Häfen" sein wollten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung Bedford-Strohms und des Bürgermeisters von Palermo (Sizilien), Leoluca Orlando. Die Erklärung enthält fünf Punkte, darunter auch die Forderung, dass Seenotrettung eine staatliche Aufgabe bleiben müsse.

Beide fordern außerdem eine "Koalition der Willigen", die sofort handeln und eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickeln solle. Das Mittelmeer sei weiterhin die tödlichste Grenze weltweit, heißt es in der Erklärung. Mehr als 2.000 Menschen seien 2018 im Mittelmeer ertrunken. "Von Hunderten Toten 2019 wissen wir", schreiben Bedford-Strohm und Orlando. "Viele sterben in diesen Tagen ungesehen, ohne in den Statistiken erfasst zu sein."