TV-Tipp: "Kommissar Dupin: Bretonische Geheimnisse"

- Alter Fernseher vor gelber Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Kommissar Dupin: Bretonische Geheimnisse"
11.4., ARD, 20.15 Uhr
Liebhaber der Artus-Sage werden ihre große Freude an diesem siebten Film der ARD-Reihe "Kommissar Dupin" haben. "Bretonische Geheimnisse" spielt größtenteils im Wald von Brocéliande, wo der Mythos seinen Ursprung hat und wo sich viele Ereignisse aus den Erzählungen über Artus, den Zauberer Merlin und das legendäre Schwert Excalibur zugetragen haben sollen.

In Jean-Luc Bannelecs Roman machen Dupin und sein Team einen Betriebsausflug in die Gegend, aber Eckhard Vollmar, von dem auch das Drehbuch zum letzten Bretagne-Krimi ("Bretonisches Leuchten") war, fädelt die Geschichte anders ein: Dupin (Pasquale Aleardi) bezieht samt Freundin Claire (Christina Hecke) ein Traumhaus mit eigenem Strand und stößt beim Auspacken der Kartons auf uralte Comics über den Artus-Ritter Lancelot. Weil Ärztin Claire zu einem Notfall muss, setzt sich Dupin kurz entschlossen ins Auto und fährt in die Gegend, mit der er die schönsten Kindheitserinnerungen verbindet, als ihm sein nächster Fall buchstäblich vor den Wagen läuft: Blanche Cadiou (Oona von Maydell) hat gerade die Leiche ihres erschossenen Mannes gefunden. Der Gatte hatte mit zwei Freunden einen Club der Artus-Forscher gegründet. Gemeinsam wollten sie verhindern, dass ein vermögender Investor (Kai-Ivo Baulitz) den sagenhaften Wald abholzt, um dort einen Themenpark rund um die Artus-Sage zu errichten. Kurz drauf wird ein zweites Clubmitglied ermordet.

Die Geschichte macht schon allein wegen der vielen Anspielungen auf die verschiedenen Mythen und Legenden Spaß und wird auch die Freunde der Krimireihe nicht enttäuschen, aber gerade im Vergleich zu "Bretonisches Leuchten" ist "Bretonische Geheimnisse" nur ein durchschnittlicher TV-Krimi. Die Feststellung, ein großer Teil des Films trage sich in Dupins Citroën zu, wäre zwar übertrieben, aber tatsächlich zeigt Regisseur Bruno Grass seinen Hauptdarsteller bei viel zu vielen Autofahrten, zumal Dupins Mitarbeiter, der kauzige Kadeg, ebenfalls oft unterwegs ist. Dessen Szenen sind aber nicht zuletzt dank der Unverwechselbarkeit von Jan Georg Schütte immerhin komisch, zumal viele Frankreich-Urlauber Kadegs Verwirrung wunderbar nachvollziehen können, wenn er angesichts der typisch französischen Wegweiser, die hierhin in "Alle Richtungen" und dorthin in "Andere Richtungen" zeigen, nicht weiter weiß.

Solche Details sind jedoch nur halbherzige Entschädigungen, denn zumindest die beiden letzten Episoden der Reihe waren eine Klasse besser. Harald Schrott zum Beispiel muss zum x-ten Mal einen kaltherzigen Ehemann verkörpern, der seine Frau wie eine Leibeigene hält. Bei seinem ersten Auftritt zeigt die Kamera (Hendrik A. Kley) den Mann auf eine Weise aus der Untersicht, die keinerlei Zweifel an seinem Charakter lässt. Die Einstellung mutet fast tautologisch an, weil Schrott ihn ja schon betont unsympathisch verkörpert. Grass hat zuletzt für die ARD-Tochter Degeto eine sympathische Komödie über eine deutsch-polnische Romanze zwischen einem pensionierten Kapitän und seiner resoluten Pflegekraft ("Verliebt in Masuren", 2018) gedreht und davor unter anderem "Im Zeichen des Taurus" (2016) aus der Reihe "Mordkommission Istanbul". Im Vergleich zu dem spannenden Thriller wirkt "Bretonische Geheimnisse" wie ein Krimi für Zuschauer, denen selbst ein "Tatort" aus Münster zu aufregend ist.

Immerhin gibt es neben der stimmigen melancholischen Musik (Fabian Römer und Steffen Kaltschmid) auch ein paar kleine Überraschungen, die größtenteils aus der Handlung resultieren, mitunter aber auch aus der Umsetzung: Das zweite Opfer, Postbote Picard (Peter Sikorski), entpuppt sich nicht nur als Mörder des ersten, sondern auch als sein bester Freund, und weil Dupin nach jeder zusätzlichen Information den Tathergang vor seinem geistigen Auge wieder von vorn ablaufen lässt, gibt es schließlich drei verschiedene Versionen des Ablaufs: vom kaltblütigen Mord bis zum tragischen Unglück. Andere Einfälle wirken dagegen aufgesetzt, etwa ein Szenenwechsel gleich zu Beginn: Der Täter haut auf eine Kirchenbank, aber für den passenden Lärm sorgt Dupin, als er nach einem Schnitt geräuschvoll einen schweren Umzugskarton absetzt. Viel eleganter sind Momente wie jener, als der Kommissar neben den alten Comics auch Fotos findet, die ihn als Kind beim Ritterspiel im Wald von Brocéliande zeigen, und Grass die Erinnerungen entsprechend illustriert, oder wenn er während der Fahrt die Nase aus dem Fenster hält, um die Kindheitsgerüche zu erschnuppern.

Der Film ist ohnehin derart konsequent auf den Titelhelden der Reihe zugeschnitten, dass die Nebenfiguren kaum zur Entfaltung kommen; wenigsten darf Lisa Bitter als unterdrücktes Ehemädchen und Ex-Gattin des nunmehr toten Postboten gegen Ende noch ein anderes Gesicht zeigen. Zum Glück ist es grundsätzlich eine Freude, Pasquale Aleardi zuzuschauen, sonst wäre "Bretonische Geheimnisse" womöglich noch enttäuschender. Andere Filme können sich den Luxus leisten, die Mitwirkung prominenter Nebendarsteller auf Gastauftritte zu reduzieren, weil die Handlung so stark ist. Davon kann hier jedoch keine Rede sein, weshalb die wenigen Stippvisiten von Christina Hecke wie ein Versprechen wirken, dass nie eingelöst wird. Das gilt letztlich auch für die Artus-Elemente, die zwar immer wieder eingestreut werden, aber dennoch bloß wie halbherzige Referenzen wirken: Picard trägt ein Lancelot-T-Shirt, die Kneipe des Dritten im Bunde der Artus-Freunde heißt "Der heilige Gral"; und selbstverständlich hat auch die Geschichte ihren Heiligen Gral.