Fernsehwochenvorschau: "Gottes missbrauchte Dienerinnen"

Gottes missbrauchte Dienerinnen
© ARTE
"Gottes missbrauchte Dienerinnen" auf ARTE am 05. März um 20.15 Uhr. Seit 20 Jahren fängt die Mauer des Schweigens, in das sich sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche hüllt, an zu bröckeln.
Fernsehwochenvorschau: "Gottes missbrauchte Dienerinnen"
Die Fernsehprogrammtipps vom 2. bis zum 8. März 2019
Nach der Enthüllungen über die Vergehen pädophiler Priester tritt ein weiterer Skandal zutage, den die Kirche bislang noch zu vertuschen sucht: Überall in der Welt werden Ordensschwestern von hierarchisch über ihnen stehenden Klerikern sexuell missbraucht. Die Ermittlungen zu diesem französischen Dokumentarfilm dauerten über zwei Jahre. Zu Wort kommen Opfer, ihre Oberinnen, Priester und engste Mitarbeiter von Papst Franziskus. Ihre Aussagen enthüllen einen der bestverschleierten Skandale der katholischen Kirche. Die Reportage läuft am 5. März um 20.15 Uhr auf Arte. Und was sich sonst noch im Fernsehen anzuschauen lohnt in der kommenden Woche.

2.3., Arte, 23.50 Uhr: "Philosophie: Ich rebelliere, also bin ich?"

"Leiste Widerstand! Beweise, dass es dich gibt!", sang France Gall 1981. Die moderne Gesellschaft stellt das Individuum in ein Spannungsfeld zwischen Leistungsdruck und Aufforderung zur Selbstverwirklichung nach vorgegebenen Mustern. Das Ich wird dadurch angegriffen und geschwächt. Umso verlockender ist es, der Aufforderung zum Widerstand zu folgen. Doch ist Widerstand tatsächlich ein Existenzbeweis? Hört man auf zu existieren, wenn man sich unterordnet oder akzeptiert, was man nicht ändern kann? In dieser Folge von "Philosophie" diskutieren Pascal Chabot und Frédéric Desnard über den Mut, Widerstand zu leisten und sich selbst zu verwirklichen.
Chabot ist ein belgischer Philosoph. Nach Forschungsarbeiten über Husserl promovierte er an der Freien Universität Brüssel über Gilbert Simondon. Er ist Dozent an der journalistischen Hochschule IHECS in Brüssel. Desnard ist ehemaliger Abteilungsleiter bei der französischen Firma Interparfums, die Markenparfüms unter Lizenz vertreibt, und litt selbst unter dem Bore-out-Syndrom. Das Unternehmen wurde 2018 vom französischen Arbeitsgericht wegen ungerechtfertigter Entlassung, Mobbings und Ausgrenzung verurteilt.

3.3., ARD, 17.30 Uhr: "Echtes Leben: Zuhause auf Zeit"

Niklas, Bam und Michael haben Glück gehabt. Sie sind im "Weitblick-Jugendhilfe e.V.", einer Jugendhilfeeinrichtung in Dachau, untergekommen. Ein vorübergehendes Zuhause für Teenager im Alter von 14 bis 18 Jahren, die sonst oft durch alle Raster fallen, weil es kaum jemand mit ihnen aushält. Sie sind aus unterschiedlichsten Gründen "schwierig", verhaltensauffällig. Manche trinken Alkohol oder nehmen Drogen, schwänzen die Schule, prügeln sich oder werden straffällig. "Es ist das Vorrecht der Jugend, Fehler zu begehen, denn sie hat genug Zeit, sie zu korrigieren!" Auf diesem Grundsatz von Ernst Barlach beruht die sozialpädagogische Arbeit im "Weitblick". Carlos Benede, Siegfried Hofer und das Team von "Weitblick" wollen den oft traumatisierten Jugendlichen eine Chance geben. Ihnen helfen, einen neuen Weg zu finden und Sozialkompetenz zu entwickeln. Sie sind davon überzeugt, dass jeder Jugendliche in der Lage ist, individuelle Begabungen und Neigungen auszubauen und Defizite auszugleichen. Deshalb sorgen sie für Sicherheit, schenken Vertrauen und gehen in der Erziehung oft unkonventionelle Wege. Benede und Hofer wissen aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, im Heim aufzuwachsen. Sie sind selbst Heimkinder und haben früher als Erzieher im "Salesianum" in Regensburg gearbeitet. Der "Weitblick" ist ihre gemeinsame Vision. Tagesschau24 wiederholt die Reportage am 5. März um 21.40 Uhr.

5.3., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Ich pack’ das"

Über drei Milliarden Pakete liefern Zusteller in Deutschland jedes Jahr aus. Harte Arbeit, bescheidenes Gehalt. Trotzdem machen die drei Paketzusteller, die Tina Radke-Gerlach in diesem Film vorstellt, ihren Job richtig gerne. Aber was sind das für Menschen, die vom boomenden Online-Handel leben? Wie verkraftet man es, wenn die Pakete immer mehr werden, die Arbeit immer härter wird, wenn in unserer konsumorientierten Gesellschaft immer mehr Waren im Internet bestellt werden? Thomas ist 54 und arbeitet seit 32 Jahren für UPS. Der bei den Kunden beliebte Paketzusteller liefert in Frankfurts Innenstadt aus. Schwere körperliche Arbeit und zehn Kilometer zu Fuß am Tag machen ihm nichts mehr aus. Manchmal hat er 400 Pakete im Auto. Wenn dann noch Fahrstühle defekt sind, werden die vielen Treppen irgendwann doch anstrengend. Bis zu seiner Rente kann sich Thomas aber kein anderes Leben vorstellen. Auch die 36-jährige Sandra aus Berlin ist Zustellerin aus Leidenschaft. Die gelernte Medientechnikerin fährt als eine von sieben weiblichen Fahrradkurieren durch den dichten Verkehr von Berlin. Bis zu 80 Kilometer strampelt sie täglich bei Wind und Wetter. Transportiert wird alles, was auf die Ladefläche ihres Lastenrades passt. Höchstens 900 Euro netto bleiben ihr im Monat, doch Sandra liebt ihren Job über alles. Auch Bruno ist Paketzusteller mit Leib und Seele. Schleppen, abgeben und beeilen gehören für den fünffachen Familienvater, der aus Polen kommt, zum Alltag. Er arbeitet für GO! Expressversand; das heißt, die meisten seiner Lieferungen müssen pünktlich zu vorgegebenen Uhrzeiten beim Empfänger sein. Brunos größte Herausforderungen sind Staus, fehlende Parkplätze und ungeduldige Autofahrer. Seit der Online-Handel boomt und die Paketberge wachsen, wird es immer anstrengender.

5.3., Arte, 19.40 Uhr: "Re: Eine Klinik in Jerusalem"

Zehn Kilometer westlich von Jerusalem liegt die größte Klinik des Nahen Ostens: das Hadassah-Hospital. Vor über hundert Jahren wurde es von amerikanischen Hebammen gegründet. Ihr Credo: Bedürftigen helfen, unabhängig von Herkunft oder Religion. Das gilt hier bis heute und wird jeden Tag gelebt, zum Beispiel vom israelisch-palästinensischen Ärzteteam auf der Kinder-Herz-Station. Die Kindersterblichkeit in Palästina ist fast fünfmal höher als in Europa. Die meisten der Kinder, die noch im Säuglingsalter sterben, haben einen angeborenen Herzfehler. Rund 300 lebensrettende Operationen führen die Kinderherzchirurgen jedes Jahr durch, 50 davon an Kindern aus den besetzten Gebieten, deren Eltern die Operation nicht bezahlen könnten - wäre da nicht die Organisation "Ein Herz für den Frieden". Muriel Haim, französische Ärztin und Gründerin der Initiative, hat vor 13 Jahren beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen, dass herzkranke palästinensische Kinder sterben müssen, "nur weil sie auf der falschen Seite des Grenzzauns geboren sind". Der Verein unterstützt auch die Ausbildung palästinensischer Ärzte. Einer von ihnen ist Ibrahim Abu Zahira. Neben seiner Arbeit im Hadassah betreibt er eine Praxis in Hebron, wo er als eines von acht Kindern aufwuchs. Während er vielen seiner Patienten auch dank des Zugangs zur Erste-Klasse-Medizin des Hadassah helfen kann, gibt es in anderen Teilen der besetzten Gebiete noch immer Kinder, die sterben müssen, weil sie nicht oder nicht rechtzeitig im Hadassah ankommen. Nirit Sommerfeld, Jüdin und Künstlerin, streitet für deren Rechte und für die Aufhebung der Besetzung.

5.3., Arte, 20.15 Uhr: "Gottes missbrauchte Dienerinnen"

Nach der Enthüllungsserie über die Vergehen pädophiler Priester tritt jetzt ein weiterer Skandal zutage, den die Kirche bislang noch zu vertuschen sucht: Überall in der Welt werden Ordensschwestern von hierarchisch über ihnen stehenden Klerikern sexuell missbraucht, von Priestern und Würdenträgern bis in den Vatikan hinauf. Den Dienerinnen Gottes, die in Folge dieser Vergehen schwanger werden, droht der Verstoß aus ihren Gemeinschaften oder sie werden zur Abtreibung gezwungen. Diese systemimmanenten Verbrechen wurden zumeist ignoriert und sündige Priester vom Vatikan-Gericht freigesprochen. In den letzten zwanzig Jahren fing die Mauer des Schweigens jedoch an zu bröckeln. Trotz expliziter Berichte, die von Hinweisgebern an den Heiligen Stuhl gerichtet wurden, haben es drei Päpste versäumt, der systematischen sexuellen Versklavung von Ordensfrauen einen Riegel vorzuschieben. Die Ermittlungen zu diesem französischen Dokumentarfilm dauerten über zwei Jahre. Zu Wort kommen Opfer, ihre Oberinnen, Priester und engste Mitarbeiter von Papst Franziskus. Ihre Aussagen enthüllen einen der bestverschleierten Skandale der katholischen Kirche.

5.3., Arte, 22.05 Uhr: "Sklavinnen des IS"

Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit im Nordirak. 2014 werden viele junge jesidische Frauen von den Terroristen des "Islamischen Staates" versklavt. David Evans stellt zwei von ihnen vor. Shirin und Lewiza sind vom "IS" verschleppt, verkauft und über Monate vergewaltigt worden. Schließlich gelang ihnen die Flucht nach Deutschland. Sie wurden in ein Rettungsprogramm aufgenommen, das Baden-Württemberg unter Leitung des Traumatologen Jan Ilhan Kizilhan 2015 ins Leben gerufen hatte. Er ist überzeugt, dass die seelischen Verletzungen der jungen Frauen nur geheilt werden können, wenn ihnen auch juristisch Gerechtigkeit widerfährt. Deshalb bringt er Shirin und Lewiza mit dem renommierten britischen Juristen Philippe Sands zusammen, einem Experten für Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Suche führt über einem Zeitraum von drei Jahren vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bis hin zur höchsten Klageinstanz der Bundesrepublik, dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Hinter dem persönlichen Genesungsweg der beiden traumatisierten jungen Frauen steht eine universelle Frage: Wie sollen demokratische Staaten mit den unmenschlichen Verbrechen des "IS" umgehen? Der Autor fragt: Hat Europa den politischen Willen, die Drahtzieher des Islamischen Staates vor Gericht zu stellen? Wird sich der "IS" jemals für die Verbrechen, die er im Nordirak und Syrien begangen hat, vor Gericht verantworten müssen? Seiner Ansicht nach verrät Europa mit seiner Haltung einen Teil seines rechtsstaatlichen Erbes, dessen Fundament im Nachkriegsdeutschland mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen gelegt wurde.

6.3., 3sat, 21.55 Uhr: "Die Freiheitskämpfe der Frauen"

Zum hundertsten Jahrestag der Einführung des Frauenwahlrechts im Jahr 1918 in Deutschland und Österreich stellt die Dokumentation von Ilona Kalmbach und Sabine Jainski die aktuellen Freiheitskämpfe der Frauen vor. Für echte Gleichberechtigung muss noch immer gekämpft werden. Zwar sind Frauen heute formal gleichgestellt, aber noch durch verkrustete Machtstrukturen benachteiligt. Zudem gibt es neue antifeministische Tendenzen, vor allem im Umfeld rechtspopulistischer Bewegungen.

6.3., Arte, 22.40 Uhr: "Argentinien: Rebellion der Frauen"

Alle dreißig Stunden wird in Argentinien eine Frau umgebracht. Morde, die oft als Verbrechen aus Leidenschaft abgetan werden. Immer mehr Frauen engagieren sich als Aktivistinnen.
Unter dem Motto "Nicht eine weniger" beginnt 2015 eine neue feministische Bewegung. Dem voraus ging ein besonders brutaler Mord an einer 14-Jährigen. Regelmäßig finden Großdemonstrationen statt; am 8. März 2018 gingen an die 700.000 Frauen auf die Straße. Claudia Levy ist eine von vielen. Die Sängerin und Komponistin singt über das Leid, das ihr wie vielen anderen Frauen widerfahren ist. Sie wurde von ihrem Mann jahrelang misshandelt. Karina Abregú hingegen hat den Mordversuch ihres Mannes nur knapp überlebt. Sie wurde mit Alkohol übergossen und angezündet. Die neue feministische Bewegung tritt vehement gegen diese Gewalt an. Gleichzeitig kämpfen die Aktivistinnen für Gleichstellung, Selbstbestimmung und Fairness. Die Ungleichheit sehen sie als den Nährboden für die brutalen Frauenmorde an. Im Schnitt verdienen Frauen in Argentinien 27 Prozent weniger als Männer. Es ist ein Kampf um mehr Gerechtigkeit, die teilweise längst auf dem Papier existiert. Der Feminizid, die Tötung von Frauen, wurde bereits 2012 als verschärfter Tatbestand eingeführt. Zur Anwendung kommt er selten. Gesellschaftlich tief verankert ist die Vorstellung, dass Verbrechen aus Leidenschaft eben passieren können. Auch die Tango-Kultur ist vom Machismo, der Vormachtstellung des Mannes, geprägt. Viele Tango-Sängerinnen treten gemeinsam für ein Umdenken ein. Darunter auch die Sängerin Noelia Moncada. Mit ihrer frechen Puppe Alfredo und einer kräftigen Prise Humor bringt sie ihre Kritik unter die Menschen. Julieta Rudich begleitete mehrere Frauen in Argentinien bei ihrem ganz persönlichen Engagement, den Gräueltaten an Frauen ein Ende zu setzen.

6.3., 3sat, 23.25 Uhr: "Muslimisch, emanzipiert, frei"

Als muslimische Frau in Deutschland selbstbestimmt leben zu können: Dafür kämpfen Gökcen Tamer-Uzun, Aysel Özdemir und Sonja Fatma Bläser. Die drei starken Frauen zeigen, dass Islam und Emanzipation kein Widerspruch sind. Sie haben eine klare Haltung und kämpfen gegen Vorurteile. Autorin Susanne Babila wollte wissen, was die drei Frauen antreibt. Zu den Szenen in ihrem Film gehört unter anderen eine Diskussion Tamer-Uzuns mit angehenden Lehrerinnen über die Bedeutung des Schleiers im Islam und die Stellung der Frau. Die Meinungen gehen weit auseinander. Tamer-Uzun bildet Religionslehrerinnen an der pädagogischen Hochschule aus. Als erste Frau hat sie vor zehn Jahren schon das Lehrfach "Islamischer Religionsunterricht" in Baden-Württemberg mitbegründet. Mit ihren Studierenden – viele haben türkische Wurzeln - besucht sie auch eine Synagoge, weil nur das Wissen über andere Religionen vor Vorurteilen schütze. Für Tamer-Uzun sind Emanzipation, Demokratie und Islam kein Widerspruch. Der Mutter zweier Töchter ist es wichtig, als gläubige Muslimin selbstbestimmt und frei leben zu können. Das treibt auch Aysel Özdemir an. Die Seelsorgerin kümmert sich im Stuttgarter Klinikum um krebskranke Frauen und Palliativpatienten. Damit betritt die 43-jährige neues Terrain, denn bislang war unter Muslimen die seelsorgerische Tätigkeit vor allem Imamen überlassen. Die gläubige Muslimin trägt Kopftuch und wehrt sich gegen den Vorwurf, unterdrückt zu sein. Sie kämpft dafür, dass Frauen in ihrem eigenen Milieu und in der Mehrheitsgesellschaft gleichberechtigt sind. In ihrem Stuttgarter SPD-Ortsverein will sie politisch mitgestalten. Teilhabe kann man nicht nur einfordern, sagt sie, man muss sich dafür einsetzen. Die Lehrerin will sich aber nicht in die Migranten-Schublade stecken lassen und für Integrationsthemen zuständig sein. Das "Wir-Gefühl" beginne damit, dass man als Teil dieser Gesellschaft für die Belange aller einstehe. Der Kampf für Demokratie und Selbstbestimmung verbindet die beiden Frauen mit Fatma Bläser. Sie hat kurdische Wurzeln und den Verein "Hennamond" gegründet. Die Beratungsstelle in Köln-Nippes ist Anlaufstelle für Frauen und Männer, die Rat und Schutz suchen. Viele sind Musliminnen, die häusliche Gewalt erfahren oder von Zwangsheirat bedroht sind; beides, sagt Bläser, werde fälschlicherweise gern mit dem Koran gerechtfertigt. Mit dieser kritischen Haltung eckt sie bei konservativen Eltern und Verbänden an; Drohungen per Post und Mail sind keine Seltenheit. Sie betreut auch das Projekt "Helden des Alltags" und spricht mit jungen Gefängnisinsassen der JVA Wuppertal-Ronsdorf über Themen wie Sexualität, Religionsverständnis und Homophobie. Fatma Bläser stammt selbst aus einer konservativen muslimischen Familie und sollte als junges Mädchen gezwungen werden, einen Mann aus der Türkei zu heiraten. Die Reportage zeigt drei couragierte Frauen, die auf unterschiedliche Weise versuchen, als Muslima selbstbestimmt zu leben.

6.3., Arte, 19.40 Uhr: "Re: Junge? Mädchen? Egal!"

Jungs spielen Fußball, Mädchen mit Puppen: Solche Geschlechter-Stereotype will Schweden bekämpfen, und zwar bereits im Kindergarten. Die Stockholmer Vorschule Egalia setzt auf eine geschlechtsneutrale Erziehung. "Kleine Jungs" und "kleine Mädchen" sind passé; hier gibt es nur noch "kleine Leute". Jungs sollen weinen dürfen und Mädchen sich auch mal raufen. Pädagogen feiern das Konzept, Kritiker sprechen von Genderwahn im Kindergarten. Wenn Patriez von ihrem vierjährigen Kind Imi spricht, sagt sie nicht "mein Sohn" oder "meine Tochter", sondern einfach nur Imi. Wörter wie "Junge" oder "Mädchen" vermeidet sie im Alltag. Und die Frage, welches Geschlecht Imi hat, beantwortet sie nicht. Sie möchte ihr Kind geschlechtsneutral erziehen und es Imi selbst überlassen, wer und was Imi sein will. Dafür versucht sie eine Welt um Imi herum zu erschaffen, in der Sprache, Spielzeug und Kleidung frei von Geschlechterklischees sind. Das Konzept der geschlechtsneutralen Erziehung setzt niemand so konsequent um wie Lotta Rajalin. Die Pädagogin hat 2010 den Stockholmer Kindergarten Egalia gegründet, heute eine der bekanntesten und umstrittensten Vorschulen des Landes. Ihre Vision: ein Ort der Gleichheit und Freiheit, eine neue Art Kindergarten. Mit den Puppen sollen hier Jungen und Mädchen spielen. Die Puppen haben kein erkennbares Geschlecht, sondern unterschiedliche Gesichtsausdrücke, die ihre Emotionen zeigen. Gefühle statt Geschlecht: Die Kinder dürfen mit verschiedenen Rollen spielen, heute Mädchen sein, morgen ein Junge. Alles ist erlaubt. Nur bei alten Kinderliedern und Kinderbuch-Klassikern wird eingegriffen: Der Superheld wird dann zur Heldin umgedichtet und die schwedischen Pronomen "han" (er) und "hon" (sie) durch das geschlechtsneutrale Wort "hen" ersetzt. Das Kunstwort hat es inzwischen sogar in den schwedischen Duden geschafft. Neue Wörter, eine angepasste Sprache, die Vermeidung von Klischees in rosa und hellblau: Die Eltern hoffen, dass ihre Kinder in diesem geschlechtsneutralen Umfeld zu einem toleranteren und weltoffeneren Menschen heranwächst. Kritiker sprechen von Gehirnwäsche im Kindergarten. Der Psychiater David Eberhard gehört zu den bekanntesten Gegnern der geschlechtsneutralen Erziehung, wie sie von Patriez und in Egalia praktiziert wird. Er sagt: Kinder würden unnötig verwirrt und könnten ihr Geschlecht und ihre Sexualität nicht unbedarft entdecken. Eberhard meint: "Jungs sind Jungs und Mädchen sind Mädchen"; Pädagogen dürften diese biologischen Unterschiede nicht einfach ignorieren.

6.3., BR, 19.00 Uhr: "Stationen: Luxus - Wie der Mensch sich reich fühlt"

Lange Zeit war Luxus vermeintlich nur etwas für die Reichen, als Begriff eher negativ besetzt und ein Synonym für Prunksucht und Verschwendung. Inzwischen ist Luxus eher im Immateriellen zu suchen: Auszeiten, Ruhe, Zeit. Luxus ist eine seelische Notwendigkeit, sich etwas zu gönnen, was einem gut tut, meinen Psychologen. Das ist vielleicht auch mit luxuriösen Gütern möglich, aber "Stationen" zeigt, wie in der schnelllebigen digitalisierten Welt immer mehr Menschen versuchen, sich mit einfachen Mitteln etwas Exklusives zu schaffen.

6.3., SWR, 20.15 Uhr: "Land ohne Anstand?"

Die Vorfälle scheinen zuzunehmen: Fast täglich ist inzwischen zu lesen von Sanitätern, die am Einsatzort behindert, belästigt oder sogar angegriffen werden; von Gaffern, die am Unfallort filmen anstatt zu helfen, oder von Politikern, die mit Hasskommentaren, Bedrohungen und sogar mit handfester physischer Gewalt rechnen müssen. Sind solche Vorfälle Indizien dafür, dass das Klima in Deutschland insgesamt rauer und roher wird? SWR-Reporter Kai Diezemann hat für seinen Film Menschen wie Marcel Neumann vom Deutschen Roten Kreuz in Mainz besucht. Der Rettungssanitäter hat im Einsatz selbst schon mehrmals Beleidigungen und Angriffe erlebt; das werde zudem immer extremer. Diezemann fährt eine Nachtschicht im Rettungswagen mit und will wissen: Wie respektlos sind die Menschen gegenüber denen, die ihnen helfen wollen? Im Saarland trifft er die 17-jährige Chiara. Jahrelang wurde sie an ihrer Schule gemobbt, selbst Schläge musste sie einstecken; Erfahrungen, die sie zutiefst verletzt haben. Schließlich hat sogar daran gedacht, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Erst mit Hilfe von Mobbing-Experten und nach einem Schulwechsel kam sie aus dieser Krise heraus. Ist Deutschland ein Land ohne Anstand? Diezemann trifft auf seiner Reise Gewaltforscher, Polizisten und Menschen, die üble Erfahrungen gemacht haben. Er findet aber auch viel Hilfsbereitschaft und Initiativen für ein besseres Miteinander.

7.3., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Kinder sind wie Licht"

Jennys Geschichte beginnt mit einem Zufall. Im Winter 2007 entdeckt sie während einer Rumänienreise einen Slum in der Nähe von Sibiu-Herrmannstadt. Die Kinder sind unterernährt. Viele Babys schweben in Lebensgefahr. Es gibt keinen Strom, kein Wasser, nur Hütten und Dreck. Jenny Rasche, damals 23 Jahre, ist erschüttert. Die Bilder dieser verhungerten Kinder hat sie nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Zurück in Deutschland, gründet sie eine Hilfsorganisation und zieht kurz darauf mit ihrem Mann und ihren drei kleinen Kindern nach Rumänien. Jenny möchte vor Ort helfen. Sie beginnt mit dem Elementarsten und versorgt die Roma mit Essen und warmer Kleidung. Und sie übernimmt Verantwortung für die vierzig Kinder im Slum. Mit Spendengeldern aus Deutschland und der Schweiz gründet sie ein Tageszentrum mit einer angegliederten Schule für Analphabeten. Die ersten Jahre sind schwierig. Die Kinder, die bisher ein elendes Bettlerleben führten, sind traumatisiert. Und dennoch: Mit der Zeit fassen sie Vertrauen zu Jenny. Der 16-jährige Dani zum Beispiel wurde von seinem Vater nach dem Tod der Mutter verlassen. Damit seine beiden jüngeren Schwestern nicht in ein Heim müssen, baut er mit anderen Jugendlichen aus der Siedlung ein kleines Haus und übernimmt Verantwortung für die Mädchen. Mittlerweile besuchen viele der Kinder weiterführende Schulen oder erlernen einen Beruf. Sie haben das Kommando in der Siedlung übernommen. Die erste Generation, die wieder Lust auf Leben entwickelt. Seit fast zehn Jahren begleitet ein Filmteam des WDR die Arbeit und das Leben von Jenny Rasche. Die Dokumentation erzählt die Geschichte einer Frau, die unermüdlich kämpft: für ein besseres Leben der Roma-Kinder, für weniger Leid, für Gerechtigkeit und Chancengleichheit.

8.3., 3sat, 20.15 Uhr: "Gut, besser, vegan?"

Moderner Veganismus, der auf nichts verzichten will, ist der neue Lifestyle einer jungen, gesunden Generation. John Kantara begibt sich auf eine Reise zu den Visionären der Veganerszene. Der Filmemacher ist ein Genussmensch, er kann sich ein veganes Leben nicht vorstellen. Doch er sieht auch die Probleme der Massentierhaltung, der begrenzten Ressourcen und die Notwendigkeit, das Konsumverhalten zu ändern. Was also tun? Ist "vegan" die bessere Alternative zur herkömmlichen Ernährung? In Paris gibt es Gourmet-Restaurants mit veganen Spitzenkreationen, in deutschen Großstädten eröffnen immer mehr vegane Supermärkte, und im Internet tauschen Prominente Rezepte für vegane Torten und Cupcakes teilen. Aber Veganismus ist nicht einfach eine modische Variante des Vegetarismus, sondern ein neues Profit versprechendes Forschungs- und Geschäftsfeld. Unzählige Möglichkeiten, Milch, Käse, Eier und Wurst durch vegane Varianten zu ersetzen, drängen auf den Markt. Veganer essen kein Fleisch, trinken keine Milch und verzichten aufs Frühstücksei. In den USA ist die vegane Welle längst ein Milliardengeschäft. Kein Wunder, dass sich in Kalifornien die ersten Bio-Tech-Firmen gegründet haben, um Milch- und Fleischprodukte aus der Retorte herzustellen. Der Film fragt: Sind vegane Produkte aus dem Labor die bessere Wahl? Sind sie gesund? Wie "grün" und nachhaltig sind sie eigentlich?

8.3., Phoenix, 18.30 Uhr: "mein ausland: Wie Blumen und Salz"

Sabine Boland, Leiterin des ARD-Studios Nairobi, porträtiert in dieser exklusiv für phoenix produzierten Reportage engagierte und starke Frauen, die in ihren Familien und im Beruf an einem selbstbewussten, unabhängigen Afrika mitwirken. Im Mittelpunkt stehen Frauen in Ruanda, der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria und Kenia. Sie haben studiert oder sind Analphabetinnen, sie sind Künstlerinnen, Handwerkerinnen, Geschäftsfrauen, Politikerinnen oder verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Gebäck. Alle aber sind sie irgendwie besonders und verändern etwas in ihrer unmittelbaren Umgebung. Für die ruandische Journalistin Peace Sesengura sind Frauen wie Blumen: genauso pflegebedürftig, aber auch ein bisschen verrückt. Und für die Polizistin Biberone Ganguma geht ohne Frauen nichts. Ihrer Meinung nach ist die Gesellschaft ohne Frauen wie ein langweiliges Essen ohne Salz. Klingt für manche Ohren vielleicht selbstverständlich, doch in vielen traditionell geprägten Ländern Afrikas müssen Frauen für ihre Rechte mehr kämpfen als anderswo auf der Welt.