Der Kommissar im Kirchenchor

"Oh Gott, Herr Pfarrer!"
Foto: ullstein bild/Teutopress
TV-Serie "Oh Gott, Herr Pfarrer" (ARD) v. l: W. Schultheiss, S. Adorf, R. Atzorn, M. Kroymann, S. Wisser.
Der Kommissar im Kirchenchor
Initiative will mehr Christliches in Filmen
Pfarrerserien im Fernsehen sind beliebt. Einer Gruppe medienschaffender Christen genügt das allerdings nicht. Sie wollen auch im "Tatort" und Soaps ganz normale Christenmenschen sehen.
20.01.2019
epd
Marcus Mockler

Die TV-Serie "Oh Gott, Herr Pfarrer" fand vor 30 Jahren ein großes Publikum, kurz vor Weihnachten 2018 flimmerte die dänische Pfarrerserie "Die Wege des Herrn" über deutsche Bildschirme. Unterhaltung mit kirchlichen Stoffen ist beliebt, aber dem Stuttgarter Drehbuchautor Gerald Birkenstock reicht das nicht. Er wundert sich, dass das ganz normale Kirchenmitglied, das sonntags zum Gottesdienst geht und vielleicht sogar vor dem Essen betet, in Krimis und Soaps kaum auftaucht. Das von ihm mitgegründete Forum "Christen in Film und Fernsehen" (CFF) will das ändern.

Der 57-jährige Birkenstock kritisiert, dass Serien wie der "Tatort", die angeblich das Leben in Deutschland abbilden wollen, so selten christliche Charaktere enthalten. Und wenn doch, dann werden sie eher als religiöse Spinner oder Anhänger extremer Freikirchen präsentiert. Birkenstock, der selbst im Kirchengemeinderat einer evangelischen Gemeinde in Stuttgart-Stammheim sitzt, hätte da bessere Ideen: "Warum nicht mal ein Kommissar, den ein wichtiger Anruf erreicht, während er gerade im Kirchenchor probt? Oder einer, der in einer schweren Situation ein Stoßgebet spricht?", fragt er.

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Dass der Durchschnittschrist in einer Durchschnittsserie so schlecht vertreten ist, liegt nach Birkenstocks Überzeugung auch daran, dass so wenige kirchliche Leute den Weg in die Medien suchen. Als Medienschaffender finde man in seiner Kirchengemeinde vor Ort kaum jemanden, mit dem man über seine beruflichen Herausforderungen sprechen kann. Das war einer der Gründe, warum 1990 die CFF-Initiative - damals noch unter dem Namen "Christliches Fernseh-Forum" gegründet wurde. Am Anfang stand die Suche nach kollegialem Austausch mit Christen im Mediengeschäft.

Das CFF-Forum findet inzwischen alle zwei Jahre statt - das nächste Mal vom 31. Januar bis 3. Februar im Bernhäuser Forst bei Stuttgart mit voraussichtlich mehr als 30 Teilnehmern und Fachseminaren für Christen in der Branche. Eine weitere Frucht der Arbeit ist der überkonfessionelle Filmpreis "David", der Produktionen ehrt, die "auf überzeugende und lebendige Weise christliche Werte transportieren", wie es in der Ausschreibung heißt. Er wurde allerdings 2014 zuletzt vergeben. Birkenstock bedauert das, doch kenne er derzeit niemanden, der ehrenamtlich die Organisation dieses Preises übernehmen könne.

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Einige Erfolgsautoren wissen sich mit CFF verbunden, sagt der Vereinsvorsitzende. Dazu zähle der Österreicher Rainer Hackstock ("SOKO Kitzbühel"), Marc-Andreas Bochert ("Die Schöne und das Biest", "Krüger aus Almanya") oder Christoph Silber ("Hanni und Nanni", Mitarbeit an "Goodbye, Lenin").

Birkenstock selbst hat das TV-Handwerk bei Christen in Kanada gelernt. Nach einer Ausbildung zum Fernsehtechniker volontierte er bei einem Sender in Toronto und baute danach in Altensteig (Nordschwarzwald) ein christliches Fernsehstudio auf. Später arbeitete er in Mainz für SWR, ZDF und HR, danach in Stuttgart für "Bavaria Film". Als Autor hat er an Soaps wie "Fabrixx" und "Eine für alle" mitgeschrieben. Unter den speziell christlichen Produktionen, an denen er gearbeitet hat, ragt die Serie "Der Schlunz" heraus - von den DVDs wurden über 125.000 verkauft.

Dem Forum geht es dem Vorsitzenden zufolge nicht nur um "fromme" Filme, sondern darum, die Normalität des Christseins in Ländern wie Deutschland darzustellen, wo mehr als die Hälfte der Menschen einer Kirche angehören und Sonntag für Sonntag über drei Millionen einen Gottesdienst besuchen. Birkenstock rühmt Streifen wie "Noah" (2014) mit Russell Crowe, wo ein unbequemes und sperriges Porträt des biblischen Helden gezeigt werde. Auch "Der einzige Zeuge" (1985) mit Harrison Ford sei ein Positivbeispiel, weil sich das Drehbuch differenziert der christlichen Glaubensgemeinschaft der Amischen in den USA nähere.

Ideal wäre es nach Ansicht der CFF-Mitglieder, wenn sich in den Autorenteams großer Serien immer auch Christen befänden. Mit ihrem Hintergrundwissen könnten sie das Spektrum an Charakteren und Handlungssträngen erweitern. In den USA sei das etwa bei der Comicserie "Die Simpsons" gelungen. Dort werde der Nachbar der Simpsons, Ned Flanders, als frommer Christ präsentiert - mal bigott, mal herzensgut in seiner Liebe zum Nächsten.