Evangelische Kirche sagt umfassende Klärung von Missbrauchsfällen zu

A dim old church interior lit by suns rays penetrating through a colorful stained glass window in the pattern of a crucifix reflecting colours on the floor and a speech pulpit
Es soll keine Tolerzanz gegenüber Tätern und Mitwissern geben, kündigten die EKD-Präses und der Ratsvorsitzende am ersten Tag der Synode in Würzburg an.
Evangelische Kirche sagt umfassende Klärung von Missbrauchsfällen zu
Eigentlich will sich die EKD-Synode mit Digitalisierung und dem Glauben junger Menschen beschäftigen. Doch beim Auftakt der viertägigen Beratungen steht ein Thema im Mittelpunkt, bei dem die Protestanten unter Druck geraten sind.

Die evangelische Kirche hat eine umfassendere Aufarbeitung von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen in ihren Einrichtungen angekündigt. Nach der katholischen Kirche will auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Wissenschaftler beauftragen, um das Ausmaß von Missbrauch aufzuzeigen und spezielle Risikofaktoren aufzudecken. Das kündigte EKD-Synodenpräses Irmgard Schwaetzer am Sonntag zu Beginn der viertägigen Beratungen des Kirchenparlaments in Würzburg an. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm bat die Opfer um Vergebung und forderte eine "Null-Toleranz gegenüber Tätern und Mitwissern". Dafür stehe die Kirche in der Pflicht.

In einem Grußwort vor der Synode forderte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) die evangelische Kirche dazu auf, in Fällen sexuellen Missbrauchs disziplinarrechtliche Konsequenzen zu ziehen und eine Strafverfolgung zu unterstützen. "Menschen, die Kinder missbrauchen und sie damit für ihr Leben schädigen, haben in keinem Amt der Kirche mehr etwas zu suchen", verlangte die SPD-Politikerin.

Synodenpräses Schwaetzer betonte, die evangelische Kirche lege bei der Aufarbeitung großen Wert auf die Zusammenarbeit mit der von der Bundesregierung eingerichteten Unabhängigen Aufarbeitungskommission. Diese hat von der evangelischen Kirche eine übergreifende Studie nach dem Vorbild der katholischen Deutschen Bischofskonferenz gefordert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung waren Ende September vorgestellt worden und hatten Rufe nach einer spezifischen Aufarbeitung auch in der evangelischen Kirche lauter werden lassen.

Schwaetzer erklärte, es würden zwei Studien in Auftrag gegeben. Eine solle dabei helfen, mehr Klarheit darüber zu gewinnen, wie groß das Dunkelfeld ist - also die Zahl der Opfer, die nicht bekannt sind, weil sie sich nicht hilfesuchend an jemanden gewandt haben. Eine zweite Studie soll mehr Aufklärung über Risikofaktoren in der evangelischen Kirche bringen. Der Anspruch sei, möglichst vollständige Aufklärung zu leisten. Die Beauftragung der Studien wurde Schwaetzer zufolge am Samstag von der Kirchenkonferenz beschlossen, dem Zusammenschluss der evangelischen Landeskirchen.

Der Stand der Aufarbeitung in den Landeskirchen ist sehr unterschiedlich. Fehrs wird der Synode am Dienstag einen Bericht zum Thema vorlegen. Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm sagt am Sonntag: "Wir müssen weitere Konsequenzen ziehen, noch intensiver an Präventionskonzepten und zielgenauer Aufarbeitung arbeiten."