Syrische Kriegsverbrechen konsequent verfolgen

Syrische Kriegsverbrechen konsequent verfolgen
Nach Ansicht der Nahostexpertin Kristin Helberg (Berlin) sollten die Europäischen Staaten - allen voran Deutschland - die in Syrien begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgen. "So viele Syrer haben Tote zu beklagen und mehr als 80.000 Menschen sind noch immer in den Folterkellern des Regimes verschwunden", sagte Helberg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nur wenn diese Verbrechen aufgearbeitet würden, könne das Land wieder Frieden finden.

Da nirgendwo im Westen so viele Syrer leben wie in Deutschland, biete sich die Bundesrepublik als Ort für die Aufarbeitung syrischer Kriegsverbrechen an. Im Juni 2018 habe der deutsche Generalbundesanwalt auf Grundlage des Weltrechtsprinzips einen Haftbefehl gegen Dschamil Hassan, den Chef des syrischen Luftwaffengeheimdienstes, gestellt. Zum ersten Mal überhaupt sei damit ein enger Vertrauter Assads international zur Fahndung ausgeschrieben worden - laut Helberg ein großer juristischer Durchbruch.

Großer juristischer Durchbruch

Die Bundesanwaltschaft befasse sich mit weiteren Anzeigen von Syrern in Deutschland und arbeite dafür mit syrischen Anwälten zusammen. "Es gibt eine historisch einmalige Beweislage", sagte die Politikwissenschaftlerin, deren neues Buch "Der Syrienkrieg. Lösung eines Weltkonflikts" jetzt erschienen ist. Beispielweise lägen Fotos eines Regimefotografen von getöteten Häftlingen vor und mehr als eine Million Dokumente des Systems seien ins Ausland geschmuggelt worden.



Ziel müsse sein, dass weitere hochrangige Vertreter des Assad-Regimes per internationalem Haftbefehl gesucht werden, sagte Helberg. Diese Haftbefehle seien ein wichtiges Signal für die Syrer dafür, dass ihre Leiden nicht vergessen sind. Und auch international seien sie bedeutend, weil sie zeigten, dass es keine Straffreiheit für solche Taten gibt.

Keine Zusammenarbeit mit Assad

Außerdem werde so klar, dass die Verantwortung für die Verbrechen bis in die oberste Führung reiche und eine Zusammenarbeit mit Assad nicht möglich sein kann. Deshalb spricht sich die Autorin auch dafür aus, dass Europa keine direkten Beziehungen zum Assad-System aufbaut. Auch nicht, wenn es um ein Abkommen mit Damaskus zur Rückführung syrischer Geflüchteter geht. Genauso sollte Europa sich nicht am Wiederaufbau in Syrien beteiligen, solange dieser dem Regime dazu dient, Anhänger zu belohnen, Gegner zu bestrafen und demografische Veränderungen zu festigen, ist die Syrien-Expertin überzeugt.