Fernsehwochenvorschau: "37 Grad: Arm trotz Arbeit"

Tahsin bei der Arbeit
Foto: ZDF/Peter Sághy
"37 Grad: Arm trotz Arbeit": Neben seinem Vollzeitjob fährt Tahsin abends noch Pizza aus. Trotzdem lebt er mit seiner Familie am Existenzminimum.
Fernsehwochenvorschau: "37 Grad: Arm trotz Arbeit"
Fernsehwochenvorschau vom 8. bis 13. September
Manuela und Tahsin haben mehrere Jobs und dennoch reicht das Verdiente kaum zum Leben. Da beide im sogenannten Niedriglohnsektor arbeiten - das heißt, sie verdienen kaum mehr als den Mindestlohn -, bleiben der Familie trotz der vielen Jobs nur 300 Euro im Monat zum Leben. Die Reportage läuft am 11. September um 22.15 Uhr im ZDF. Und das gibt es sonst noch im TV.

8.9., Arte, 23.35 Uhr: "Philosophie: Was verbirgt sich hinter Transparenz?"

Transparenz ist nötig, um Vertrauen zu schaffen. Doch wo endet Transparenz, und wo beginnen Spionage und Voyeurismus? Wo liegt der Unterschied zwischen wichtigen Informationen und pikanten News? Darf man das Privatleben öffentlicher Personen ausforschen und publik machen? In der Demokratie gehört die Macht dem Volk, der Staat ist nur ein Instrument. Darf es da überhaupt noch Geheimnisse geben? Und wäre nicht jede Grauzone eine Kapitulation der Demokratie vor verborgenen Mächten? Wer entscheidet, was öffentlich werden und was privat bleiben muss?
Raphaël Enthoven diskutiert mit Fabrice Arfi, einen investigativen Journalisten beim französischen Newsportal "Mediapart", der zahlreiche Affären um Wahlkampffinanzierungen aufgedeckt hat. Weiterer Gast ist Denis Olivennes, Präsident der französischen Mediengruppe Lagardère Active.

9.9., ARD, 17.30 Uhr: "Echtes Leben: Muslimisch, emanzipiert, frei"

Als muslimische Frau in Deutschland selbstbestimmt leben zu können: Dafür kämpfen Gökcen Tamer-Uzun, Aysel Özdemir und Sonja Fatma Bläser. Die drei starken Frauen zeigen, dass Islam und Emanzipation kein Widerspruch sind. Sie haben eine klare Haltung und kämpfen gegen Vorurteile. Autorin Susanne Babila wollte wissen, was die drei Frauen antreibt. Zu den Szenen in ihrem Film gehört unter anderen eine Diskussion Tamer-Uzuns mit angehenden Lehrerinnen über die Bedeutung des Schleiers im Islam und die Stellung der Frau. Die Meinungen gehen weit auseinander. Tamer-Uzun bildet Religionslehrerinnen an der pädagogischen Hochschule aus. Als erste Frau hat sie vor zehn Jahren schon das Lehrfach "Islamischer Religionsunterricht" in Baden-Württemberg mitbegründet. Mit ihren Studierenden – viele haben türkische Wurzeln - besucht sie auch eine Synagoge, weil nur das Wissen über andere Religionen vor Vorurteilen schütze. Für Tamer-Uzun sind Emanzipation, Demokratie und Islam kein Widerspruch. Der Mutter zweier Töchter ist es wichtig, als gläubige Muslimin selbstbestimmt und frei leben zu können. Das treibt auch Aysel Özdemir an. Die Seelsorgerin kümmert sich im Stuttgarter Klinikum um krebskranke Frauen und Palliativpatienten. Damit betritt die 43-jährige neues Terrain, denn bislang war unter Muslimen die seelsorgerische Tätigkeit vor allem Imamen überlassen. Die gläubige Muslimin trägt Kopftuch und wehrt sich gegen den Vorwurf, unterdrückt zu sein. Sie kämpft dafür, dass Frauen in ihrem eigenen Milieu und in der Mehrheitsgesellschaft gleichberechtigt sind. In ihrem Stuttgarter SPD-Ortsverein will sie politisch mitgestalten. Teilhabe kann man nicht nur einfordern, sagt sie, man muss sich dafür einsetzen. Die Lehrerin will sich aber nicht in die Migranten-Schublade stecken lassen und für Integrationsthemen zuständig sein. Das "Wir-Gefühl" beginne damit, dass man als Teil dieser Gesellschaft für die Belange aller einstehe. Der Kampf für Demokratie und Selbstbestimmung verbindet die beiden Frauen mit Fatma Bläser. Sie hat kurdische Wurzeln und den Verein "Hennamond" gegründet. Die Beratungsstelle in Köln-Nippes ist Anlaufstelle für Frauen und Männer, die Rat und Schutz suchen. Viele sind Musliminnen, die häusliche Gewalt erfahren oder von Zwangsheirat bedroht sind; beides, sagt Bläser, werde fälschlicherweise gern mit dem Koran gerechtfertigt. Mit dieser kritischen Haltung eckt sie bei konservativen Eltern und Verbänden an; Drohungen per Post und Mail sind keine Seltenheit. Sie betreut auch das Projekt "Helden des Alltags" und spricht mit jungen Gefängnisinsassen der JVA Wuppertal-Ronsdorf über Themen wie Sexualität, Religionsverständnis und Homophobie. Fatma Bläser stammt selbst aus einer konservativen muslimischen Familie und sollte als junges Mädchen gezwungen werden, einen Mann aus der Türkei zu heiraten. Die Reportage zeigt drei couragierte Frauen, die auf unterschiedliche Weise versuchen, als Muslima selbstbestimmt zu leben.

9.9., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst"

Nur wem man zuhört, dem kann man auch helfen: Das ist die Überzeugung von Pflegern und Mitarbeitern der Diakonie. Um ihre Arbeit geht es im Gottesdienst aus dem Kloster Lehnin bei Brandenburg. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Evangelischen Diakonissenhauses Berlin Teltow Lehnin berichten, wie Menschen an den Rand gedrängt werden und warum jede Lebensgeschichte ein Recht darauf hat, gehört zu werden. Die Predigt hält Diakoniepräsident Ulrich Lilie.

9.9., ARD alpha, 21.40 Uhr: "Auf ein Wort … Gerechtigkeit"

Wie kommt das Böse in die Welt? Was ist Wahrheit? Kann der Mensch die Wahrheit erkennen? Ist Gott allmächtig? Fragen, die sich jedermann stellt. In der Sendung "Auf ein Wort" diskutiert Michel Friedman mit renommierten Geisteswissenschaftlern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über Grundsatzfragen unserer Zeit. Der Moderator und Philosoph begibt sich mit seinen Gästen auf eine Gedankenreise und erkundet die Dialektik scheinbar eindeutiger Begriffe. Diesmal geht es um Gerechtigkeit. Zu Gast ist Stephan Gosepath, Professor für Moralphilosophie und Politische Philosophie an der Freien Universität Berlin. Neben dem Band "Gleiche Gerechtigkeit" hat er zahlreiche Artikel zur Gerechtigkeit und Gleichheit, zu Menschenrechten und Globaler Gerechtigkeit sowie zur Moralphilosophie veröffentlicht.

9.9., ARD alpha, 22.20 Uhr: "Streetphilosophy: Hedonismus"

Berlin gilt als Hauptstadt des Hedonismus. Nach maximaler Lust und Glück zu streben, das ist hier oberstes Gebot. Kann ein Leben, das auf den Moment ausgerichtet ist, wirklich auf Dauer zufrieden und glücklich machen? Oder lebt es sich besser, wenn der Exzess eine Ausnahme bleibt? Moderator Jonas Bosslet trifft den Hedonisten Thomas Tänzer. Der Mann besitzt zwei Hotels in Berlin-Mitte und hat sich auf die Bedürfnisse von seinesgleichen spezialisiert. Maximale Lust heißt für ihn: alles mitnehmen, am besten links neben der Überholspur. Danach streift Jonas mit Glücksforscherin und Psychologin Anna Pohlmeyer durch ein Discounter-Möbelhaus in Berlin-Marzahn. Mit ihr spricht er darüber, wie Dinge gestaltet sein müssen, damit sie uns glücklich machen, und wie man in eine hedonistische Tretmühle gerät. Am nächsten Mittag geht Jonas mit Rapper Yung Hurn ins Freibad: baden und Bier, während andere arbeiten; ein perfekter Tag für beide. Sie sprechen darüber, welche Vorzüge es hat, immer ganz frei im Moment zu leben, sich auf nichts festzulegen. Anschließend trifft Jonas auf die Philosophin Svenja Flaßpöhler. Sie erzählt Jonas, dass Hedonismus in der Philosophie viel mehr bedeutet den Schmerz zu vermeiden als allein die Lust zu maximieren.
Abends geht Jonas in Clärchens Ballhaus. Dort arbeitet Ilka Eichler bereits seit 25 Jahren an der Garderobe. Für sie bedeutet Glück nicht Whirlpool und Champagner, sondern Zufriedenheit mit dem, was man hat.

10.9., ARD, 22.45 Uhr: "Der Deutschtürken-Report"

Mesut Özil, Ausnahmefußballer und Enkel türkischer Gastarbeiter, galt jahrelang als Musterbeispiel für gelungene Integration; bis er und sein Teamkollege Ilkay Gündogan im Mai 2018 mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan posierten. Es folgte eine Diskussion, die auch durch den Rücktritt Özils aus der Nationalmannschaft nicht beendet wurde. Er fühle sich als ein Deutscher, schrieb er, "wenn wir gewinnen und als Immigrant, wenn wir verlieren". Der Film von Ilyas Meç und Emel Korkmaz beschreibt das Lebensgefühl von Menschen türkischer Herkunft. Viele beklagen sich darüber, benachteiligt zu werden und nicht wirklich dazuzugehören. Andererseits stimmten im Juni etwa 60 Prozent der wahlberechtigten Türken in Deutschland für Erdogan. Ähnlich fiel das Ergebnis bei der Abstimmung über die Verfassungsreform im April 2017 aus. Diese Menschen genießen in Deutschland die Vorzüge eines Rechtsstaates, stimmen aber gleichzeitig für die Abschaffung der Gewaltenteilung, die Entmachtung des Parlaments und für ein autokratisches System in ihrem Herkunftsland. Was sagt das aus über die Integration von türkischstämmigen Menschen in Deutschland? Die Deutschtürken sehen die Entwicklung der Infrastruktur unter Erdogan, wenn sie zum Urlaub in die Türkei fahren. Von diesen Vorzügen profitieren sie, die politischen Folgen blenden sie aus, kritisiert Gökay Sofoglu von der türkischen Gemeinde in Deutschland. Haci-Halil Uslucan vom Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung in Essen beobachtet in den letzten fünf Jahren eine zunehmend hohe Verbundenheit der Deutschtürken zur Türkei bei gleichzeitiger Abnahme der Verbundenheit mit Deutschland. Man könne nicht sagen, "Integriert euch!", und zugleich feststellen, der Islam gehöre nicht zu Deutschland: "Das sind widersprüchliche Botschaften", sagt Uslucan, der auch im Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration sitzt. Die Kölner Buchautorin Tuba Sarica sieht solche Erklärungen skeptisch. Sie spricht von einer Deutschenfeindlichkeit in Teilen der türkischen Community, die den Kindern eingeimpft werde und die Integration verhindere. Zu den vielen Aspekten, der die Dokumentation nachgeht, gehört auch die demografische Entwicklung: 25 Prozent der hier lebenden Türkischstämmigen sind jünger als 15 Jahre. Bei den Einheimischen sind es elf Prozent. Die Deutschtürken sind im Durchschnitt also deutlich jünger. Ein großes Potenzial für unsere alternde Gesellschaft, wenn sich diese Gruppe in Deutschland zuhause fühlt, aber eben auch ein nicht unerhebliches Risiko für den gesellschaftlichen Frieden, wenn dies scheitert. Grund genug, die Gruppe der Deutschen türkischer Herkunft genauer zu betrachten. Wie denkt, wie fühlt, wie lebt die extrem heterogene Gruppe der unterschiedlichen Generationen? Wie steht es um die Schulbildung und wie erfolgreich sind sie ökonomisch? Der Film zeigt überraschende Erkenntnisse auf und stellt gängige Parolen auf den Prüfstand.

10.9., ARD, 23.30 Uhr: "Die Oslo-Tagebücher"

Die internationale Koproduktion dokumentiert zum ersten Mal, was wirklich bei den geheimen israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen in Norwegen 1992/93 geschah. Im September 1993 schien Frieden möglich: Israels Ministerpräsident Izchak Rabin und Jassir Arafat, Chef der palästinensischen Befreiungsbewegung, gaben sich auf dem Rasen des Weißen Hauses die Hände. Eine historische Geste der Versöhnung: Zwei erbitterte Feinde präsentierten sich als Partner. In einem Grundsatzabkommen, den sogenannten Oslo-Verträgen, hatten sie sich verpflichtet, gemeinsam eine Lösung des Konflikts zu finden. Unter strikter Geheimhaltung war es in Norwegen ausgehandelt worden. Die ehemals erbitterten Feinde einte die Überzeugung, dass das Blutvergießen auf beiden Seiten endlich gestoppt werden müsse. Die Dokumentation erzählt die wahre Geschichte jener Akteure, die damals versuchten, Frieden zu schaffen. Die Autoren Mor Loushy und Daniel Sivan durften die persönlichen Aufzeichnungen der damals Beteiligten auswerten. Die Dokumentation erzählt exklusiv aus der Sicht der wichtigsten Akteure, wie es zum Friedensabkommen von Oslo kam, und fragt nach den Ursachen für das Scheitern der anschließenden Verhandlungen.

10.9., 3sat, 0.05 Uhr: "37 Grad: Eltern verzweifelt gesucht"

In Deutschland leben 95.000 Kinder in Heimen; für über 75.000 Kinder sind Pflegefamilien gefunden worden. Autorin Phillis Fermer hat eine dieser Familien, die einem Heimkind ein neues Zuhause geben will, zwei Jahre lang begleitet. Anne (45) und Frank (47) leben mit Tochter Lönja (14) in Köln. Seit zehn Jahren sind sie ein Paar. Das Jugendamt hat ihnen die neunjährige Pflegetochter Nermina vermittelt; sie hat bereits drei Jahre im Kinderheim gelebt. Ihre Eltern haben sich getrennt, die Mutter ist psychisch schwer erkrankt. Niemand konnte sich in Nerminas früher Kindheit ausreichend um das Mädchen kümmern. Sie wünscht sich, in einer richtigen Familie aufzuwachsen. Als Anne und Frank sich als Pflegeeltern zur Verfügung stellen, scheint ihr Wunsch in Erfüllung zu gehen. Trotzdem gestaltet sich die Anfangszeit für alle sehr schwierig und kräftezehrend. Pflegemutter Anne ist gelernte Sozialpädagogin, sie übt regelmäßig Mathe und Deutsch mit ihrer Pflegetochter, die eine Förderschule besucht. Nermina kann sich nur schwer auf die Hausaufgaben konzentrieren und verzweifelt schnell, weil das Lernen für sie so mühsam ist. Außerdem testet sie gerade in der Anfangszeit ihre Grenzen aus und provoziert die ganze Familie. Sie kann nicht glauben, dass sie wirklich in der Pflegefamilie bleiben darf, egal, was passiert. Zu tief sitzt die Angst, wieder abgegeben und ins Heim abgeschoben zu werden. In ihren ersten Jahren hat Nermina Erwachsene immer nur als unzuverlässig erlebt. Zu viel Familienharmonie kann sie auch heute nur schwer ertragen. Wenn ihr mal wieder alles zu viel wird, verlässt sie kommentarlos das Haus und radelt durch die Gegend. Oft machen sich ihre Pflegeeltern dann Sorgen, sie hoffen, dass es ihnen schließlich gelingen wird, Nerminas Vertrauen zu gewinnen. Tochter Lönja hat sich das ohnehin alles ganz anders vorgestellt mit einer Pflegeschwester. Sie ist oft genervt von Nerminas Wut. Doch die Ausraster werden im Lauf der Zeit immer weniger, die Pflegefamilie wächst Schritt für Schritt zusammen. Nach vielen Turbulenzen steht für Nermina fest: "Hier ist es viel schöner als im Kinderheim, hier ist mein Zuhause."

11.9., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Arm trotz Arbeit"

Die Zahl der Berufstätigen, die unter die Schwelle der Armutsgefährdung fallen, hat sich zwischen 2004 und 2014 verdoppelt. Damit ist die Erwerbsarmut in der Bundesrepublik stärker gestiegen als in jedem anderen EU-Land. Die Bundesagentur für Arbeit registrierte 2017 3,26 Millionen Mehrfachbeschäftigte. Nathalie Sutho stellt mit ihrem Film einige dieser Menschen vor, die mehr als einen Job brauchen, um finanziell über die Runden zu kommen. Manuela und Tahsin haben zwei gemeinsame Söhne und mehrere Jobs. Tagsüber arbeitet Tahsin als Staplerfahrer, abends fährt er Pizza aus. Der 42-Jährige ist gelernte Fachkraft für Metalltechnik, doch seit Jahren findet er in seinem erlernten Beruf keine Festanstellung. Selbst das Arbeitsamt kann ihm nur Aushilfsstellen über Zeitarbeitsfirmen vermitteln. Die einzige Chance, aus dieser Situation herauszukommen, wären eine Umschulung oder eine Zusatzqualifikation, aber dafür hat er schlicht keine Zeit. Lebensgefährtin Manuela kümmert sich um die zwei kleinen Kinder und hat zwei Putzstellen. Da beide im sogenannten Niedriglohnsektor arbeiten - das heißt, sie verdienen kaum mehr als den Mindestlohn -, bleiben der Familie trotz der vielen Jobs nur 300 Euro im Monat zum Leben. Möglichkeiten, für das Alter zu sparen, haben sie dadurch auch nicht. Manuela versucht, zu sparen, wo sie nur kann, und geht regelmäßig zur Kleiderkammer. Trotzdem fehlt oft das Geld für Rechnungen. Ähnlich geht es Monika. Die 58-Jährige wurde nach ihrer Scheidung zur Multijobberin und füllt eine befristete Teilzeitstelle mit verschiedenen Jobs auf. Um diese Stellen konkurriert sie mit Studenten. Trotz guter Ausbildung, mehrerer Qualifikationen und ständiger Bewerbungen findet sie keine Festanstellung. Drittes Fallbeispiel ist Sabine, 41 Jahre alte alleinerziehende Mutter eines elfjährigen Sohnes. Auch sie hat zwei Jobs und ergänzt eine volle Stelle bei der Stadt in Essen mit einem Minijob am Wochenende auf. Das schlechte Gewissen ist ein ständiger Begleiter, weil sie führ ihren Sohn natürlich viel weniger Zeit hat, als ihr lieb ist. Und so zeigt die Reportage, wie es sich für einen Menschen anfühlt, wenn die Arbeitskraft so wenig wert ist, dass eine Arbeitsstelle nicht zum Leben reicht; wenn man keine Chance hat, trotz Ausbildung und Qualifikationen eine unbefristete Vollzeitstelle zu bekommen; und wenn das eigene Kind darunter leidet, weil man so viel arbeiten muss?

11.9., Arte, 22.55 Uhr: "Kleine Arrangements mit dem Leben"

Als Christophe Otzenberger diesen Film drehte, wusste er, dass es sein letzter sein würde. Er litt an Lungenkrebs, und seine Überlebenschancen standen nicht gut. Doch das Filmemachen war seine Berufung, ihr wollte er nachgehen bis zum bitteren Ende. Also lud er Menschen ein, mit ihm darüber zu sprechen, was das Leben bedeutet, wenn es plötzlich nicht mehr selbstverständlich ist. An sein Krankenbett an der bretonischen Nordseeküste kamen Männer und Frauen jeden Alters, die wie er an einer chronischen oder lebensbedrohlichen Krankheit litten. In Zusammenarbeit mit der Regisseurin Stéphane Mercurio entstand dabei ein quasi vierhändiger Film: Christophe Otzenberger filmte seine Gesprächspartner; Stéphane Mercurio filmte Christophe. "Kleine Arrangements mit dem Leben" ist ein Dokumentarfilm, der auch seine eigene Entstehung reflektiert. Er ist sanft, poetisch und sogar lustig - genau wie das Leben. Otzenberger verstarb im Juni 2017, noch bevor er mit den Schnittarbeiten beginnen konnte.

11.9., ZDFinfo, 18.45 Uhr: "Scientology - Auf der Spur mysteriöser Todesfälle"

Die Dokumentation befasst sich mit drei mysteriösen Todesfällen im Umfeld des weltweit aktiven Psychokonzerns Scientology. Alle Fälle stehen mit Clearwater in Verbindung, einer Stadt in Florida, die als Mekka der Scientologen gilt. Bei den Verstorbenen handelt es sich um einen jungen Amerikaner, eine die deutsche Tierärztin und einen russischen Geschäftsmann. Nachgewiesen wurde eine eventuelle Verbindung der Todesfälle zu Scientology allerdings nie. Die Ermittlungen sind mittlerweile eingestellt. Der Film stellt unbequeme Fragen: Weshalb mussten diese Menschen sterben? Welche Rolle spielt Scientology? Und warum stellten sowohl US-amerikanische als auch deutsche Behörden ihre Ermittlungen ein?

12.9., 3sat, 20.15 Uhr: "Wie antisemitisch ist Deutschland?"

Es brennen wieder israelische Flaggen, Gedenksteine an den Holocaust werden geschändet, auf vielen Schulhöfen ist "Du Jude!" als Schimpfwort allgegenwärtig. Das deutsche Innenministerium verzeichnete für das Jahr 2017 1453 antisemitische Straftaten. Die Tendenz ist steigend. Wie antisemitisch ist Deutschland wirklich? Und wer sind die Täter? Wie drückt sich Antisemitismus im Alltag der jüdischen Bevölkerung in Deutschland aus? Sind radikale Muslime oder Rechtsextreme die größere Bedrohung? Wie tief ist Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt? Was kann man dagegen tun? Und wie kann man sich dagegen wehren? Autor Thorsten Berrar begleitet Barrie Kosky, den Intendanten der Komischen Oper Berlin, bei seiner Suche nach Antworten. Die beiden treffen auf Menschen, die unter antisemitischen Anfeindungen leiden und Antisemitismus bekämpfen, aber sprechen auch mit jenen, die ihn im Internet schüren. Dabei schreckt Kosky auch nicht vor Konfrontationen zurück. Er ist Jude, stammt aus Australien und hat vor circa einem Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Der gefeierte Opernregisseur betrachtet die aktuelle Situation deshalb mit den Augen eines Neubürgers.

12.9., 3sat, 21.00 Uhr: "’Die Rechte Wende’ - Beobachtungen jenseits der Mitte"

Die Protagonisten der "neuen Rechten" sind Autoren, Verlagsbesitzer, Philosophen, Künstler, Studenten, Kirchenmänner und Politiker. Sie verachten den sogenannten Mainstream, empfinden die Zeit als dekadent und wollen eine Wende nach rechts. Pegida und das Aufkommen der AfD haben ihnen dabei Mut gemacht. Längst agieren sie nicht mehr im Verborgenen. Sie werden wahrgenommen: durch Demonstrationen und Aktionen, durch Bücher, die zu Bestsellern werden, und durch bekannte Persönlichkeiten, die sich nach rechts wenden. Die Autoren beobachten die Protagonisten auf der Straße, in Parlamenten, Hinterzimmern und Vortragssälen. Sie sprechen über die gesellschaftlichen Utopien und den Versuch, sie realpolitisch durchzusetzen. Danach gäbe es bald einen "Kipppunkt", an dem sich auch Vertreter aus dem Kulturbereich und anderen gesellschaftlich relevanten Gruppen zu der neuen rechten Denkart bekennen werden. Der Film fragt, ob es dafür bereits Ansätze gibt und ob dieser Umschwung auch bereits unter Intellektuellen festzustellen ist.
Katja und Clemens Riha zeigen die Momentaufnahme eines Milieus, das in der (Flüchtlings-)Krise eine Chance sieht, in der Bundesrepublik politisch Einfluss zu nehmen und zu gewinnen.

12.9., BR, 19.00 Uhr: "Stationen: Alles Wetter!"

Viel weniger Menschen als früher sind unmittelbar abhängig vom Wetter, für den modernen Büromenschen haben Regen und Sonnenschein vor allem Auswirkungen auf die Stimmung. Auf dem Land, in den Bergen und an Flüssen aber lebt man bewusst mit Wind und Wetter, mancher bittet um einen Wettersegen, zündet Wetterkerzen an und weiß um die reinigende Wirkung, aber auch um die Gefahren eines Donnerwetters. Moderator Benedikt Schregle hat sich aufgemacht zu Wetterbeobachtern und Wetterpropheten; und er hat auch selbst versucht, gut Wetter zu machen.

13.9., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Ich will die Amputation"

Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit - mit fatalen Folgen. Kevin Kiry ist 24 und steht mitten im Leben, als er auf dem Weg zur S-Bahn mit dem Fuß umknickt. Was er zunächst für eine vergleichsweise harmlose Sprunggelenksverletzung hält, wird zum Alptraum: Vier Operationen in vier Jahren bringen keine Besserung. Immer wieder hofft der einst begeisterte Amateurfußballer auf Heilung, immer wieder wird er zurückgeworfen auf Null. Kevin ist dauerhaft krankgeschrieben, mit chronischen Schmerzen ans Haus gefesselt, vollgepumpt mit Medikamenten, zum Nichtstun verdammt. Dann beschließt er, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Er informiert sich über eine Unterschenkel-Amputation. Freunde und Verwandte reagieren mit Unverständnis, teilweise mit Entsetzen. Auch Kevin Kiry ist lange unschlüssig. Ob ihm eine Beinprothese wirklich ein aktives Leben ohne Schmerzen ermöglichen kann, wird er erst nach der OP erfahren. Doch rückgängig gemacht werden kann die Amputation dann nicht mehr. Eine Begegnung mit dem Prothesenprinter David Behre bringt schließlich die Entscheidung. Der Olympiasieger aus dem Leichtathletikkader des TSV Bayer 04 Leverkusen verlor bei einem Zugunglück vor zehn Jahren beide Unterschenkel. Doch dann entdeckte er den Sport für sich, ist heute Profisprinter und betreut außerdem ehrenamtlich Unfallopfer vor und nach einer Amputation. Der erfolgreiche Behindertensportler wird für den Kevin zum wegweisenden Mentor: Mit 28 Jahren beschließt er, die Amputation zu wagen; er setzt sich das Ziel, bei den nächsten Paralympics zu starten. Andrea Schuler hat ihn auf seinem Weg in ein neues Leben begleitet.

13.9., WDR, 23.25 Uhr: "Kambodscha: Eine Zirkusschule als Sprungbrett fürs Leben"

Ihr bisheriges kurzes Leben standen sie immer im Schatten, die Zirkuskinder von Kambodscha. Doch jetzt wartet das Rampenlicht auf sie: Das Zirkusprojekt "Phare", französisch für "Leuchtturm", gibt den ärmsten Kindern in Kambodscha eine Chance. Ihnen und ihren Familien.
Statt auf der Straße zu betteln, gehen die Kinder zur Schule, nachmittags wartet stundenlanges, anspruchsvolles Training auf sie. Und sie lieben es. Denn es ermöglicht ihnen Träume - und vielleicht eine Karriere als internationaler Zirkuskünstler. Einige Absolventen von "Phare" arbeiten heute im renommierten Cirque du Soleil in Kanada. Doch selbst wenn sie in Kambodscha bleiben, nimmt ihr Leben einen ganz anderen Verlauf als bei den vielen Straßenkindern des Landes.
Philipp Abresch begleitet die jungen Zirkus-Künstlerinnen Theara und Sreyneang und ihre Familien durch den harten Alltag und das wunderbare Land: von der Zirkusschule in Battambang im Westen zum großen Zirkuszelt bei den Tempeln von Angkor Wat.

13.9., SWR, 23.45 Uhr: "Leben – Gebrauchsanleitung"

Das Leben, so scheint es, muss permanent optimiert werden. Geist, Motorik, Kommunikation und soziale Fähigkeiten werden so hart trainiert wie das Einmaleins oder der perfekte Torschuss. Aber machen Seminare zur Stabilisierung der Persönlichkeit das Leben wirklich besser? Was ist "die innere Stimme" wert, wenn man zu ihrer Auffindung einen Intuitions-Workshop besuchen muss? 1989 hat der Dokumentarfilmer Harun Farocki einen Film gemacht, der aus 32 unkommentierten Übungs-, Therapie- und Spielsituationen besteht: "Leben - BRD"; das Leben als nie endendes Lernprogramm. Nun haben sich die Autoren Jörg Adolph und Ralf Bücheler erneut auf eine Reise durch Deutschland begeben, in dem mittlerweile über 50.000 Seminartrainer ein engmaschiges Netz über alle Lebensbereiche gelegt haben. Sie filmten eine Hebammenausbildung, eine Bundeswehrübung, die Fortbildung bei einer Lebensversicherung und eine Striptease-Schulung; sie erkundeten Kurs-Neuland und fanden neue Lebensreligionen. Das Leben heute ist kleinteiliger als zu Farockis Zeit. Es gibt doppelt so viele Übungssituationen, die einen Menschen quasi von der Wiege bis zur Bahre begleiten: von der Geburtssimulation in der Hebammenschule bis zum Sargbaukurs. Die Biografie wird zum Baukasten; und doch findet kaum ein Kursteilnehmer die richtige Gebrauchsanleitung für sein Leben.