TV-Tipp: "Ihr seid natürlich eingeladen" (ZDF)

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TV-Tipp: "Ihr seid natürlich eingeladen" (ZDF)
28.5., ZDF, 20.15 Uhr
Die bisherigen Verfilmungen der heiteren Familienromane Andrea Sawatzkis, "Tief durchatmen, die Familie kommt" (2015) und "Von Erholung war nie die Rede" (2017), waren gelungene Gratwanderungen zwischen Drama und Klamotte: weil Drehbuchautor Mathias Klaschka perfekt den durchaus boshaften, aber dennoch von spürbarer Zuneigung zu den Figuren geprägten Tonfall der Bücher getroffen hat.

Die Geschichten über Gundula Bundschuh, eine Frau in den frühen Fünfzigern, die mit einer furchtbaren Familie geschlagen ist und dennoch tapfer versucht, beim gemeinsamen Weihnachtsfest oder beim Urlaub auf Mallorca das Beste draus zu machen, waren eine sehenswerte Kombination aus satirisch überspitzten Charakteren und einem auf den Punkt inszenierten Gag-Feuerwerk. Leider gelingt es dem dritten Film, "Ihr seid natürlich eingeladen", überhaupt nicht, die entsprechenden Erwartungen zu erfüllen. Da die Figuren nicht mehr überspitzt sind, sondern übertrieben wirken, und viele Gags entweder nicht zünden oder bloß noch plump sind, widerfährt der Komödie exakt jenes Schicksal, vor dem eine Regisseurin wie Vivian Naefe die beiden anderen bewahrt hat: das Umkippen ins reine Lustspiel. Regie führte diesmal Thomas Nennstiel, ein eigentlich erfahrener Regisseur, der zwar nicht in der selben Liga spielt wie Naefe, aber einige durchaus sehenswerte Komödien gedreht hat ("Die Erfinderbraut", "Idiotentest", "Der Stinkstiefel"). Der dritte Film über die Familie Bundschuh ist ihm jedoch missglückt, was sicher auch, aber nicht nur mit der Adaption zu tun haben wird. Die hat diesmal Alexander Dydyna besorgt, ein junger Autor, zu dessen wenigen Meriten die Kinofilme "Goethe!" und "Bruder vor Luder" (mit den YouTube-Stars Die Lochis) gehören. Nach Christfest und Urlaub nutzt "Ihr seid natürlich eingeladen" gleich zwei Anlässe, bei denen Familien zusammenkommen: Die Trauerfeier für Gundulas Vater geht nahtlos in die Vorbereitungen der Hochzeit ihres Sohnes Rolfi (Oskar Bökelmann) über; der junge Mann hat sich während seines Studiums in den USA in eine Amerikanerin verliebt. Weil Reginald (Nick Monu), der dunkelhäutige Vater der Braut, in einer protzigen Stretch-Limousine vorfährt, hält die Familie ihn zunächst für den Chauffeur. Natürlich ist auch Candy, Rolfis Verlobte, schwarz; und im siebten Monat schwanger.

Die Trauerfeier für den Vater ist doppelt betrüblich, weil der dritte Bundschuh-Film nun ohne Günther Maria Halmer auskommen muss. Die anderen namhaften Mitglieder des Ensembles sind der Komödie jedoch erhalten geblieben, weshalb es umso verwunderlicher ist, dass es diesmal kaum Zwischentöne gibt; das ständige Rülpsen des jüngsten Sohnes, der für einen entsprechenden Wettbewerb übt, ist daher typisch für das Humorniveau. Die sexuellen Anspielungen von Gundulas ebenso tapfer wie vergeblich dem Zahn der Zeit trotzenden Schwiegermutter Susanne (Judy Winter), bislang amüsant und auch ein gewisser Tabubruch, klingen diesmal bloß noch zotig. Während die Figuren bisher eine gewisse Komplexität mitbrachten und daher auch immer wieder für Überraschungen gut waren, reduziert Dydynas Drehbuch das Personal auf die jeweils hervorstechendsten Eigenschaft: Die trinkfreudige Susanne wird zur Schnapsdrossel, die trauernde Witwe (Thekla Carola Wied) zur Giftspritze, Gundulas wehleidiger und unter allen nur denkbaren Nahrungsmittelunverträglichkeiten leidender Bruder Hadi (Stephan Grossmann) zur Witzfigur. Weil die christlich-bigotte Gattin (Eva Löbau) bei Hadis Recherchen zur Sexualität der Frau zu kurz gekommen ist, wirft sie sich kurzerhand Reginald an den Hals. Gundulas Mann Gerald (Axel Milberg), mit seiner an Indolenz grenzenden Gelassenheit noch am ehesten Identifikationsfigur, hypochondriert sich am Ende nicht ganz nachvollziehbar in die fixe Idee seines nahenden Ablebens. Ausgerechnet Milberg und Grossmann, zwei Schauspieler, die nicht zur Übertreibung neigen, lassen eine Szene in großes Gekreische ausarten, als sich Gerald in der Zimmertür irrt und zu Hadi unter die Decke schlüpft. Bloß Gundula bleibt die, die sie war; Sawatzki hat die stille Dulderin von Anfang an als wandelnde Zeitbombe verkörpert, die irgendwann in die Luft gehen wird. Die Komödiendevise "Schlimmer geht immer", der auch die beiden anderen Filme gehorcht haben, gilt vor allem für die Erzählerin.

Da schon die Hauptfiguren wandelnde Klischees sind, bleibt den Nebenrollen keinerlei Spielraum mehr: Die mit einem in Deutschland geborenen Sohn türkischer Einwanderer verheiratete Nachbarin (Patricia Aulitzky) ist das Stereotyp des paranoiden Gutmenschen, der hinter jeder Bemerkung Ausländerfeindlichkeit vermutet, der Standesbeamte ein unverhohlener Rassist. Ähnlich unsubtil sind die Dialoge, in denen nur selten so viel kluge Süffisanz aufblitzt wie in Rolfis Kommentar zum Chaos im Elternhaus: "Habt ihr den Einbruch schon gemeldet?" Die fremdenfeindlichen Fettnäpfchen, in die Gundula dauernd tritt, muten allesamt bemüht und konstruiert an. Dass Gerald seine Wortwechsel mit Reginald hauptsächlich mit Songtexten bestreitet ("All you need is love"), ist immerhin witzig. Warum der Amerikaner allerdings erst in der Schlussszene offenbart, dass er des Deutschen sehr wohl mächtig ist, da er hier seinen Militärdienst geleistet hat, bleibt dagegen völlig unklar.