Mainzer wollen keinen Bibelturm

 Gutenberg-Museum Mainz mit "Bibelturm".
Foto: epd-bild/DFZ-Architekten/Hamburg
Computeranimation des geplanten, aber per Bürgerentscheid abgelehnten "Bibelturms" am Mainzer Gutenberg-Museum.
Mainzer wollen keinen Bibelturm
Mit einer so klaren Entscheidung hatte kaum jemand gerechnet: Beim ersten Bürgerentscheid in der Mainzer Stadtgeschichte stimmten 77 Prozent der Wähler gegen den sogenannten Bibelturm, einen geplanten Erweiterungsbau für das Gutenberg-Museum.

In Mainz wird es keinen Bibelturm geben. Beim ersten Bürgerentscheid der Stadt stimmten am Sonntag 77,3 Prozent der Wähler (49.700) gegen die geplante Erweiterung des Gutenberg-Museums. Für den Plan des Stadtrats und der Stadtspitze votierten lediglich 22,7 Prozent (14.600). Die Wahlbeteiligung war mit 40 Prozent überraschend hoch. Mit 64.200 gültigen Stimmzetteln wurde die Mindestbeteiligung von 24.000 Wählern bei insgesamt 161.000 stimmberechtigten Bürgern der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt klar übertroffen.

Der Stadtrat hatte vor dem Bürgerentscheid beschlossen, dass in Nachbarschaft des Doms ein rund 20 Meter hoher Turm als Anbau des Gutenberg-Museums zur Ausstellung der kostbaren Gutenberg-Bibeln entstehen soll. Mit der Errichtung des Bauwerks mit einer fensterlosen Fassade aus Metallbuchstaben sollte die überfällige Sanierung des vor über 100 Jahren gegründeten "Weltmuseums der Druckkunst" eingeleitet werden.

Für den Bau des Turms als ersten Abschnitt der Modernisierung des Museums hatte die finanzschwache Kommune fünf Millionen Euro bereitgestellt. Wie die weiteren Bauphasen finanziert werden sollten, war bislang noch unklar.

Gegen das Projekt hatte sich eine Bürgerinitiative gebildet und rund 10.000 Unterschriften von Mainzer Bürgern gesammelt. Die Kritiker lehnten den modernen Bau in direkter Nachbarschaft zum 1.000 Jahre alten Mainzer Dom und die notwendige Abholzung mehrerer alter Platanen ab. Sie warfen der Stadt vor, kein Finanzierungskonzept für die komplette Sanierung zu besitzen und forderten einen Bürgerbegehren. Aufgrund des Protests setzte der Stadtrat trotz seines Beschlusses den Bürgerentscheid selbst an.

Das Johannes-Gutenberg-Museum in Mainz bleibt ohne "Bibelturm". Im Auftrag der katholischen Kirche produzierte der Mainzer Johannes Gutenberg die berüchtigten Bescheinigungen, die den Käufern pauschal Vergebung aller ihrer Sünden versprachen. Gutenberg gilt als Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern.
Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), der mit der Mehrheit des Stadtrats für einen Bau geworben hatte, sagte am Sonntagabend, es bleibe "eine richtige Entscheidung", die Bürger abstimmen zu lassen. "An jedem Mainzer Küchentisch wurde über Gutenberg geredet und das war gut." Er kritisierte aber die teils verletzend geführten Debatte: "Manches habe ich als zutiefst unmainzerisch empfunden." An Rücktritt habe in der Stadtspitze nach der deutlichen Niederlage "garantiert niemand" gedacht, erklärte er auf Nachfrage.

Ebling appellierte an alle Beteiligten, mit Gelassenheit auf das Ergebnis zu reagieren. Dafür, wie es mit dem sanierungsbedürftigen Museum weitergehen werde, gebe es noch keinen fertigen Plan. "Der Museum der Zukunft wird die Unterstützung von Bund und Land brauchen," bekräftige der Oberbürgermeister.

Bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Ebling im Mainzer Rathaus äußerte sich Nino Haase, Sprecher einer gegen den Turm gerichteten Bürgerinitiative, zufrieden mit dem Ausgang des Bürgerentscheids. Nicht einmal er selbst habe mit einem so deutlichen Votum gerechnet, sagte er. Die Stadt müsse ihre Bürger bei vergleichbaren Vorhaben früher "mit ins Boot holen". An die unterlegenen Befürworter des Turms appellierte er, sich nun gemeinsam um eine gute Zukunft für das Museum zu bemühen.