TV-Tipp: "Mein Schwiegervater, der Camper"

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TV-Tipp: "Mein Schwiegervater, der Camper"
16.11., ARD, 20.15 Uhr
Vor einigen Jahren hat die ARD-Tochter Degeto eine ganz ähnliche Geschichte "Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel" (2015) genannt. Der Titel war nicht nur abschreckend, sondern auch deplatziert, denn der Film war eine sehenswerte Komödie mit Michael Gwisdek als fremdenfeindlichem Grantler, der sich mit seiner thailändischen Schwiegertochter arrangieren muss. "Mein Schwiegervater, der Camper" klingt deutlich weniger plakativ und sogar ein bisschen langweilig, aber der Film ist nicht weniger sehenswert, selbst wenn sich das von Regisseur Holger Haase bearbeitete Drehbuch (Andi Rogenhagen, Frederik Hunschede) recht unverhohlen an der Hollywood-Komödie "Meine Braut, ihr Vater und ich" (2000) orientiert …

Als der Berliner Anwalt Markus (Oliver Wnuk) erfährt, dass seine Urlaubsliebe Lena (Birte Hanusrichter) schwanger ist, will er Nägel mit Köpfen machen und Lena anlässlich des runden Geburtstags ihres Vater überraschen, um ihre Familie kennenzulernen. Die erste Begegnung mit dem zukünftigen Schwiegervater steht allerdings unter keinem guten Stern, und das gespannte Verhältnis wird sich auch so schnell nicht bessern, denn Hartmut (Henning Baum), eigentlich Pilot, derzeit aber vor allem Pächter eines Campingplatzes irgendwo im Gebiet der Mecklenburgischen Seenplatte, entpuppt sich als harter Bursche. Wenn Markus eine Chance bei Lena haben will, muss er sich Hartmuts Respekt verdienen: "Kein Papa, keine Lena". Das wiederum ist gar nicht so einfach, zumal der von Markus als "Neandertaler" und "Parkverbotsnazi" apostrophierte Patriarch alter Schule ("Ham Sie gedient?") dem Gast aus Berlin allerlei böse Streiche spielt, um ihn schnellstmöglich wieder loszuwerden. Außerdem hält er Anwälte für Berufslügner: "Wäre die Welt ein Campingplatz, bräuchten wir keine Anwälte."

Natürlich lebt der Film vom Gegensatz zwischen dem hünenhaften Henning Baum und dem im Vergleich fast schmächtig wirkenden Oliver Wnuk; der Kontrast ist körperlich deutlich größer ist als jener zwischen Robert De Niro und Ben Stiller, den beiden Hauptdarstellern des amerikanischen Vorbilds. Selbstredend kostet Haase auch die unterschiedlichen Lebensentwürfe weidlich aus: Markus ist Warmduscher und Weintrinker; der kernige Hartmut, von den Dauercampern respektvoll als "Captain" angesprochen, wird dagegen als Held verehrt, seit er mit einer gelungenen Notlandung vierzig Passagieren das Leben gerettet hat. Seiner Tochter ist er der beste Vater, der sie sich nur denken lässt, selbst wenn er überzeugt ist, dass ihr Exfreund Andi (Tim Kalkhof), der aussieht wie Hartmut in jung, der perfekte Schwiegersohn sei. Markus’ Erzeuger trägt den klangvollen Künstlernamen Jack Silverwater (Wolfgang Michael), sieht aus wie der späte Keith Richards und hat aus seiner Sicht bei der Erziehung von Markus alles richtig gemacht; der Sohn hatte dagegen stets das Gefühl, dem Vater sei seine Schrottkunst wichtiger gewesen.

Sicherlich haben die Autoren die Geschichte auf die Spitze getrieben, aber sie enthält mehr als nur ein Körnchen Wahrheit: Gerade potenzielle Schwiegersöhne müssen sich Respekt und Zuneigung erst mal verdienen. Davon abgesehen nutzt Haase diesen Hintergrund als Basis für eine Handlung, die eine Vielzahl komischer und gerade von Wnuk sehr schön gespielter Szenen aneinanderreiht, ohne wie eine bloße Gagrevue zu wirken. Markus stolpert von einem Fettnäpfchen ins nächste und gerät mitten hinein in ein Loyalitätsdilemma: "Familie lügt nicht" ist Hartmuts Lebensdevise, aber Markus findet durch Zufall heraus, dass der Mann, den scheinbar nichts umhauen kann, seit der Notlandung ein Geheimnis hütet. Lena wiederum hat nichts von ihrer Schwangerschaft erzählt. Als das doppelte Versteckspiel aufzufliegen drohen, hält Markus für beide den Kopf hin, was nicht nur zu einigen absurden Situationen führt, sondern auch zum Ende aller Hoffnungen, als die Campinggemeinschaft überzeugt ist, Markus habe die Geburtstagsüberraschung für Hartmut zerstört.

Haase ("Echte Bauern singen besser") hat zwar für Sat.1 ein erschütterndes Drama über Gewalt in der Ehe ("Die Ungehorsame", 2015) und zuletzt den anspruchsvollen Stalker-Film "Lautlose Tropfen" (2019, ebenfalls mit Wnuk) gedreht, aber davon abgesehen besteht seine Filmografie größtenteils aus überwiegend sehenswerten Komödien wie "Bollywood lässt Alpen glühen", "Mein Lover, sein Vater und ich!", "Im Spessart sind die Geister los" oder "Bodycheck" (alle Sat.1). "Mein Schwiegervater, der Camper" passt perfekt in diese Reihe, weil der Regisseur bei der Umsetzung einen sehr sympathischen Tonfall gefunden hat und außerdem mit ausgezeichneten Hauptdarstellern zusammenarbeiten konnte. Selbst ein eigentlich unmöglicher Altersunterschied fällt überhaupt nicht ins Gewicht, denn im wahren Leben könnte Henning Baum niemals der Vater seiner Filmtochter sein: Er war gerade mal sechs Jahre alt, als Birte Hanusrichter 1979 zur Welt gekommen ist; die Titeldarstellerin der vergnüglichen RTL-Serie "Jenny – Echt gerecht" geht jedoch dank offenkundig guter Gene problemlos als Dreißigjährige durch.