TV-Tipp: "Marie Brand und der Duft des Todes" (ZDF)

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TV-Tipp: "Marie Brand und der Duft des Todes" (ZDF)
14.3., ZDF, 20.15 Uhr
Genau genommen ist „Marie Brand und der Duft des Todes“ bereits die 22. Episode der beliebten Reihe mit Mariele Millowitsch und Hinnerk Schönemann, aber der letzte Film, „Marie Brand und der schwarze Tag“, musste im Januar kurzfristig der Handball-WM weichen; das ZDF holt die Ausstrahlung am 21. April nach. In dem verschobenen Krimi wacht Kommissar Simmel neben einer Leiche auf und steht unter Mordverdacht; die Geschichte verzichtet fast völlig auf die sonst üblichen Comedy-Momente. „Marie Brand und der Duft des Todes“ orientiert sich dagegen am gewohnten „Brain & Body“-Muster.

Sie als Analytikerin, die sich im Umgang mit dem jüngeren Kollegen auch mal mütterlich gibt, er als Mann mit kleinen Fehlern, dem kein Fettnäpfchen fremd ist. Deshalb darf Schönemann seinen Simmel diesmal wieder am Bildrand mit all’ den mitunter kaum wahrnehmbaren Manierismen ausstatten, die ihn so unverwechselbar machen. Leitmotiv des Drehbuchs von Leo P. Ard (alias Jürgen Pomorin) und Michael B. Müller ist die olfaktorische Wahrnehmung, weshalb sich Simmel und Brand schließlich gegenseitig versichern, dass sie sich gut riechen können.

Der Titel "Der Duft des Todes" nimmt vorweg, dass die spannende Exposition der Geschichte zwar kein Ablenkungsmanöver, aber noch nicht das eigentliche Thema ist: Zwei Männer brechen aus dem Keller des Nachbarhauses in eine Kölner Bank ein, der Alarm schrillt, sie flüchten durchs Treppenhaus, stoßen dort mit einem Ehepaar zusammen, eine Maske verrutscht, die Frau sieht das Gesicht eines der Täter, der erschießt sie kaltblütig. Am Tatort ist Brand recht bald klar, dass die Räuber es offenbar auf ganz bestimmte Schließfächer abgesehen haben. Die Identität der Männer steht ebenfalls rasch fest, zumal einer der beiden mit dem eigenen Wagen vorgefahren ist. Kompliziert wird es erst, als der Mörder seinerseits umgebracht wird und sein Komplize, Ziegler (Jürg Plüss), samt Tochter (Emma Drogunova) verschwindet.

Viel Zeit widmet der Film den Inhabern der Schließfächer, und nun schlägt Simmels Stunde, wenn auch nicht unbedingt als Ermittler: Zu den Beraubten gehört unter anderem die Schauspielerin Tabea Schön (Anke Sevenich), für die der Hauptkommissar einst geschwärmt hat. Prompt ist er hin und weg, als er sie befragen darf, zumal er sie aus höchster Not befreien kann; selbst wenn es sich bei der vermeintlichen Bedrohung bloß um eine Probe für anstehende Dreharbeiten handelt. Dieser Erzählstrang ist ohnehin schnell als Nebenebene zu durchschauen, die Schönemann Gelegenheit für das eine oder andere Solo geben soll. Viel interessanter und dank des Bezugs zum Titel auch direkt mit dem roten Faden des Drehbuchs verknüpft sind die Szenen mit dem Ehepaar Julia und Peter Gronwald (Adina Vetter, Kai Ivo Baulitz), das eine millionenschwere Firma für synthetische Duftstoffe namens Odorio betreibt. In ihrem Schließfach befanden sich angeblich nur ein paar Erinnerungsstücke an Julias verstorbenen Bruder, aber Regisseur Michael Zens, der im Vorjahr schon die gleichfalls nicht weiter wesentliche Episode "Marie Brand und das ewige Wettrennen" gedreht hat, deutet früh an, dass es um mehr als bloß eine alte Uhr vom Großvater geht; deshalb ist weder die spätere Erpressung der Gronwalds noch die Identität des Drahtziehers der ganzen Sache eine echte Überraschung. Immerhin zeichnet sich Zens’ Inszenierung neben der guten Führung der Schauspieler auch durch eine schöne Kameraarbeit (Enzo Brandner) aus.

Die Geschichte ist zwar clever eingefädelt und lebt natürlich auch ein bisschen von der Frage, welches Geheimnis das Schließfach der Gronwalds wohl gehütet hat, aber sehenswert ist "Marie Brand und der Duft des Todes" vor allem für die Freunde von Hinnerk Schönemann, selbst wenn eine strengere Regie ihn vermutlich hier und da gebremst hätte; etwa bei den gelegentlichen Kieksern am Satzende. Andererseits muss man einen Instinktschauspieler wie ihn wohl einfach gewähren lassen, weil nur dann ein darstellerisches Gesamtkunstwerk entsteht, zumal Schönemann die Personifizierung des retardierenden Moments ist: als wolle er seine Szenen auskosten, indem er kleine Verzögerungen einbaut. Davon abgesehen macht es einfach Spaß, dabei zuzuschauen, wie Simmel aus dem Häuschen ist, als er den Traum seiner schlaflosen Jugendnächte kennenlernen darf, oder wie er etwas linkisch den Sicherheitschef von Odorio in den Arm nimmt, als der sich auf den Weg macht, um das Lösegeld zu übergeben. Dass die Umarmung nicht ohne Hintergedanken erfolgt ist, gehört zu den wenigen echten Verblüffungen der Geschichte.

Kein völlig neues Gesicht, aber und im deutschen Fernsehen immer noch viel zu selten zu wenig präsent ist Burgschauspielerin Adina Vetter, eins der österreichischen "Vorstadtweiber", die schon in "Echolot" (2016), einem "Tatort" aus Bremen, eine sehr interessante Doppelrolle gespielt hat. Sehenswert sind auch zwei Drehmotive. Die Gronwalds residieren in einer Villa, die von außen wie ein englischer Herrensitz wirkt, innen jedoch mit den unverputzten Wänden einen ganz speziellen Kontrastcharme ausstrahlt. Vater und Tochter Ziegler werden in einem heruntergekommenen ehemaligen Schlachthof eingesperrt, dessen marodes Erscheinungsbild tatsächlich wie ein Vorhof zur Hölle wirkt. An der Tür ihres Gefängnisses hat der Entführer eine Sprengladung mit gut sichtbarem Countdown angebracht; die entsprechende Spannung verschenkt Zens allerdings zugunsten eines aus dem Hut gezauberten Schlusseffekts.