TV-Tipp: "Polizeiruf 110: Das Beste für mein Kind" (ARD)

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TV-Tipp: "Polizeiruf 110: Das Beste für mein Kind" (ARD)
3.12., ARD, 20.15 Uhr
Nach einer Viertelstunde scheint der Fall schon gelöst: Baby Leon, aus einem Krankenhaus in Frankfurt an der Oder entführt, ist in einem Tragekorb vor einer anderen Klinik abgestellt worden. Die Polizei vermutet, dass die Eltern Lösegeld bezahlt haben, doch die streiten das ab. Aber dann häufen sich die Rätsel: Der Entführer ist ermordet worden, die Eltern sind gar nicht die Eltern, und jenseits der polnischen Grenze zerbricht eine Ehe.

Die Geschichte, die sich Elke Rössler ausgedacht hat, ist nicht uninteressant, auch wenn sie über weite Strecken mehr Drama als Krimi ist, weil die verschiedenen Beziehungsfragen mindestens so wichtig werden wie die Suche nach der Wahrheit. Angeblich ist der kleine Leon das Ergebnis einer Affäre, die Robert Hallmann (Tobias Oertel) mit der Polin Anna Kowalska (Agnieszka Grochowska) hatte; jedenfalls kann er einen entsprechenden Vaterschaftstests vorlegen. Tatsächlich stellt sich raus, dass die Hallmanns das Baby offenbar gekauft haben. Allerdings ist auch Annas Ehemann Bartosz (Piotr Stramowski) nicht der Erzeuger, und jetzt wird die Sache kompliziert. Leider bleibt bei den vielen potenziellen Vätern nicht nur irgendwann die Plausibilität auf der Strecke, sondern auch eine ganz entscheidende Frage offen. Die Ermittler wissen am Ende zwar, wer den Entführer auf dem Gewissen hat, aber Rössler und Regisseur Jakob Ziemnicki, der das Drehbuch bearbeitet hat, haben ein nicht ganz unwichtiges Detail vergessen: Zu jedem Mord gehört auch ein Motiv; jedenfalls im Sonntagskrimi.

Das ist aber bei Weitem nicht das einzige Manko dieses Films. Wie die meisten im deutsch-polnischen Grenzgebiet spielenden "Polizeiruf"-Episoden des RBB ist auch "Das Beste für mein Kind" ein betont unspektakulärer Film. Etwas mühsam ist zudem die Zweisprachigkeit. Wer kein Polnisch kann, muss viele Untertitel lesen. Führt das Duo Lenski und Raczek (Maria Simon, Lucas Gregorowicz) von der gemeinsamen deutsch-polnischen Dienststelle die Befragungen der polnischen Beteiligten zu zweit durch, muss der Pole für die deutsche Kollegin übersetzen. Außerdem hat Raczek noch ganz andere Probleme. Ziemnicki führt den Beamten äußerst entspannt ein, aber damit ist’s im Nu vorbei. Zwar taucht erstmals seine Frau (Julia-Maria Köhler) auf, aber nur, um rumzuzicken: Sie hat überhaupt kein Verständnis dafür, dass ihr Adam seinen freien Samstag opfert, um nach dem entführen Baby zu suchen; eine reichlich befremdliche Haltung, zumal sie selber Mutter ist. Weil die Kinder der Raczeks "aus dem Gröbsten raus" sind, will Lydia wieder arbeiten, es kommt zum Streit, und sie setzt ihren Mann vor die Tür. Es gibt sicher Zuschauer, die es begrüßen, wenn die Kommissare auch ein Privatleben haben; aber es wäre auch mal schön, wenn jemand ganz einfach zufrieden verheiratet ist.

Als Kapiteltrenner fungieren regelmäßige Kreisverkehreinstellungen aus der Vogelperspektive. Vermutlich sollen sie verdeutlichen, dass sich diese Geschichte in alle möglichen Richtungen entwickeln kann, auch geografisch: Das Finale führt fast alle Beteiligten nach Masuren. Dorthin ist Anna geflüchtet, womöglich, um sich und den Kindern etwas anzutun, was Lenski und Raczek natürlich verhindern wollen; aber selbst diesen Wettlauf gegen die Zeit hat Ziemnicki nicht sonderlich spannend inszeniert. Gleichermaßen prätentiös wie nichtssagend ist schließlich der Schlussdialog, der tatsächlich nur aus Redensarten besteht. Lenski: "Es gibt kein richtiges Leben im Falschen." Raczek: "Menschen machen Fehler." Lenski: "Man hat immer eine Wahl."