TV-Tipp: "Zarah" (ARD)

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TV-Tipp: "Zarah" (ARD)
7.9., ZDF, 21 Uhr: "Zarah"
Wenn sich ARD und ZDF in der Vergangenheit besonders ungewöhnliche Filme und Serien getraut haben, sind sie vom Publikum oft abgestraft worden; das "Erste" zeigt solche Produktionen deshalb mittlerweile meist nach 22 Uhr. Auch das ZDF wird für "Zarah" womöglich nicht belohnt werden, zumal sich die Kombination mit der kunterbunten turbulenten Familienserie "Das Pubertier" (20.15 Uhr) als Fehlkalkulation erweisen könnte.

"Zarah" erzählt die Geschichte einer Journalistin Anfang dreißig, die zur stellvertretenden Chefredakteurin der größten deutschen Illustrierten bestellt wird; die Hamburger Zeitschrift heißt "Relevant", aber es ist klar, um welche "Wundertüte" (wie Henri Nannen einst seinen "stern" nannte) es sich handeln soll. Die seriell erzählte Handlung spielt 1973, als die Welt noch in Ordnung war; jedenfalls aus Sicht der Männer. Entsprechend viele Neider hat Zarah Wolf in der maskulin dominierten Redaktion. Frauen sind hier entweder Sekretärin oder fürs "Gedöns" zuständig. Schon der Vorspann, in dem eine Schreibmaschine von einem Lippenstift zertrümmert wird, verdeutlicht den Orkan, der durch die Redaktion fegen wird; auch wenn die Kerle überzeugt sind, Zarah habe sich den Job erschlafen. Tatsächlich hat Verleger Olsen (Uwe Preuß) mit ihrer Verpflichtung die Hoffnung verbunden, die bekannteste Feministin Deutschlands werde dafür sorgen, dass Frauenthemen nicht länger als Alibi im hinteren Heftteil versteckt werden. Allerdings beißt die Neue erst mal auf Granit: Die sexistischen Kollegen behandeln sie mit offener Feindseligkeit, Chefredakteur Kerckow (Torben Liebrecht) weist sie in der ersten Redaktionskonferenz vor versammelter Mannschaft gleich mal in die Schranken. Als Zarah in einer heimlichen Nachtaktion dafür sorgt, dass das sexistische Titelfoto der nächsten Ausgabe ausgetauscht wird, ist sie ihren Job gleich wieder los; aber dann geht die Auflage durch die Decke, und Zarah kehrt triumphierend zurück.

Die Serie funktioniert zwar auch, wenn man kein Kind der Siebziger ist, aber sie dürfte Menschen jenseits der fünfzig doppelt so viel Spaß machen, zumal Klassiker von Bands wie Deep Purple, The Doors und den Rolling Stones für die passende Atmosphäre sorgen; Kleidung und Einrichtung tun ein Übriges. Im Unterschied zu vielen historischen Produktionen, in denen die authentische Ausstattung mitunter allzu demonstrativ zur Schau gestellt wird, stellt sich der Zeitgeist hier eher beiläufig ein (Szenenbild: Zazie Knepper). Gleiches gilt für die aus heutiger Sicht wahlweise rückständig oder radikal wirkenden Haltungen der verschiedenen Figuren. Sie müssen ihre Positionen nicht deklamieren, weil sie aus ihrer Sicht selbstverständlich sind; das haben das ungemein erfahrene und mit dem Grimme-Preis gekrönte Drehbuchehepaar Eva und Volker A. Zahn ("Ihr könnt euch niemals sicher sein") sowie der für die Serien "Dr. Psycho" und "Club der roten Bänder" vielfach ausgezeichnete Regisseur Richard Huber ganz vorzüglich gelöst.

Klugerweise hat das Trio darauf verzichtet, die Titelfigur zur verbissenen Emanze zu machen. Zarah ist eine Frau mit Prinzipien, aber ohne Scheuklappen; und dank Claudia Eisinger nicht nur sehr rothaarig, sondern auch ziemlich attraktiv. Nicht alle Rollen sind so gut gelungen. Gerade die Kollegen in der Redaktion wirken zum Teil recht schlicht, allen voran der cholerische Leiter der Grafik, den Leon Ulrich fast ausnahmslos schreiend spielt; andererseits haben die Figuren dank der anfänglichen Eindimensionalität die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Das gilt auch für die zunächst wie ein Fremdkörper wirkenden Szenen mit Zarahs Mutter (Imogen Kogge). Die Frau verkörpert als typische angepasste Vertreterin des Kleinbürgertums das diametrale Gegenstück ihrer Tochter, die die Aufbruchstimmung jener Jahre repräsentiert. Andererseits erklären gerade die krassen Gegensätze zwischen den Generationen die Rebellion der 68er, die im Extremfall, auch das wird kurz angedeutet, in den Terrorismus führte. Gleichzeitig sind die Themen der Serie, die im Grunde ein Spielfilm in sechs Folgen ist, von großer Aktualität: weil viele Aspekte der damals angestrebten Gleichberechtigung auch heute noch täglich aufs Neue erkämpft werden müssen. Angesichts nicht nur des Anspruchs, sondern auch der teilweise deftigen Dialoge - die erste Folge heißt "Titel & Titten" - erscheint das Doppelpack mit der gleichfalls sechsteiligen Familienserie "Das Pubertier" umso gewagter.