Verbot von Familiennachzug zu Flüchtlingen bleibt umstritten

Foto: Getty Images/iStockphoto/Nastco
Verbot von Familiennachzug zu Flüchtlingen bleibt umstritten
Unerträgliche Härte oder Notwendigkeit zur Steuerung der Migration: Die Aussetzung des Familiennachzugs vor allem für Syrer in Deutschland bleibt unter Politikern und Experten hoch umstritten. Am Montag beschäftigte die vor einem Jahr inkraft gesetzte Regelung den Innenausschuss des Bundestags. Linke und Grüne hatten eine Anhörung durchgesetzt. Sie wollen die Regelung schnell wieder abschaffen.

Dagegen steht die große Koalition, in der die SPD lange gerungen und dann doch Ja gesagt hat zum Verbot für das Nachholen enger Angehöriger bei den sogenannten subsidiär Schutzberechtigten. Dass sie die Regelung früher abschafft als geplant - also vor März 2018 - scheint unrealistisch. Immerhin scheint es aber für Härtefälle inzwischen die realistische Chance auf ein Wiedersehen in Deutschland zu geben.

Mit dem Asylpaket II wurde im März 2016 für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz die Möglichkeit des Familiennachzugs für zwei Jahre ausgesetzt. Betroffen sind vor allem Syrer, die seit dem vergangenen Jahr vermehrt den untergeordneten Schutzstatus erhalten. SPD-Vertreter, die der Regelung damals unter der Maßgabe nur weniger Betroffener zustimmten, äußerten sich deswegen zwischenzeitlich kritisch zu der Regelung. Dennoch will die Partei zu dem Koalitionsbeschluss stehen. Sie dringt aber auf die Umsetzung der damals vereinbarten Härtefallregelung, nach der bei besonders schweren Schicksalen ein Familiennachzug ermöglicht werden soll.

Erste Härtefälle könnten bald nach Deutschland kommen

Bislang wurde vom Auswärtigen Amt noch kein einziges Visum nach der Härtefallregelung erteilt. Außenamtsmitarbeiter Philipp Schauer stellte in der Anhörung aber baldige positive Bescheide in Aussicht. Beispielhaft nannte er fünf Fälle, darunter eine herzkranke Minderjährige aus Aleppo und eine Frau aus Damaskus, die ihrem Ehemann in Deutschland eine Niere spenden will. Vor allem gehe es um Fälle von Menschen mit schweren Krankheiten, sagte Schauer.

Nach seinen Angaben bereiten sich die deutschen Auslandsvertretungen in den Nachbarstaaten Syriens auch bereits auf ein Ende der umstrittenen Regelung vor. Die Visa-Stellen sollen bereits ab Januar 2018 Anträge von subsidiär Schutzberechtigten annehmen, sagte er. Die sind aber auch mit den Anträgen anderer Flüchtlinge, für die der Nachzug nicht ausgesetzt wurde, derzeit noch völlig überlastet. Nach Schauers Angaben warten derzeit 110.000 Menschen auf einen Termin. 83 Prozent der Antragsteller seien Frauen mit im Durchschnitt zwei Kindern.

Vertreter des Deutschen Anwaltvereins, des Deutschen Instituts für Menschenrechte und der Kirchen unterstrichen in der Anhörung, dass sie über die Härtefallregelung hinaus eine sofortige Abschaffung der Regelung wollen. Sie halten sie für unmenschlich und ungerecht. Sie verweisen dabei auf den grundgesetzlichen Schutz der Familie und warnen vor Integrationshindernissen.

Der Leiter des Katholischen Büros, Karl Jüsten, schilderte den Fall einer Jugendlichen, die zunächst sehr schnell Deutsch lernte und motiviert zur Schule ging. Seit sie den subsidiären Schutz bekommen habe, beschrieben sie Betreuer als depressiv und motivationslos, erzählte Jüsten. "Das Denken kreist fast ausschließlich um die Familie", sagte er. Die Angst, bei der nächsten Kontaktaufnahme mit der Familie niemanden zu erreichen, sei bei den Betroffenen übermächtig.

Die Aussetzung des Familiennachzugs hat aber auch weiter Unterstützer, darunter den Deutschen Städte- und Gemeindebund. Verbandsvertreter Uwe Lübking verteidigte die Regelung mit Verweis auf die Überlastung der Kommunen. Schaffe man die Regelung ab, könne die Aufnahmekapazität erneut überschritten werden, sagte er. Er forderte, die Regelung wie geplant bis März 2018 zu belassen und dann zu prüfen, ob die Möglichkeit zum Familiennachzug vielleicht sogar noch länger ausgesetzt bleiben soll.