Bürgerpreis für Edward Snowden

Bürgerpreis für Edward Snowden
Der amerikanische Whistleblower Edward Snowden ist am Sonntag mit dem Kasseler Bürgerpreis "Glas der Vernunft" ausgezeichnet worden. Snowden habe mutig und in festem Glauben an Menschenrechte eine Gewissensentscheidung getroffen, die weltweit zum Nachdenken über verfassungsmäßige Grundrechte geführt habe, begründete Bernd Leifeld, Vorstand der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Bürgerpreises, die Ehrung.

Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro werde Snowden, der im Exil in Moskau lebt, überwiesen. Die zum Preis gehörende Skulptur werde so lange im Kasseler Stadtmuseum aufbewahrt, bis Snowden sie persönlich abholen könne.

Ein sichtlich bewegter Snowden, der live zu der Veranstaltung aus Moskau zugeschaltet war, beklagte eine weltweit zunehmende Angst. "Wir erleben die Entstehung einer Welt, in der die Angst der wichtigste politische Wert ist", sagte er. Mühsam errungene Werte würden über Bord geworfen, um sich vor Bedrohungen zu schützen. "Das Gesetz ersetzt nicht das Gewissen", begründete er sein aus Sicht der US-Justiz strafbares Handeln.

Für seine Zukunft zeigte sich Snowden dennoch optimistisch. "Ich bin nicht verzweifelt, die Geschichte endet noch nicht", sagte er. Die Kasseler Bürger rief er dazu auf, sich gegen Ignoranz und Angst aufzulehnen. "Dann können wir unseren Kindern eine Welt hinterlassen, die schön und frei ist", sagte er. Snowden erhielt stehenden Beifall der rund 1.000 Gäste

Zuvor hatte Heribert Prantl von der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung" in seiner Festrede die US-Geheimdienste scharf kritisiert. Diese betrieben auch in Deutschland eine die Grundrechte aushebelnde Spionage. Snowden habe mit seinem Handeln der Welt einen Einblick in die "globale, digitale US-Großinquisition" ermöglicht, sagte er. Snowden, der ein Flüchtling sei, wie er im Buche stehe, werde nun einen langen Atem brauchen. Eine Verleihung des Friedensnobelpreises würde ihm jedoch den Weg in die Freiheit zurück ermöglichen. Der frühere FDP-Politiker Burkhard Hirsch habe bereits einen entsprechenden Vorschlag gemacht.

Auch der Schriftsteller und Berliner Rechtsprofessor Bernhard Schlink würdigte Snowdens Verdienste um die Aufklärung. Er habe das monströse Überwachungssystem der NSA aber nicht zerstört, sondern nur irritiert. Mit seinem Handeln habe er andere ermutigt, sich nicht klein und schwach zu fühlen. Snowden habe sich bei seinem Handeln nicht von Angst leiten lassen. Das Fehlen von Politikern bei der Preisverleihung kritisierte Schlink als "aus politischem Kalkül verständlich, aber moralisch traurig". Denn mit ihrer Anwesenheit hätten sie sich dazu verpflichten müssen, alles zu tun, damit Snowden nach Deutschland frei ein- und ausreisen könne oder sogar politisches Asyl erhalte.

Mit dem Bürgerpreis "Glas der Vernunft" werden Politiker, Geisteswissenschaftler oder Künstler geehrt, die sich in besonderer Weise um die Maximen der Aufklärung - Überwindung ideologischer Schranken, Vernunft und Toleranz - verdient gemacht haben. Die Auszeichnung wurde 1990 aus Anlass der Wiedervereinigung Deutschlands gestiftet. Preisträger waren unter anderen der chinesische Künstler und Bürgerrechtler Ai Weiwei, der jetzige Bundespräsident Joachim Gauck, der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, der frühere polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski und zuletzt der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor.