"Jeder evangelische Mensch wird Stian Hole verstehen"

Der norwegische Illustrator Stian Hole.
Foto: Andre Loyning
Der norwegische Illustrator Stian Hole.
"Jeder evangelische Mensch wird Stian Hole verstehen"
Stian Hole hat den Illustrationspreis für Kinder- und Jugendbücher erhalten
Der Norweger Stian Hole ist am Freitag in Frankfurt am Main mit dem Illustrationspreis für Kinder- und Jugendbücher des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP) ausgezeichnet worden. Der Autor und Illustrator erhielt den mit 5.000 Euro dotierten Preis für sein Buch "Morkels Alphabet". Die Laudatio hielt Andreas Platthaus, Leiter des Ressorts Literatur und Literarisches Leben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

"Für mich ist lesen, sich weit weg zu träumen und das Leben gleichzeitig stark zu spüren. Lesen führt zu Empathie und Selbstvertrauen", erzählt Preisträger Stian Hole im Frankfurter Römer, im Rathaus der Stadt, wo die Preisverleihung stattfindet. Geschichten schreiben sei für ihn wie ein Strandspaziergang, er sammele die Muscheln auf und setze sie zuhause zu einem Mosaik zusammen. "Schreiben und Bilder dazu schaffen ist für mich, die Welt aus den Augen eines Kindes zu sehen, aber zugleich auch mit dem Blick des Erwachsenen; es ist ein Dialog zwischen Herz und Hirn, zwischen Zweifel und Neugier, zwischen Sehnsucht und Staunen", sagt Hole dem Publikum.

Der Leiter des Ressorts Literatur und literarisches Leben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Andreas Platthaus, hält die Laudatio. "Die Geschicklichkeit von Holes Bildkomposition macht sprachlos", sagt Platthaus und fügt hinzu: "Was ist evangelischer als die Wertschätzung des Wortes? Ich weiß nicht, ob Hole sich als religiösen Menschen versteht, aber jeder evangelische Mensch wird Hole verstehen. Sein Bilderbuch hat der ganzen Welt etwas zu sagen." Weitere Redner sind Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und GEP-Direktor Jörg Bollmann. "Das GEP vergibt den Illustrationspreis für Kinder- und Jugendbücher, weil wir darauf vertrauen, dass die kompetente Fachjury Bücher wie 'Morkels Alphabet' auswählt, die in Bild und Text den Wert, die Kraft und die Bedeutung der Liebe vermitteln", sagt Bollmann. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann fügt hinzu, Stian Hole schaffe es, so abstrakte Themen wie Sprache und Liebe durch Bilder greifbar zu machen.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, Preisträger Stian Hole und GEP-Direktor Jörg Bollmann (v.l.) bei der Preisverleihung im Frankfurter Römer.

Die Begründung der Jury: "Mit Stian Hole wurde einer der bedeutendsten Illustratoren unserer Gegenwart ausgezeichnet. In seinem neuen Werk 'Morkels Alphabet' erzählt er von zwei Teenagern, die gemeinsam das Geheimnis der Sprache entdecken. Wobei die Sprache für sie nicht allein aus dem System der Zeichen besteht, sondern auch den Klang und den Geschmack der Worte bezeichnet. So finden sie Zugang zur winterlichen Natur und zu den Gefühlswelten des anderen. Dem Norweger gelingt, was nur wenige Illustratoren vermögen, er formuliert uns in seinen Bildern etwas vom Unsagbaren der Liebe. Bild für Bild baut er eine Spannung auf, die über die letzte Seite seines Buches hinaus anhält. Jedes Bild ist eine digitale Collage, in der auch das kleinste Detail Bedeutung besitzt. Seine Bildideen nehmen sich wie visuelle Lyrik aus, die mit der Schönheit der äußeren Welt von der inneren erzählt. Im Zeitalter der digitalen Kommunikation zeigt uns Hole die Segnungen der Stille und der Konzentration, die unseren Blick für die Welt schärfen und in uns die Fähigkeit zum Zuhören nähren. Mit seinen ebenso effektvollen wie anspielungsreichen Collagen entfaltet der 47-Jährige ein virtuoses Spiel von Nähe und Distanz, das der Geschichte von Anna und Morkel eine universelle Dimension verleiht. Als perfekt gestaltetes Bilderbuch präsentiert sich 'Morkels Alphabet' durch seinen respektvollen Umgang mit Bild und Textpassagen, die in einem eleganten Layout und einer dezenten Typographie ihren Ausdruck findet."

Illustrationspreis für Kinder- und Jugendbücher 2016, Stian Hole.

Stian Hole ist der 13. Preisträger des GEP-Illustrationspreises für Kinder- und Jugendbücher. Er wurde 1969 in Norwegen geboren und lebt mit seiner Familie in Oslo. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet. Das jetzt preisgekrönte Buch "Morkels Alphabet" ist im Carl Hanser Verlag, München erschienen. Seit 2009 sind von ihm dort außerdem u.a. "Garmans Sommer" und "Annas Himmel" (Übersetzungen: Ina Kronenberger) erschienen.

Das GEP richtet den Wettbewerb seit 1992 aus. Prämiert werden Buchillustrationen, die innere Bilder wachrufen und die Fantasie anregen, die der sichtbaren und unsichtbaren Wirklichkeit Gestalt verleihen und ein christliches Selbstverständnis im Sinne von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung anschaulich unterstützen. In diesem Jahr hatten sich 88 Verlage mit 222 Büchern um den Preis beworben. Neben dem prämierten Titel "Morkels Alphabet" hat die Jury eine Empfehlungsliste mit neun weiteren herausragenden Büchern aufgestellt:

1. Von Martin Luthers Wittenberger Thesen – Illustrator: Klaus Ensikat, Kindermann Verlag
2. Etwas ganz Großes – Illustratorin: Ingrid Godon, mixtvision
3. Der Traum von Olympia – Illustrator: Reinhard Kleist, Carlsen
4. Migrar – Illustrator: Javier Martìnez Pedro, Verlag Edition Orient
5. Eine Geschichte ohne Ende – Illustrator: Marcelo Pimentel, Baobab Books
6. Onkel Flores – Illustratorin: Eymard Toledo, Baobab Books 
7. Evolution –  Illustratorin: Floor Rieder, Gerstenberg Verlag
8. Löwen zählen – Illustrator: Stephen Walton, Verlag Freies Geistesleben
9. Klein – Illustratorin: Stina Wirsén, Klett Kinderbuch

Anregungen für den Konfirmationsunterricht. Entwurf für einen Literaturgottesdienst zum Preisträgerbuch.

Neben einer Publikation, die den Preisträgertitel und die empfohlenen Bücher würdigt, erscheint eine zweite Broschüre. Nach Angaben des GEP gibt sie zum einen religionspädagogischen Fachkräften Anregungen für den Konfirmationsunterricht, zum anderen liefert sie Pfarrern einen Entwurf für einen Literaturgottesdienst zu "Morkels Alphabet". Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Das GEP ist die zentrale Medieneinrichtung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ihrer Landeskirchen und Werke sowie der evangelischen Freikirchen. Zum GEP gehört unter anderem die Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes.