"Christliche Perspektive kann Positives in der Politik bewirken"

Plainpicture/Thomas Reutter
Gemeinsam was bewegen wollen, ist das Ziel vieler junger Politiker.
"Christliche Perspektive kann Positives in der Politik bewirken"
Kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen erzählen drei junge Christen, warum sie sich politisch engagieren, was sie antreibt, welche Erfahrungen sie machen und ob sich Glaube und Politik dabei manchmal in die Quere kommen.

Tom Zeller: "Es macht mir Spaß ein lebendes Beispiel zu sein"

Tom Zeller (32) ist Stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschlands und seit 1996 Parteimitglied. Er ist  Diplom-Politologe, lebt in Hanau und arbeitet in einer Unternehmensberatung in Frankfurt am Main. (Foto links: Tom Zeller)

"Ich engagiere mich, weil mir politische Mitwirkung von meinen Eltern und meinem Freundeskreis vorgelebt wurde und weil mir mit Spaß und Freude vermittelt wurde, sich für andere Menschen einzusetzen. So sieht es auch unsere evangelische Kirche. Sie ermuntert uns, sich für andere Menschen in Solidarität und Nächstenliebe einzusetzen.

Ich rate auch anderen jungen Christen, sich politisch zu engagieren, weil man durch seinen Einsatz etwas Positives in der Welt bewirken kann. Dadurch erhält man Einblicke in viele gesellschaftliche Bereiche, kann etwas verändern, etwas bewegen. Ich finde, gerade als Christ hat man die positive Pflicht, sich für andere Menschen einzusetzen.

Glaube und Politik lassen sich gut miteinander vereinbaren. Das heißt nicht, dass man seine eigene Einstellung über die seiner Mitmenschen stellen sollte. Das wäre der falsche Weg. Aber sich mit einer gewissen Gelassenheit und Freude zu engagieren und damit auch zum Glauben zu bekennen, kann Vorbild genug sein.

Wir haben in Deutschland die Trennung der politischen und der kirchlichen Sphäre. Neben meiner politischen Aktivität bringe ich mich in der evangelischen Kirche ein, etwa in der Kreissynode. Da gibt es eine starke Trennung, aber die Werte und die grundsätzliche Haltung, die man als Christ hat, die kann und sollte man natürlich in die politischen Entscheidungsprozesse einfließen lassen. Natürlich ist die Politik ein Aushandelsprozess in der Demokratie zwischen unterschiedlichen Meinungen, unterschiedlichen Interessen. Es geht darum einen Kompromiss zu finden. Wenn man die eigene christliche Perspektive einbringt, dann kann sie innerhalb dieses Prozesses etwas Positives bewirken.

Aufgrund des manchmal unmenschlichen Verhaltens in und mit der Politik muss man sich manchmal die Gewissensfrage stellen. Man sollte auf jeden Fall immer hinterfragen, ob man selbst etwas Positives beiträgt und ob einem das auch Kraft und Freude bringt, sich für andere Menschen so einzusetzen. Ich kann das, auch bei allen Härten, die es in der Politik gibt, immer mit einem klaren "Ja" beantworten. Meinen Konfirmationsspruch "Ihr seid das Salz der Erde" finde ich sehr schön. Mein Leitsatz, den ich immer benutze, der für mich wichtig ist, lautet aber: 'Glaube, Liebe, Hoffnung'. Das ist ein Wert, den ich versuche, ohne dass es natürlich immer gelingt, in der Politik umzusetzen und zu vermitteln. Hoffnung für Menschen, die Hoffnung brauchen und dass man mit Glaube und mit Liebe Vieles und Positives in der Welt verändern kann."

Sandra Latzke: "Ich möchte den sozialen Zusammenhalt stärken"

Sandra Latzke (25) ist Vorsitzende der Jusos Gelsenkirchen und sachkundige Bürgerin im Bildungsausschuss der Stadt. Sie ist seit 2007 bei den Jusos und dann der SPD beigetreten. Latzke wohnt in Gelsenkirchen und studiert Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Geographie an der Ruhr-Universität in Bochum. (Foto links: privat)

"Ich engagiere mich als Christin politisch, weil ich meine Standpunkte vertreten und mich für jugendpolitische und soziale Themen einsetzen möchte. Die Themen Ausbildungsplätze und kostenlose Bildung sind mir wichtig. Ich möchte, unabhängig von Religion oder Weltanschauung, für alle jungen Menschen gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und dadurch den sozialen Zusammenhalt in der Stadt stärken. Deswegen arbeite ich auch hauptsächlich in der Partei und beispielsweise nicht in der Kirche. Ich sehe aber keinen Widerspruch zwischen meinem Glauben und meinem politischen Handeln. Für mich sind das die gleichen Werte: dass keiner ausgeschlossen wird und dass alle Menschen gleich viel wert sind.

Glaube und Politik lassen sich auf jeden Fall miteinander vereinbaren. Natürlich muss man in der Politik auch pragmatisch handeln können. Ich glaube aber nicht, dass man den Glauben dabei ganz außen vor lassen muss. Natürlich gibt es auch in der SPD Arbeitskreise zum Thema Trennung von Staat und Religion, das halte ich auch für richtig und legitim. Ich glaube aber, dass Glaube und politisches Engagement nicht im Widerspruch zueinander stehen müssen. Mir ist auch nicht aufgefallen, dass ich in meiner politischen Arbeit deswegen in einen inneren Konflikt geraten wäre.

Unmenschliches Verhalten tritt in der Politik meist dann auf, wenn es um Wahlen und um Macht geht. Natürlich ist es schwierig, sich selbst und seinen Werten treu zu bleiben. Wenn man das aber selbst gut hinkriegt, dann ist man meist von anderen Menschen enttäuscht, die das nicht schaffen. Politik muss für alle da sein, wie auch Gerechtigkeit. Mir liegt der Spruch 'Niemanden zurücklassen' am Herzen. Respekt ist ebenfalls wichtig, auch vor anderen Ansichten, gerade in der Politik. Auch wenn es polemisch klingen mag: Ehrlichkeit und Zusammenhalt sind auf jeden Fall unentbehrlich."

Johannes Brink: "Der Glaube ist etwas persönliches"

Johannes Brink (18) ist für die Grüne Jugend in die Bundesarbeitsgemeinschaft Christinnen und Christen von Bündnis90/Die Grünen delegiert, seit Herbst 2010 bei der Grünen Jugend. Er besucht das Gymnasium am Weißen Turm im thüringischen Pößneck. (Foto links: privat)

"Ich engagiere mich als junger Christ aus dem Grund, dass sich der Mensch politisch engagieren sollte. Denn das Einbringen der eigenen Meinung kann zu Veränderungen führen.

Für mich spielt das Christentum für die Motivation eine Rolle. Denn durch die Bibel werden Moralvorstellungen vermittelt, die heute kaum angezweifelt werden. Denn wem schadet schon Nächstenliebe, das Ablassen von Rache oder die Erhaltung der Erde?

Aufgrund dieser Aufgaben, die das Christentum seinen Gläubigen gibt, wird auch Kirche politisch. Wie politisch die Bibel ist, lässt sich allein anhand der Bergpredigt feststellen. Die Frage ist hierbei die Auslegung. Die Auslegung der Bibel kann dem politischem Handeln entgegenstehen. Ein Problem, das ich sehe, ist, dass Glaube und Kirche zu häufig gleichgesetzt werden. Denn das politische Handeln steht manchmal dem der Kirchen im Weg. Der Glaube ist etwas Persönliches. Es kann dazu kommen, dass das eigene politische Handeln und das Handeln der Kirche entgegen stehen.

Beim Verhalten in der Politik muss ich sagen, dass ich innerhalb der Grünen Jugend und bei Bündnis90/Die Grünen kein unmenschliches Verhalten wahrgenommen habe. Es gibt zwar manchmal Streit, dies kommt allerdings auch in Kirche vor. Besonders wichtig ist mir, dass keine Politik mit Religion gemacht wird. Mit den Wert- und Moralvorstellungen des Christentums und anderer Religionen lässt sich jedoch auch Politik machen."